Kronstadt – An der deutsch-polnischen Grenze, in Schwedt, im Land Brandenburg findet heute und morgen (3. und 4. März) die deutsche Erstaufführung des Theaterstücks „Verschwinden“ der Autorin Elise Wilk (in der Übersetzung von Ciprian Marinescu und Frank Weigand) an den Uckermärkischen Bühnen statt. „Verschwinden“ erzählt die Geschichte einer siebenbürgischen Familie von 1945 bis heute. Drei Siebenbürger Sächsinnen müssen zu Zeiten großer historischer Umbrüche ihre Leben neu gestalten. Die Frage stellt sich: Bleiben oder Gehen?
Kathi kann sich 1945, durch die Heirat mit einem Rumänen, vor der Deportation nach Sibirien retten. Martha flieht im Winter 1989/90 – nur Tage vor dem Ende der Ceaușescu-Diktatur. Und Tochter Emma, entscheidet sich 2007, kurz vor dem Beitritt Rumäniens zur EU, zu bleiben. Das deutsche Theaterhaus schreibt dazu: „Jede Generation stellt sich diese Frage neu. Flucht und Vertreibung sind Themen, die heutzutage erneut eine große Rolle spielen. Historische Umbrüche und Unsicherheiten sind Erfahrungen, die vielen Menschen gerade im Osten Deutschlands vertraut sein dürften und die gerade auch hier in Schwedt derzeit wieder eine aktuelle Brisanz besitzen.“
Das Stück „erzählt große Geschichte anhand einer kleinen (…) Es umspannt fast 70 Jahre seit dem 2. Weltkrieg“, so Regisseur Vlad Massaci, der u.a. regelmäßig am Nationaltheater Bukarest inszeniert. Er findet, das Stück passe sehr gut für das Theater in Schwedt, „weil es in dieser Region hier an der polnischen Grenze in der Familiengeschichte vieler Menschen auch Flucht und Vertreibung gegeben hat. Die Leute hier aus der ehemaligen DDR kennen das Leben in einer kommunistischen Diktatur und die Sehnsucht, wegzugehen. Und auch dass sich ein Ort verkleinert - nach der Wende sind aus Schwedt auch sehr viele Leute weggegangen. (…).“
Elise Wilk ist durch das Weggehen anderer seit ihrer Kindheit geprägt, einen Teil ihrer Familie lernte sie auf Farbfotos und Dias kennen, von ihrer besten Freundin musste sie sich schon als Kind trennen, weil diese ins Ausland zog. „Danach kam die Nachricht, dass Freunde oder Bekannte wegziehen, immer wieder. Diese Nachricht kommt jetzt immer noch. Irgendwann schmerzt es nicht mehr, man ist abgehärtet.(…) Aber das Weggehen prägt auch diejenigen, die bleiben.“
Das Auftragswerk wurde 2019 im Yorick Studio in Neumarkt/Târgu Mure{ in ungarischer Sprache uraufgeführt. 2022 wurde die Kronstädter Dramatikerin in Polen mit dem Aurora-Theaterpreis der Stadt Bydgoszcz für ihr Stück ausgezeichnet.
Für Anwohner jenseits der Oder bietet sich die Möglichkeit, die Vorstellungen mit polnischer Übertitelung zu sehen. Bei der Erstaufführung werden Elise Wilk, Vald Massaci und Andu Dumitrescu (Ausstattung, Video- und Sounddesign) für ein Publikumsgespräch anwesend sein. Insgesamt werden nur acht Vorstellungen der In-szenierung gezeigt, die letzte Aufführung ist am 6. April 2023 zu erleben. Weitere Spieltermine folgen am 17., 25., 26., 29., 30. März und am 6. April, jeweils 19.30 Uhr (siehe www.theater-schwedt.de/ubs/info/1586/).