Das System der Berufsausbildung

Treffen im Temeswarer AMG-Haus

Temeswar - „Wirtschaft ist nicht alles, aber ohne Wirtschaft ist alles nichts“, die Worte des ehemaligen Bundesministers für Wirtschaft, Ludwig Erhard, standen im Raum, auch wenn die bayrische Landtagspräsidentin Barbara Stamm sie Stunden zuvor ausgesprochen hatte. Die Worte standen in dem Raum, in dem sich Wirtschaftsleute, Diplomaten und Politiker in einem hier internationalen Treffen zusammengefunden hatten. Dafür hatten sie das ohnehin „deutsche Haus“ in Temeswar auserkoren: Rumänen und Deutsche saßen an einem gemeinsamen Tisch. Die Wirtschaft war das Thema, im Detail ging es um berufliche Ausbildung. Auch wenn es  bis auf die höchste politische Ebene noch manche Hürde zu überwinden gibt, in Sachen Berufsausbildung hat das „deutsche Modell“ zumindest im Verwaltungskreis Temesch scheinbar einen politisch starken Partner im Boot.

In der Temescher Präfektur ist man sich bewusst, dass es in Sachen berufliche Ausbildung an vielem mangelt. Es fehlt an Ausbildern, an Ausstattungen, Curricula und am Marketing für die dualen Ausbildungswege, weiß  Präfekt Eugen Dogariu. „Ihr habt hier im Kreis Temesch einen Ansprechpartner“, lässt Dogariu wissen. Doch ob das reicht, wenn auf nationaler Ebene noch immer herzlich wenig in Sachen einheitlicher Gesetzgebung, Lehrbücher und Curricula für Berufsschulen geschehen ist? Der Weg zu einem einheitlichen System scheint jedoch lang. Christian von Albrichsfeld, Leiter der Forschung und Entwicklung bei Continental Automotive Rumänien, findet, dass es an einer „strukturellen Organisierung“ mangelt und im Endeffekt „ein Diplom auch den Wert eines Diploms haben muss“. Barbara Stamm spricht aus Erfahrung, wenn sie darauf hinweist, dass allzu bei in zentralen Behörden in Bukarest kein Ansprechpartner da ist. Die Hanns Seidel- Stiftung zeigte sich interessiert, ihr Wissen einzubringen, in Bayern gibt es in Uwe Fabritius einen Ansprechpartner auf deutscher Seite. „An uns soll es nicht liegen“, sagte die Landtagspräsidentin Stamm entgegenkommend. Trotz schlechten Ist-Zustandes glaubt der Temescher Vizepräfekt Zoltan Marossy, dass im Kreis Temesch ein gutes Bildungsbeispiel erarbeiten könne, aber er weiß auch: In den letzten zwei Jahrzehnten wurde in Sachen berufliche Ausbildung „alles zerstört“.

Viele landesweit festgelegte Fachausbildungen gibt es im Kreis Temesch gar nicht mehr. Der DFDR-Abgeordnete Ovidiu Ganţ zeigt auf, dass „parteiübergreifende Machenschaften um private Hochschulen auch im letzten Loch des Landes zu gründen“, mit dazu beigetragen haben, dass die Fachschulen aufs Abstellgleis kamen. Berufsschulen seien im Grunde eine Alternative für die, die keine Hochschule machen. Man brauche dazu sowohl die gesellschaftliche Akzeptanz, aber auch das Verständnis dafür, dass nicht jeder für jeden Beruf geeignet ist, sagte seinerseits Werner Hans Lauk, Deutschlands Botschafter in Bukarest. Notgedrungen haben Firmen wie Netex Consulting in Eigenregie Fachkräfte für Call Center ausgebildet, die Deutsch-Rumänische Stiftung für Fortbildung im Bauwesen zieht auch über diesen Wirtschaftszweig hinaus Ausbildungsprojekte an Land und die Tourismuskauffrau Ramona Lambing glaubt, auch Seminare und Trainings wären in manchen Branchen und Berufen bereits eine Hilfe.