Dem November ging in Temeswar eine ziemlich lange Serie von Musikfestivals voraus, die sich praktisch über den gesamten vergangenen Sommer erstreckte. Und auch im November gab es noch ein von der Temeswarer Staatsoper organisiertes Festival, das zur Gänze vom Italiener David Crescenzi dirigiert wurde, der anscheinend in Temeswar/Timişoara lebt. Seine Leistung in der Neuinszenierung von Puccinis „Turandot” in der Regie von Opernintendant Corneliu Murgu mit Bühnenbild und Ausstattung von Mario de Carlo sowie der Teilnahme der Serbin Dragana Radakovic (Sopran) war bemerkenswert. Crescenzi dirigierte während des Festivals auch das Orchester der Staatsoper Belgrad mit „Der Fliegende Holländer” von Richard Wagner.
Der November war in Temeswar von zwei markanten rumänischen Geigern dominiert, die mit der Konzertreihe „Duell der Violinen” eine Rumänientournee unternehmen. Nach Craiova und Râmnicu Vâlcea traten Gabriel Croitoru mit seiner samten klingenden Guarneri und Liviu Prunaru mit seiner himmlischen Stradivari zusammen mit dem renommierten Pianisten Horia Mihail (am Steinway-Flügel) in Temeswar auf. Es waren Virtuosenstücke aus der Romantik zu hören, aber auch die jüngste Variante der „Jahreszeiten in Buenos Aires” von Astor Piazzola. Am folgenden Tag dann das d-Moll-Doppelkonzert von Bach, das uns in die Welt des Barock transponierte, mit spezifischer poetischer Meditation. Am Dirigentenpult war der in Galatz arbeitende Temeswarer Mircea Holiartoc, der dann mit der „Holberg-Suite” von E. Grieg und der „Oxford”-Sinfonie von Franz Joseph Haydn das Publikum eroberte.
Im November erklang eine zweite Stradivari in Temeswar, in den Händen von Alexandru Tomescu, als Mitglied und Solist des Jassyer „Ad libitum”-Quartetts (mit Şerban Mereuţă, Violine, Bogdan Bişoc, Viola, Filip Papa, Violoncello, ein Ex-Temeswarer), das mit Mozart (KV 421) und Schubert („Das Mädchen und der Tod”) brillierte, aber auch durch einen Streifzug durch das Werk Anton von Weberns. Dirigent Radu Popa präsentierte im November zwei Werke von Thierry Huillet: „Ombres”, eine Hommage an Claude Débussy, und die „Suite Indigo”, mit vielen Elementen exotischer und Jazz-Musik. Dazu passte George Gershwins „Rhapsody in Blue”, mit Thierry Huillet höchstpersönlich als Solist, was stürmischen Beifall weckte. Aber an jenem Konzertabend beteiligte sich auch die Violinsolistin Clara Cernat, mit den „Spielmannsgesängen” von Pablo de Sarasate, den „Méditations” von Jules Massenet und der „Ballade” von Ciprian Porumbescu, alle in einer originellen Orchestrierung von Th. Huillet.
Dem Kapitel Musikgeschichte und Jubiläen von Komponisten, die von der Philharmonie „Banatul” aufmerksam verfolgt werden, schenkt auch Domkapellmeister Walter Kindl Beachtung. Diesmal gedachte man im Hohen Dom des 300. Geburtstags Carl Philipp Emanuel Bachs, einer der vier großen Söhne Johann Sebastian Bachs, die, zusammen mit Georg Philipp Telemann, die Wege zur Klassik eröffneten. Kindl hat mit der Philharmonie, dem Domchor, der Capella Academica Timsiensis und dem Philharmoniechor (unter Leitung von Iosif Todea) zwei Sinfonien von C. Ph. E. Bach (in D-Dur und G-Dur) sowie ein „Magnifikat” aufgeführt, bei denen die Chöre brillierten.
Ebenfalls einem Jubiläum zu verdanken war die Interpretation der sinfonischen Dichtung „Also sprach Zarathustra” (Opus 30) von Richard Strauss anlässlich seines 150. Geburtstags. Das Orchester fuhr seinen gesamten machtvollen Instrumentenapparat auf und betonte die Dualität Gut-Böse, wie sie Strauss von Nietzsche übernahm und in seine Musik hineinlegte, mit Ausbrüchen von Kraft und Macht. Diese Interpretation des Dirigenten George Costin eroberte Saal und Kenner. Er bewies, dass der Temeswarer Klangkörper, aufs Maximale herausgefordert, dabei voll mitgeht, dass er auch schwierigste Partituren meisterhaft schafft. Zum Programm jenes Abends im November gehörte auch die romantische Ouvertüre zum „Oberon” von Carl Maria von Weber und das beliebte Violinkonzert von Brahms, in einer kraftvollen, strengen, doch lebensfroh-luftig anmutenden Wiedergabe durch den Violinsolisten der Banater Philharmonie, Gabriel Popa. Freude machte am letzten Musikabend des Novembers der Auftritt des seit vielen Jahren in Deutschland lebenden und wirkenden Geigers Florin Paul, der über eine sehr breite stilistische Palette und ein reiches Repertoire verfügt, das an diesem Abend von Szymanowski und Enescu bis zu Mozart und Beethoven reichte. Sowohl mit dem Pianisten Sorin Dogaru, vor allem aber mit dem französischen Dirigenten Amauri du Closel konnte der Violinist seine Interpretation der Kompositionen tadellos vermitteln, wobei das Orchester mit sichtlicher Freude mitging. Amauri du Closel fühlte sich abschließend in seinem Element beim Dirigieren von Gustav Mahlers 4. Sinfonie.