Ort für Totenmessen eines Ursulinen-Klosters bis 1948

Das Sibiu Contemporary Art Festival lockt auch unterirdisch

Keine Angst vor Dunkelheit oder Raum-Enge: in der Krypta von Hermannstadts Ursulinen-Kirche kann man sich weder bedrängt fühlen noch verlaufen. Foto: Klaus Philippi

Hermannstadt – Warum „Katakomben“ und nicht „Krypta“? Am frühen Donnerstagnachmittag, dem 19. September, hatte Dr. Dana Roxana Hrib im Untergeschoss der Ursulinen-Kirche noch vor dem Fragen danach eine Antwort auf die Begriffswahl parat: anders als in frühchristlicher Zeit vor dem Edikt Konstan-tins des Großen, als man unter „Katakomben“ jene versteckten Korridore verstand, worin Gläubige Schutz vor ihrer Verfolgung durch die Häscher der römischen Staatsgewalt suchten, gelte dasselbe Wort heute als inhaltlich sehr weit gefasst. Wobei die seit Frühjahr 2013 stellvertretende Direktorin des Brukenthalmuseums das Sprechen über die „Krypta“ unter dem Schiff und Altarraum der Ursulinen-Kirche nicht mied. Das für die Besichtigung werbende Banner des Sibiu Contemporary Art Festivals (SCAF) jedenfalls nimmt es mit dem Terminus nicht kleinlichst genau. Dafür aber überzeugen die Führungen in den langgestreckten und baulich sehr soliden Kellern der griechisch-katholischen Kultstätte Hermannstadts mit größter Sauberkeit und angemessener Beleuchtung eines Raums, der zum letzten Mal während des Zweiten Weltkriegs allgemein zugänglich gewesen war. Als Schutzbunker vor Luftangriffen gebraucht wurde ab 1942 übrigens auch der Keller des Brukenthalmuseums selbst, so Dr. Dana Roxana Hrib in der Krypta der Ursulinen-Kirche. Nicht zu vergessen die Krypta der römisch-katholischen Stadtpfarrkirche am Kleinen Ring/Piața Mică, worin 2018 die Buchhandlung „Habitus“ ihren Betrieb einstellen musste, und die Franziskanerkirche, unter der sich laut der stellvertretenden Brukenthalmuseums-Direktorin angeblich auch eine Krypta befände. Die Schließung des Ursulinen-Klosters erfolgte 1948.

Trotzdem thronen beide großen Kerzenhalter blank gewienert auf dem steinernen Krypta-Altartisch, als ob Ordensfrauen eben noch gestern eine Totenmesse für unterirdisch bestattete Geistliche und Konvent-Schwestern abgehalten hätten oder just im nächstbesten Augenblick durch die Türe eintreten könnten, die durch Gebäude-internen Treppenaufgang und Tunnel direkt mit dem Altarraum der Ursulinen-Kirche verbunden ist. Zutritt in die gleiche Krypta übrigens verschafft eine metallene Kellertüre im Klostergebäude nebenan, die früher prahlerisch von halbwüchsigen Schülern des Pädagogischen Gymnasiums durchschritten worden sein soll, wie Dr. Dana Roxana Hrib als Gästeführerin nachwirkend zu berichten weiß. Über Straßenschächte ist die Krypta so gut durchlüftet, dass man innen auch den Verkehrslärm von draußen wahrnimmt. Und ein Gefühl von Enge beschleicht einen dort überhaupt nicht, im Gegenteil. Die geführten Besuche der Katakomben und der Krypta der Ursulinen-Kirche für jeweils maximal zehn Personen um 12, 15 sowie 17 Uhr können noch bis Ende des SCAF am Sonntag, dem 6. Oktober, am besten gleich an der Kasse im Klostergebäude gebucht werden. Der Eintrittskarten-Preis von 25 Lei ist kein wenig zu hoch angesetzt.