Reaktionsverzögerte Schule, dynamischer Arbeitsmarkt

Vor dem Ansturm der Absolventen des Jahrgangs 2013 auf die Arbeitsämter

Reschitza - In der laufenden Woche sind beim Arbeitsamt AJOFM Karasch-Severin in Reschitza bloß 18 freie Arbeitsplätze ausgeschrieben (im ersten Halbjahr 2013 lag der Monatsdurchschnitt bei weit über 200 Arbeitsplätzen). Und es kommen immer mehr Lyzeumsabsolventen zu AJOFM und suchen Arbeit, da die Bakkalaureatsdiplome seit einigen Tagen an den Lyzeen ausgehändigt werden.

Eines der Handicaps der Lyzeumsabsolventen kommt ihnen bei der Suche nach einem Arbeitsplatz entgegen: sie haben keine Qualifizierung. Acht der freien Arbeitsplätze dieser Woche wenden sich an „unqualifizierte Arbeiter“ (in Bereichen wie Forstwirtschaft, Bauwesen, Fließbandarbeit, Sicherheitsfirmen, Handel), für die restlichen zehn sind minimale Qualifizierungen nötig (ausgenommen, mit Abstrichen, mehrere Fernfahrerposten, die neben dem Führerschein auch einige Jahre unfallfreie  Erfahrung in der Fahrzeuglenkung voraussetzen).

Beim Arbeitsamt AJOFM nennt Caius Isac, dessen Geschäftsführer, die Anstellung der Absolventen (auch) des Jahrgangs 2013 „eine stachlige Angelegenheit“. Und damit wird wieder einmal post factum die Frage in den Raum gestellt, wie das Schulinspektorat das Unterrichtswesen auf die „Anforderungen des Lebens“ einstellt, die auf die Absolventen zukommen. „Ob die Schule das tut, darauf kann ich nicht kategorisch mit JA oder NEIN antworten“, zieht sich Caius Isac zurück. „Denn die Frage der vorhandenen freien Arbeitsplätze ist wie das Problem der Firmen im Banater Bergland: oszillierend. So lange keine mittel- und langfristigen Wirtschaftsentwicklungs- und Einschulungsplanungen gemacht werden, so lange weder die Schulkoordination/das Schulinspektorat noch wir  beim Arbeitsamt genau wissen, welche Berufe zur Stunde, aber auch mittel- und langfristig vorhanden und welche gesucht sind – so lange also keine politisch-soziologischen Visionen vorhanden sind – so lange kann man auch im Bildungswesen nicht zielgenau planen. Es fehlen uns die Prognosen für den Arbeitsmarkt.“

Die Folge: es wird laufend improvisiert und man hinkt den Anforderungen eines Arbeitsmarktes nach, auf dem jede Bewegung eine Überraschung, etwas Unerwartetes ist. Selbst die allzu späte Erkenntnis, dass man wieder Schulen für Künste (vom alten Sinn des Wortes „Kunst“=“Können“) und Berufe – „arte şi meserii“ – braucht und dass diese dem – überraschten - Arbeitsmarkt bereits Absolventen stellen, reicht nicht: es kommen Absolventen für nicht vorhandene Posten. „Sie haben Diplome für Berufe, die der Arbeitsmarkt nicht fordert“, sagt Isac.

Aus der Sicht von AJOFM sei „aufschlussreich“, dass im gesamten Verwaltungskreis Karasch-Severin von der Wirtschaft keine Lehrlinge gefordert werden. „Schwerfällig“ und „dornenreich“ verlaufe auch der AJOFM-Versuch, gab Caius Isac zu, „Jugendliche über den Arbeitsmarkt zu reintegrieren“. Vor allem dafür gäbe es das Lehrlingswesen. Aber eine Umsetzung des Gesetzes über das Lehrlingswesen sei im Verwaltungskreis Karasch-Severin schwer durchsetzbar. „Wir diskutieren gegenwärtig mit den Arbeitgebern“, sagt Isac, „in Karansebesch, in Reschitza. Wir möchten Jugendliche, die überhaupt nie einen Beruf hatten – wie alle frischen Lyzeumsabsolventen – direkt im Arbeitsfeld zu integrieren, wo sie sich am Arbeitsplatz einen Beruf aneignen.“

Parallel dazu habe der Consulter von AJOFM mit den Lyzeen Kontakte geknüpft, „um den künftigen Absolventen Perspektiven über den mittelfristig sich abzeichnenden Arbeitsmarkt zu vermitteln. Aber auch, um ihnen die praktische Seite des Zugangs zum Arbeitsmarkt beizubringen: wie schreibt man ein curriculum vitae (CV), wie führt man ein Vorstellungsgespräch, welches ist das Berufsfeld, das sich in ein-zwei Jahren öffnet, wie etwa der Arbeitsmarkt in einigen Jahren ausschauen wird. Das selbe müssen wir auch an der Universität tun.

Caius Isac würde sich wünschen, dass „wieder Basisberufe“ vermittelt werden: Dreher, Schlosser, Schmied, Schweißer. Diese Berufe fehlen bereits akut auf dem Arbeitsmarkt. Alles wird mit Qualifizierung am Arbeitsplatz ersetzt. Laut Isac besteht nach wie vor das Hauptproblem in der Tatsache, dass der Arbeitsmarkt unvergleichlich dynamischer ist, als die Schule zu reagieren vermag.