Neugierde des breiten Publikums um noch ein paar Stufen weiter erhöht

Anstehen vor einer siebenbürgischen Filiale der Nationalbibliothek

Karlsburg – Transsylvanien und somit auch der Alba Carolina brachten die Eisheiligen statt eines gefürchteten Kälte-Einbruchs die für Mitte Mai bestmögliche Frühsommer-Witterung. Die laue Außentemperatur und der trotz kurzzeitig grauen Wolken nicht vom Himmel herabfallende Regen hätten den vielen Hunderten Menschen in der Warteschlange vor dem Batthyaneum während der Langen Nacht der Museen Mitte Mai, nicht vorteilhafter zupass kommen können. Mehr als 1200 Personen verfolgen bereits regelmäßig den im November 2019 gegründeten Facebook-Account der berühmten Nationalbibliotheks-Filiale von Karlsburg/Alba Iulia, und beinahe genauso viele Erwachsene und Kinder versuchten bis spätabends vor dem Tag der Heiligen Sophie ihr Glück, in das Batthyaneum einzutreten. Weil es als historische Bibliothek mit nicht geringen Büchern und Inventar-Gegenständen haushalten muss, die als Staatsschatz gelten (rumänisch: ´tezaur´), erhalten üblicherweise zu seinen Regalen nur Forschende Zugang, die ihr wissenschaftliches Interesse schriftlich fundiert nachweisen können.

Anders dagegen eröffnete sich der Publikumsbetrieb zur Langen Nacht der Museen in der Karlsburg, obschon die Objekte, die das Batthyaneum seinen kontrolliert herein strömenden Gästen zeigte, noch immer nicht zum Anfassen bestimmt waren. Bei historischen Drucksachen wie etwa dem 1798 veröffentlichten Handbuch „Initia astronomica speculae Batthyanianae Albensis in Transilvania“ von Antonius Mártonfi, einem „Presbyter secularis“ und „Philosophiae doctor“, war das Schutzglas der Vitrinen aber auch gerechtfertigt. Im ersten von drei Räumen des Bibliotheksmuseums, wo ein Ölbild von Bischof und Stifter Ignác Batthyány hängt, blieben die Augen großer und kleiner Besucher an den Globen, Sextanten, Teleskopen und astronomischen Geräten hängen, die der römisch-katholische Förderer der Wissenschaften im Großfürstentum Siebenbürgen für sein 1796 gegründetes Observatorium angekauft hatte. Am Porträt von Graf Károly Gusztáv Majláth schließlich, Bischof von 1897 bis 1936, führt auch kein Weg vorbei. Zählten die Schreibmaschine der Marke Continental Serie 340 und das hölzerne Karteischränkchen, auf dem sie nunmehr geräuschlos ruht, am Ende gar zu der Büro-Ausstattung, mit der die Finger des hohen Herrn an der weißen Wand darüber täglich in Kontakt gerieten? Auf jeden Fall ist das römisch-katholische Gymnasium in der Friedensgasse/Str. Păcii nebenan nach ihm benannt.

Nicht zu vergessen die katholisch inspirierten Gemälde auf Holz oder Leinen aus vor- und nachreformatorischen Jahrhunderten, in den Schaukästen von Heiligenfiguren, elfenbeinernen Kruzifixen, goldenen Abend-mahlskelchen, Kerzenhaltern und beispielhaft restaurierten Paramenten mit Stickereien in Gold ergänzt. Auch wenn die Viertelstunde, die das Batthyaneum jedem einzelnen seiner Besucher an diesem Abend einräumte, nur knapp bemessen sein konnte, warfen das Haus und sein Team geschickt einen Köder aus, der die Neugierde des breiten Publikums um noch ein paar Stufen weiter erhöhte.

Bibliotheksdirektor Cristian Mladin hatte das mit elf Schülerinnen, Schülern und einer Lehrerin vom Königin-Maria-Kunstgymnasium Karlsburg besetzte Ensemble „Harmony of Sounds“ zu einem Auftritt unter freiem Himmel eingeladen. Fünf peppige Hits, darunter „Amazing Grace“ und „Pilgrim“ auf vier Flöten, einer Klarinette, drei Geigen, einem Cello, Schlagzeug und digitalem Klavier halfen den Kulturfreaks in der Schlange für die Dauer einer halben Stunde kurzweilig durch die Wartezeit. Bis zur nächsten Chance, die berühmteste Bibliothek der Alba Carolina von innen um einige spannende Schritte näher kennenzulernen, rät Cristian Mladin zum lohnenden Dranbleiben auf ihren Facebook- und Instagram-Accounts.