Offene Einrichtung für Minder- und Mehrheit

Bukarester Schiller-Haus feiert 55 Jahre seines Bestehens

Schiller-Haus-Leiterin Mariana Duliu eröffnete die Jubiläumsfeier; durch das Programm führte Oswald Geyer

Beliebt wie eh und je: Die Karpatenshow unter

Leitung von Hans Groza

Bukarest - Am Abend der Jubiläumsfeier lag das ehrwürdige Gebäude des Schiller-Hauses in der hauptstädtischen Batiştei-Straße 15 recht verlassen da: Die Feier des 55-jährigen Bestehens stieg nämlich nicht beim alteingesessenen Sitz der Bukarester Kulturstätte der deutschen Minderheit, sondern in unmittelbarer Nähe, im weit geräumigeren Dalles-Saal. Dafür konnte dann auch gebührend gefeiert werden, mit stimmungsvollem Programm, zahlreichen geladenen Gästen und, nicht zuletzt, inmitten eines dankbaren Publikums.

Knapp zwei Monate nahmen Planung und Umsetzung des Jubiläumsevents in Anspruch, erläuterte Schiller-Haus-Leiterin Mariana Duliu der ADZ am späten Freitagnachmittag, dabei die letzten Vorbereitungen vor dem Eintreffen der rund 200 geladenen Gäste streng beobachtend. Die Organisatoren – neben dem Schiller-Haus auch das Demokratische Forum der Deutschen in Bukarest und das Departement für interethnische Beziehungen der rumänischen Regierung – hatten diesmal auf ein mannigfaltiges Programm mit zahlreichen Rednern, rückblickenden und kulturellen Momenten sowie Musik- und Tanzeinlagen gesetzt.

Ihren ausdrücklichen Dank sprach Mariana Duliu zunächst dem Bukarester Publikum selbst sowie allen früheren und aktuellen Mitarbeitern des Schiller-Hauses aus. Ohne die Treue ersterer und die Hingabe letzterer hätte die Kulturstätte weder überleben noch zu dem werden können, was sie nach wie vor ist. Dank gebühre sodann den Forums-Partnern, der Deutschen Botschaft und dem Bukarester Goethe-Institut für ihre konstante Unterstützung und Kooperation. Der Kulturreferent der Deutschen Botschaft, Josef Karl, verwies in seiner Rede auf eine Gemeinsamkeit zwischen der Kulturstätte und ihrem Namensgeber: Beide hätten bis zur Revolution ein schweres Leben gehabt und danach bessere Zeiten erlebt. Die Parallele sei zum Glück nicht auch hinsichtlich der Langlebigkeit zu ziehen, so Karl, der das Schiller-Haus als eine „für Minder- und Mehrheit offene Einrichtung“ würdigte. Worte der Wertschätzung für die 55-jährige Tätigkeit der Institution im Dienste der deutschen Sprache und Kultur fanden des Weiteren Klaus Fabritius, Vorsitzender des Demokratischen Forums der Deutschen im Altreich, Christiane Cosmatu, Unterstaatssekretärin im Departement für interethnische Beziehungen der rumänischen Regierung, Emanuel Papagheorghiu, Leiter des Ressorts für Kultur, Bildung und Tourismus des Bukarester Rathauses, Carmen Colceriu, stellvertretende Leiterin des hauptstädtischen Goethe-Kollegs und Cătălin Nedin seitens des Goethe-Instituts Bukarest. 

Der Schriftsteller und ADZ-Redakteur Hans Liebhardt erinnerte an die Entstehungsgeschichte des am 1. Juni 1957 eröffneten Schiller-Hauses und warf zudem die relevante Frage nach der Identität der deutschen Minderheit in Bukarest auf, der auch die Journalistin und Schriftstellerin Christel Ungar-Ţopescu nachging: „Haben die Bukarester Deutschen eigentlich ein eigenes Lied?“, fragte die Chefredakteurin der deutschen Sendung des öffentlichen Fernsehens ins Publikum. Nachdenklich-betretene Stille. Tatsächlich – ein „Siebenbürgen-Lied“ oder „Banaterland“ haben die in Bukarest lebenden Deutschen nicht aufzuweisen. Doch konnte Hans Liebhardt immerhin ein tröstliches Fazit ziehen: „Wir haben zwar keine Kirchenburgen und Trachtenröcke, dafür aber Institutionen“, so der Journalist unter Verweis auf die in Bukarest bestehenden Medien- und Kultureinrichtungen der deutschen Minderheit.

Kurze Lesungen bestritten anlässlich des 55-jährigen Jubiläums des Schiller-Hauses Christel Ungar und der deutsche Schriftsteller Rolf Stolz, Initiator der Zeitschrift „Rhein“, deren vierte Ausgabe der deutschen Literatur in Rumänien gewidmet ist. Für Stimmung sorgten die Tanz- und Musikeinlagen der Gruppe „Edelweiß“ aus Piatra Neamţ sowie des Duos Zwei aus Bacău; durch das Programm des Abends führte der Schauspieler Oswald Geyer.

Nun, da die Jubiläumsfeier vorbei ist, hat das Schiller-Haus wieder seinen Alltagstrott aufgenommen. Die bestens besuchten Sprachkurse ermöglichen der Institution längst die Selbstfinanzierung, sagt Leiterin Mariana Duliu stolz. Etliche Ausstellungen, sodann die gemeinsam mit dem Bukarester Forum organisierten traditionellen Veranstaltungen, der hauseigene Touristikclub und die Kinder- und Jugendbibliothek sollen der Einrichtung auch im 56. Lebensjahr steigende Besucherzahlen bescheren. Auf die Jugend will Duliu künftig besonders setzen. Zu ihren Plänen gehören derzeit die Neugründung des Clubs der Deutsch sprechenden Jugend und, womöglich, auch die Herausgabe einer Zeitschrift. Die Zukunft des Schiller-Hauses zeichnet sich folglich, zumindest plangemäß, vielversprechend ab.