Hermannstadt - Es geht auch anders. Das will Răzvan C. Pop beweisen. Im Januar wurde er zunächst zum interimistischen Direktor des Kulturamtes im Kreis Hermannstadt/Sibiu (Direcţia judeţeană pentru Cultură) ernannt und ist, auf Grund des bestandenen Wettbewerbs, seit Mai dessen geschäftsführender Leiter.
Nach seiner Ernennung ins Amt führte er Gespräche mit Bürgermeistern, Leitern von Institutionen, Pfarrern usw. und stellte zwei Dinge fest: Es herrscht der Eindruck, dass das Kulturamt nichts tut bzw. sehr langsam reagiert, und dass sein Aufgabenbereich – auch angesichts der Gesetzeslage – das Ausstellen von Genehmigungen darstellt. Mit dieser Situation ist der um Hermannstadts Geschichte sehr bemühte Historiker nicht einverstanden und will zeigen, dass das Amt sich in den Denkmalschutz und das Bewahren des Kulturerbes einbringen kann und auch ohne hierfür vorgesehenes Budget etwas tut.
Ein halbes Jahr nach Amtsantritt hielt Pop am Donnerstag eine Pressekonferenz, auf der er einen Überblick über die bisherige Tätigkeit bot und Vorhaben präsentierte, von denen vermutlich einige erst seinem Nachfolger gelingen werden, meinte er realistisch. Drastisch reduziert wurde die Bearbeitungsdauer jedwelcher Anträge, die Bauherren auch vom Kulturamt für die geringste Baumaßnahme an Gebäuden benötigen. Streng geachtet wird darauf, dass von Bürgern oder NGOs gemeldete „Modernisierungsmaßnahmen“ an Bauten, die unter Denkmalschutz oder in der Schutzzone stehen, nicht zu Ende geführt werden.
Er und seine Mitarbeiter haben in den letzten sechs Monaten 44 Ortschaften besucht, mit Vertretern der Lokalverwaltung gesprochen und auf das Bewahren des Kulturgutes aufmerksam gemacht. Eingerichtet wurden auf Kreisgebiet neun Arbeitspunkte – in Mediasch, Agnetheln/Agnita, Freck/Avrig, Heltau/Cisnădie, Elisabethstadt/Dumbrăveni, Sălişte, Großpold/Apoldu de Sus und Poiana Sibiului – wo Beratung erteilt wird, wenn jemand Baumaßnahmen durchführen möchte.
Erfolgt ist die Bestandsaufnahme der Lage in Birthälm/Biertan und Wurmloch/Valea Viilor, den beiden Ortschaften, in denen es unter UNESCO-Schutz stehende Kirchenburgen gibt und das gesamte Dorf Schutzzone ist. Vorbereitet wird der Bericht, der an die UNESCO-Kommission gesandt werden muss. Problematisch ist die Lage in Wurmloch, wo die Bevölkerung einerseits aus finanziellen Gründen unerlaubte bauliche Veränderungen an den Häusern durchführen (z.B. die Dachziegeln mit Wellblech ersetzen), andererseits die Kirchenburg nicht als touristisches Objekt betrachten, das ihrer Gemeinde von Nutzen sein kann, wie das in Birthälm der Fall ist. Der Bericht zu Wurmloch wird nicht positiv sein, was ein Monitoring als Folge haben könnte. Das wiederum könnte sich jedoch positiv auswirken: Dann sind die Kreisbehörden verpflichtet, der lokalen Verwaltung auf die Finger zu gucken, um die Bevölkerung davon abzuhalten, unsachgemäße bauliche Veränderungen durchzuführen.
Mittel und engagierte Leute sucht der Direktor des Kreiskulturamtes nun für einen Faltbogen, in dem herkömmliche Baumaterialien bzw. ihre Hersteller und Lagerorte aufgelistet sind, zweitens möchte er in möglichst vielen Ortschaften Schaustafeln aufstellen lassen mit positiven und negativen Beispielen, wie Renovierungen an Häusern durchzuführen sind. Drittens sucht er ein Depot sowie einen Transporter, um Materialien aus eingerumpelten oder abgetragenen alten Bauten zu sammeln, die bei Renovierung anderer zur Verfügung gestellt werden können. Und weil ihm Hermannstadt besonders am Herzen liegt, sucht er nach einer Strategie, Denkmäler zu schützen, die nicht als solche eingestuft sind, wie zum Beispiel die Nepomuk-Statue und was von den Industrieanlagen übrig geblieben ist. „Sonst wird es eine Lücke von etwa hundert Jahren in der Geschichte geben“, sagte der Historiker betreffend die einstigen Industriebauten.