„Der Schrei nach Freiheit“

Ausstellung über den 17. Juni 1953 eröffnet

Bei der Vernissage der Ausstellung „Der Schrei nach Freiheit“ in der Gedenkstätte der Revolution war, neben Museumsdirektor Gino Rado (l.) und der deutschen Konsulin Regina Lochner (r.), auch eine Delegation der „Deutschen Welle“ unter der Leitung von Peter Limbourg (mittig) präsent. Foto: Raluca Nelepcu

Temeswar - Es war am 17. Juni 1953, als sich rund eine Million Menschen, vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter, zu einer Protestaktion gegen die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse in der DDR versammelten. Doch es war nicht das Ende der SED-Diktatur, denn mit Hilfe des sowjetischen Militärs und der DDR-Polizisten konnte der Aufstand niedergeschlagen werden. Der Volksaufstand in Thüringen, der zu den großen Massenprotesten gegen das kommunistische Regime in Mittel- und Osteuropa zählt, steht nun im Mittelpunkt einer Ausstellung, die derzeit in der Gedenkstätte der Revolution in Temeswar/Timi{oara besichtigt werden kann. Die Ausstellung der Stiftung Ettersberg in Zusammenarbeit mit der Geschichtswerkstatt Jena wurde mittels einer Finanzierung im Rahmen des Europäischen Kulturhauptstadtprogramms als Wanderausstellung nach Temeswar gebracht.

Eröffnet wurde die Ausstellung am Dienstagmorgen im Beisein von Museumsleiter Gino Rado, der deutschen Konsulin in Temeswar, Regina Lochner, und einer Delegation von der „Deutschen Welle“ unter der Leitung von Generaldirektor Peter Limbourg. „In der DDR war die wirtschaftliche Situation in jenem Sommer 1953 ganz außerordentlich angespannt. Die Führung beabsichtigte unter anderem, zur Steigerung der Produktion, die Arbeitsnorm um zehn Prozent zu erhöhen – das wird auf den Plakaten sehr gut thematisiert. Diese Entscheidung führte zunächst zu Betriebsversammlungen, wenig später zu Streiks. Da folgten Protestzüge, und zwar fast in der gesamten DDR. Spätestens an diesem Punkt fürchtete die Führung der DDR, der Sache bald nicht mehr Herr zu sein. Sowjettruppen waren im gesamten Land stationiert, sie wurden von der Führung der DDR zur Hilfe gerufen und sie ließen ihre Panzer schnell durch Ost-Berlin und andere ostdeutsche Städte rollen. Vereinzelt gab es Widerstand, doch der war nicht organisiert und brach schnell zusammen“, sagte die deutsche Konsulin in Temeswar, Regina Lochner. Es war dies das dritte Ereignis, das die Gedenkstätte der Revolution in Zusammenarbeit mit dem Temeswarer Deutschen Konsulat auf die Beine stellte.

Insgesamt 20 Plakate umfasst die Ausstellung in der Revolutionsgedenkstätte, sie hängen an den Wänden in zwei Räumen im ersten Stock der Einrichtung. Die ersten Plakate bieten einen Einblick in die Ereignisse in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR, die zum Volksaufstand vom 17. Juni 1953 geführt haben. Sehr ausführlich werden dann die Ereignisse in Thüringen beschrieben, wobei die letzten Plakate u. a. die Reaktionen der SED auf den Aufstand darstellen, aber auch die Bedeutung des 17. Juni 1953 in der Nachkriegszeit in den Mittelpunkt rücken lassen. 35 Tote und Hunderte von Verletzten hatte der Aufstand gefordert – viele der Protestteilnehmer wurden lange Jahre ins Gefängnis gesteckt. Die Plakate sind auf Deutsch und mit einer Rumänisch-Übersetzung versehen.
Zu den ersten, die sich die Ausstellung ansahen, zählte auch eine fünfte Klasse des deutschen Nikolaus-Lenau-Lyzeums. „Wir freuen uns, wenn die junge Generation unsere Einrichtung besucht. In diesem Jahr zählen wir bereits etwa 10.000 Schülerinnen und Schüler zu unseren Besuchern“, sagte der Leiter der Revolutionsgedenkstätte, Gino Rado. Auch Peter Limbourg von der „Deutschen Welle“ richtete sich in seiner Ansprache an die Kinder. „Wir wollen uns ein Bild von der Kulturhauptstadt Europas machen und haben Interesse, zu erfahren, was die Nutzer unserer sozialen Medien und Seiten von uns haben möchten. Wir sind hier, um zu lernen und Erfahrungen auszutauschen. Ich glaube, diese Ausstellung ist sehr wichtig, weil sie einfach zeigt, dass der Wunsch nach Freiheit auch in den Jahren vor der friedlichen Revolution in Deutschland immer da gewesen ist in der DDR und sukzessive dieser Wunsch immer stärker geworden ist, was eben 1989 zum Fall der Berliner Mauer führte. Ich finde, dass das ein tolles Museum ist, das den Gedanken der Freiheit aufrechterhält. Die Revolutionen waren nicht immer friedlich, aber sie haben immer die Freiheit im Vordergrund gehabt“, sagte der deutsche Journalist.

Die deutsche Konsulin Regina Lochner empfahl allen einen Besuch der Ausstellung „Der Schrei nach Freiheit in Thüringen“ und der Revolutionsgedenkstätte überhaupt. „Dieses Museum ist sowieso einen Besuch wert, weil es verschiedene Fragestellungen abdeckt. Es gibt Menschen, die einige der Ereignisse miterlebt haben – sie werden sich daran erinnern und ihren Enkelkindern darüber erzählen. Wenn das dann dazu führt, dass sich daraufhin einige mit einem Geschichtsbuch beschäftigen, dann haben wir schon viel erreicht“, sagte sie.

Die Ausstellung kann bis zum 3. November besichtigt werden. Die Gedenkstätte der Revolution in der Oituz-Straße 2B ist von Montag bis Freitag zwischen 8 und 18 Uhr sowie am Wochenende zwischen 10 Uhr und 18 Uhr geöffnet. Ein Museumsbesuch kostet 20 Lei für Erwachsene.