Hermannstadt – Horațiu Mălăele weiß aus Erfahrung, was ein Kulturprodukt abrunden und ihm den letzten Schliff geben kann. Am 31. Juli 2022 steht sein 70. Geburtstag an. Dass Hermannstadt ihn eine Woche vor dem Weihnachtsfeiertag 2021 erstmals auch als bildenden Künstler erlebt hat, mag Laien als Debüt vorgekommen sein, ist aber keines. Schon von klein auf hat Horațiu Mălăele gezeichnet. Das Schulsystem Rumäniens hingegen hatte für ihn wegen seiner angeboren starken Neigung zum Schielen und hohen Schwierigkeit beim Lesenlernen kaum mehr als das Etikett eines Spätzünders übrig, der hemmungslos als ein „Klassentrottel“ gemobbt wurde. Die Kurzbiografie von Horațiu Mălăele auf der Online-Datenbasis Wikipedia in rumänischer Sprache erzählt aber auch von just dem Zeichenlehrer, der damals für einen traurig in der Ecke schmollenden Schüler unverhofftes Lob übrig hatte und ihm dringend nahelegte, nicht aufzugeben. Und Publikumsliebling Horațiu Mălăele macht bis heute weiter – nicht nur als Schauspieler und Regisseur, sondern auch mit gezielt karikierendem Stift in der Hand.
Es war ein gut gewählter Spielzug, die neue „Carabulea Gallery Transylvania“ im Erdgeschoss und den zwei untersten Etagen des Ramada-Hotels im Zentrum Hermannstadts mit Hora]iu Mălăele als Gast zu eröffnen. Dass der freischaffende Akteur aus Bukarest auf den intellektuellen Fluren der Hauptstadt Rumäniens seit vielen Jahren souverän ein- und ausgeht, steht auch sofort nach Betreten des Hotelfoyers fest: unbeirrbare Kapazitäten wie Eugčne Ionesco und Horia Roman-Patapievici sind hier auf den Einzelporträts von Horațiu Mălăele zu sehen. Einige Treppen weiter oben lugt Andrei Pleșu mit Fliege und in Hosenträgern wohlwollend von der Wand auf Hotelgäste und Besucher dieser kostenlosen Galerie. Hotelchef Oprea Carabulea, selbst Kunstsammler und mit Alexandru Chituță vom Brukenthalmuseum befreundet, gibt zu Protokoll, dass „wir im Rahmen des Möglichen versuchen, rings um uns etwas Aufwind hereinzubekommen.“
Den überwiegenden Schwerpunkt der Ausstellung von Karikaturist Horațiu Mălăele bilden Nacktbilder der Überschriften „Propuneri“ (Angebote), „Fată cu trandafiri“ (Mädchen mit Rosen) „Maternă“ (Schwangere) und „Ispita“ (Versuchung) bis hin zu dem Titel „Eva dormind“ (Eva schlafend). Es kann einiges an Nachsicht erfordern, dass hier eine geballte Ladung am Frauenakten aushängt und man auf der Suche nach dem nicht weniger sündigen Adam nur eine Etage weiter oben fündig wird, wo Lithografien und Schnitte aus der Hand von rumänischen Kapazitäten wie Nicolae Săftoiu, Dan Erceanu, Florin Mitroi und Mircia Dumitrescu auf Besucheraugen warten.
„Hier geht es nicht nur ums Gewinnen oder Verlieren, sondern um das Präsentieren der Schönheit“, wandte der Bukarester George [erban sich an Hoteldirektor Oprea Carabulea. Der kunstsinnige Jurist und ebenfalls enge Freund von Alexandru Chituță schloss das Quartett der Moderatoren des Abends auf der linken Seite ab. Der Referent des Brukenthalmuseums für Öffentlichkeitsarbeit unterstrich, „eine private Galerie nach aktuellen statt pandemischen Regeln eröffnet“ zu haben, und erging sich Augenblicke später vor versammeltem Publikum gemeinsam mit seinen drei Mitrednern freiwillig und ohne Rückhalt in etlichen süffisanten Wortspielen. Er hatte beide Hände voll damit zu tun, sich die Tränen aus den Augen zu wischen.
Zeitgleich fiel auf, dass mehr als die Hälfte sämtlicher Gäste der Ausstellung auf das Tragen von Maske verzichtete. Eine alles andere als verantwortliche Etikette, wenn man bedenkt, dass die kulturelle und wirtschaftliche Elite der Stadt das Publikum stellte. Unter solchen Bedingungen dürften es die zwei neuen Skulpturen „Muza“ (Die Muse) und „Incinta“ (Der Innenraum) von Bildhauer Maxim Dumitraș aus Sângeorz-Băi draußen vor dem Hotel an der Ecke zur Emil-Cioran-Straße nicht leicht haben, sich dem Blick der Allgemeinheit einzuprägen. Die Elite sollte aufpassen, mit gutem Beispiel voranzugehen.