Entlang von Straßen und Autobahnen, aber auch bei sonstigen öffentlichen Bau- und Sanierungsarbeiten sind Archäologen, Baufirmen und Bauherren des Öfteren auf Konfrontationskurs.
Zum einen kosten Verzögerungen eine Menge Geld, zum anderen ist durch Gesetz Baustopp angesagt, wenn Archäologen ihre eigene Baustelle eröffnen. Einen Disput dieser Art gibt es seit erster Wochenhälfte in Temeswar, wo die Archäologen ihre Arbeiten vorbereiten, nachdem Arbeiter auf dem Domplatz einen Teil der alten Temeswarer Festungsmauer gefunden zu haben scheinen. Der Temeswarer Bürgermeister Nicolae Robu sagt, er schätze grundsätzlich die Arbeit der Archäologen, doch seiner Ansicht nach „übertreiben diese“. Robu wies darauf hin, dass die Gefahr besteht, dass bei Nichteinhaltung der Bautermine an Finanzierung eingebüßt werden könnte. Bei den derzeit laufenden Arbeiten zur Sanierung der Temeswarer Altstadt wurden bereits mehrere Funde von geschichtlichem Interesse gesichtet. So wurden Gehsteige aus dem 19. Jahrhundert entdeckt, dann Teile des Wassergrabens um die ehemalige türkische Festung aus dem 16. Jahrhundert, Gefäße aus Keramik, Werkzeug, Grabstätten und nicht zuletzt das Skelett eines Kamels.
Die Arbeiter stießen Anfang dieser Woche auf einen Teil der Festungsmauer, die auf das 16. Jahrhundert zurückgeht.
Mediafax berichtet, dass die Archäologen kommende Woche ihre Baustelle am Domplatz, dort wo die Mauer entdeckt wurde, eröffnen werden. Alexandru Szentmiklosi, Archäologe am Banater Museum aus Temeswar, der die archäologischen Arbeiten am Domplatz leiten wird, sagt, dass „die Sanierungsarbeiten am Domplatz, genau gegenüber der serbisch-orthodoxen Kirche, gestoppt wurden und in ungefähr einer Woche fangen wir an zu graben“. Seiner Erwartungen nach sollen hier auch Stücke des Wachturms der Burg gefunden werden. „Die Festung der Temeswarer Burg ist ein Erde-Damm, aufgebaut auf einer Struktur aus Sumpfeichenstämmen mit Pfählen, die diese stützten. Die Festung war in der Zeit aus Erde gebaut, denn Stein verwendete man damals als Baumaterial noch nicht. Es hat eine Höhe von etwa 12-15 Metern“, so Szentmiklosi.
Die Sanierungsarbeiten in der Altstadt werden von der Firma Romprest durchgeführt und sollen Juli 2015 beendet werden. Dem Plan nach werden zehn Straßen zu Fußgängerzonen und die Plätze „Sf. Gheorghe“, „Libert²]ii“ und „}arcului“ komplett umgestaltet. Der Domplatz wird frisch gepflastert, die unterirdischen Leitungen erneuert und neues Straßenmobiliar montiert. Die Anfertigungsdauer der Arbeiten ist 21 Monate und der Gesamtpreis liegt bei ungefähr 12.000.000 Euro (53.005.711,38 Lei) plus 3.000.000 Euro (12.582.466,32 Lei) MwSt. Davon ist der EU-Geldbeitrag ungefähr 9.500.000 Euro (42.013.145,55 Lei), also 80,35 Prozent der Gesamtsumme. Der Rumänische Staat hat einen Bei- trag von 2.000.000 Euro (9.228.774,35 Lei), das heißt 17.65 Prozent der Gesamtsumme und die Stadt trägt mit ungefähr 440.000 Euro (1.936.120,60 Lei) dazu bei. Um die EU-Gelder, die den größten Teil der Kosten ausmacht, zu bekommen, müssen die Sanierungsarbeiten unbedingt am festgesetzten Termin abgeschlossen werden. Deshalb eben der Disput zwischen Archäologen und Stadtverwaltung.
Marion Kräutner
und Siegfried Thiel