Hermannstadt - „Wie die Schlangen in einem Graben haben wir dort gelebt“, so beschrieb Victor Căldărar die Zeit der Roma-Deportation nach Transnistrien während des Zweiten Weltkriegs. Seine und einige andere Geschichten konnte man bei der Vorstellung der Broschüre „Roma erzählen“ (Rromii povestesc) am Mittwoch im Schatzkästlein hören.
Zusammengetragen wurden die Erzählungen in der Zeitspanne 2009 – 2013 von der Museologin Oana Burcea. „Es ist für alle wichtig zu hören, was Roma über sich selbst sagen, und nicht, was die Außenstehenden über sie meinen“, sagte der Leiter des Astra-Museums Ion Olaru zu Beginn der Veranstaltung. Die in der Publikation veröffentlichten Ausschnitte aus den zahlreichen Interviews berichten über den Lebensstil der Wanderzigeuner, verschiedene Bräuche oder ganz persönliche Geschichten, wie die Leidenschaft für das Lesen von Veta Clopotar oder jene über die Geburt von Nina, die das Licht der Welt in einem Bus auf dem Weg ins Hermannstädter Krankenhaus erblickt hat.
Wie bei einem Lagerfeuer saßen die Gäste der Vorstellung im Kreis um einen Adventskranz und lauschten den Erzählungen und Weihnachtsliedern auf Romanes. „Ich las alles, was mir in die Hände kam. Ich las in der Nacht beim Licht einer Gaslampe und sehr schnell, weil ich Angst hatte, dass mein Mann das Buch verbrennt, wenn er es findet. Etwa im Jahre 1981 habe ich alle Bücher aus dem Dorfladen gekauft“, erzählte Veta Clopotar. „Als wäre ich imstande ein Buch aufzuessen, aber ich las es lieber“, lächelte sie.
Seit rund 20 Jahren führt das Astra-Museum ein großangelegtes Forschungsprogramm zur Bewahrung der Romakultur durch. „Trotz aller Schwierigkeiten, mit denen Roma im Laufe der Geschichte konfrontiert wurden, schafften sie ihre eigene Kultur, die für alle anderen Kulturgruppen des Landes interessant sein dürfte“, meint Museumsleiter Olaru im Vorwort zur Broschüre. Die spannenden Interviews werden von stimmungsvollen Bildern des italienischen Fotografen Maurizio Merchesini unterstrichen.