Temeswar (ADZ) – Einen Tag zuvor hatte er sich bei der Verleihung des Ehrendoktortitels durch die Technische Universität noch als treuer Sohn der Stadt Temeswar präsentiert, der stets von Heimweh geplagt worden sei, am Freitag zeigte sich dann der ehemalige Direktor der Wiener Staatsoper, Ioan Holender, von einer anderen Seite. Bei der in der Rumänischen Nationaloper stattfindenden Eröffnungsfeier des Kulturhauptstadt-Jahres soll Holender während der Darbietung des international anerkannten niederländischen Pianisten Joep Beving genervt den Saal verlassen und dabei „Ajunge!“ („Es reicht!“) geschrien haben. Anwesenden zufolge soll er zunächst dasselbe auf Englisch gesagt haben („Enough!“) und beim Weggehen auch noch das rumänische „Gata!“ („Fertig!“) gebrüllt haben.
Im Nachhinein rechtfertigte sich der 87-jährige Holender bei einem Teil der Presse für seine Geste, ihn habe die Musik Bevings enttäuscht und geärgert. Den Pianisten habe er nicht gekannt, aber dessen Musik erinnerte ihn an ein Begräbnis. Es habe sich um Kunst von ganz niedriger Qualität gehandelt. Die Galle sei ihm hochgekommen, als sich der Pianist bei Frau und Tochter bedankt habe, dann habe er „Ajunge!“ geschrien und den Saal verlassen. Man lebe ja in einer freien Welt, in der man seine Meinung kundtun könne. In Wien würde das Opernpublikum seine Unzufriedenheit mit Buhrufen äußern. Die Vorstellung in der Temeswarer Oper sei unglaublich langweilig gewesen, er sei ja nicht der Einzige, der den Saal verlassen habe, sagte Holender. Die Unzufriedenen konnte nicht einmal das reichhaltige Buffet im Foyer aufhalten, dermaßen habe sie der langweilige Pianist genervt. Übrigens sei er der Ansicht, dass man auch einen rumänischen Pianisten hätte finden können, fügte Holender hinzu.
Was das Eröffnungsprogramm angehe, so sei der Ex-Direktor der Wiener Staatsoper vor allem von der Brauner-Ausstellung im Kunstmuseum angetan, aber man müsse auch Ausstellungen Temeswarer Künstler organisieren, verteilte Holender einen wohl ungebetenen Ratschlag an die Kulturhauptstadt-Verantwortlichen. Den Sinn des vor der Oper aufgezogenen Turms, der begrünt werden soll, könne er ebenfalls nicht begreifen, vor allem wenn man dafür Geld ausgegeben habe, das man bei der Sanierung der Gebäude in der Innenstadt hätte benutzen können. Am Domplatz hätte am Freitagabend furchtbarer Lärm geherrscht, die Musik sei grauenvoll gewesen. Das alles habe er dem Bürgermeister gesagt, doch dieser konnte ihm nicht erklären, wer überhaupt dieses furchtbare Programm zusammengestellt habe, auch wusste Dominic Fritz angeblich nicht, wer den katastrophalen Pianisten angestellt habe, und soll bloß auf die Kuratoren im Temeswarer Projekte-Zentrum hingewiesen haben, so Holender.
Der 1976 geborene niederländische Pianist und Komponist Beving, der bei der Universal Music Group (Klassiklabel Deutsche Grammophon) unter Vertrag steht, beschreibt seinen Stil als „einfache Musik für komplexe Emotionen“. Seine Werke werden überwiegend als melancholische Klanggebilde der Neoklassik beschrieben, er trat bei Festivals in mehreren europäischen Ländern auf und veröffentlichte vier Alben. Am 12. April tritt er in der Elbphilharmonie in Hamburg bereits zum dritten Mal auf.