Rathaus als Nebenkläger

Nach sechsjährigen Strafuntersuchungen soll der Herkulesbad-Prozess ins Rollen kommen

Die Piața Hercules, von den Treppen der römisch-katholischen Kirche aus gesehen | Foto: Werner Kremm

Herkulesbad – 35 Personen sind in diesem Prozess als Angeklagte vor Gericht zitiert worden. Der Prozess vor dem Obersten Gerichts- und Kassationshof hat im Mai begonnen. Dessen vorbereitende staatsanwaltliche Untersuchungen haben sechs Jahre gedauert. An der Spitze der Angeklagtenschar und Hauptangeklagter: Iosif Armaș, ein aus Mehadia stammender ehemaliger Türsteher des Hotels „Roman“ im Kurort Herkulesbad, der es bis zum Schwiegersohn des ehemaligen Leibarztes von Ceaușescu (und nachwendezeitlichen Gesundheitsminister unter Ion Iliescu, Iulian Mincu – derselbe, der zur Ceaușescu-Zeit die „Regeln zur rationellen Ernährung der Bevölkerung“ aufgestellt hatte) gebracht hat.

Armaș hat seine Herkulesbad-Drehs hauptsächlich aus der Position und mittels der Beziehungen gezimmert, die er sich als Abgeordneter der PSD zurechtgeschustert hatte. Man stelle sich vor: u. a. hat Armaș, damals PSD-Abgeordneter, ohne jede Ausschreibung, von der PSD-Regierung unter Adrian Năstase (2000-2004) durch den damaligen Tourismusminister Dan Matei Agathon den gesamten historischen Teil des Kurbads Herkulesbad „bekommen“.

Unter der „Regie“ von Iosif Armaș und mit aktivem Dazutun der anderen 34 Angeklagten sind in Herkulesbad rund 50 historische Immobilien „gekauft“ worden mit Geldern, die aus dem Verkauf von fünf Millionen Kilogramm Zucker aus der Staatsreserve erzielt wurden (Gesamtschaden für den Staat durch die illegalen Tätigkeiten: 120 Millionen Lei) – wobei dieser Zuckerberg nie bezahlt worden ist. Man versteht wohl: die rund 50 Immobilien sind zu ihrem Großteil auch rasch weiter zu Geld gemacht worden, meist weit unter Wert und Marktpreis, und so ist in Herkulesbad ein Besitzchaos geschaffen worden, das es praktisch nahezu unmöglich macht, die wertvollen Bauten des seit dreihundert Jahren bestehenden Kurorts, einst eine Perle der Habsburgermonarchie, zu retten.

Im Prozess, der sich wohl über mindestens so viele Jahre erstrecken wird wie die strafrechtlichen Untersuchungen, die dazu geführt haben, tritt nun auch die Stadt Herkulesbad als Nebenklägerin auf. Auf der jüngsten Tagung des Stadtrats wurde ein diesbezüglicher Beschluss gefasst: man möchte von den Beklagten 837.147 Lei nachgezahlt bekommen. Es handelt sich um Grundstücks- und Immobiliensteuern sowie städtische Gebühren, die die wechselnden Besitzer der Immobilien der Stadt schuldig geblieben sind, alle, die sich am Vermögen des ehemaligen staatlichen Kurbetriebs SC Hercules SA vergangen haben. Die Summe umfasst allein die Schulden aus den Jahren 2018-2022.

Im Anhang des Stadtratsbeschlusses werden die Immobilien aufgezählt, für welche die jeweiligen „Neubesitzer“ – egal wie sie das Besitzrecht erlangt haben – an die Stadt keine Steuern und Gebühren entrichtet haben. Darunter sind das Hotel Apollo, das Hebe-Thermalbad, der Pavillon 4 – das Krankenhaus der ehemaligen k.u.k.-Offiziere, das Neptun-Thermalbad (ehemals Kaiserbad, das ein Verein junger Architekten vor dem Verfall zu retten versucht – ADZ berichtete wiederholt), das Doppelhotel Hercules, das Kursanatorium (Pavillon 7), das Gebäude der ehemaligen Kurverwaltung am Herkules-Platz, und die Kur- und Freizeitbauten aus der Zeit des Architekten Carl Wilhelm Christian von Doderer rund um den Kurpark im alten Stadtzentrum.