Bukarest – 1200 Rumänen wurden in einer – international vergleichenden – repräsentativen Studie im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) zu Umweltthemen befragt. Untersucht wurde auch, wie sich die Meinungen und Einstellungen zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Milieus oder Altersgruppen unterscheiden. Den Länderbericht für Rumänien stellte die Autorin, Wissenschaftlerin Roxana Bucată von der Central European University am 31. Mai im Goethe-Institut in Bukarest vor.
Die 20-seitige Analyse bringt einiges zutage, das man so erwartet hätte; einiges, über das man stolpert und manches, das scheinbar nicht zusammenpasst. Was damit gemeint ist? Hier eine kurze Auswahl:
Der Klimawandel wird von der großen Mehrheit der Rumänen als gravierendes Problem erkannt, aber gleichzeitig halten 47 Prozent der Befragten vieles von dem, was über seine Auswirkungen gesagt wird, für übertrieben (höchster Wert im Vergleich). Und: Andere Themen sind ihnen (noch) wichtiger. Umwelt-, Natur- und Klimaschutz tauchen in der Liste derjenigen Fragen, um die sich die Politiker vorrangig kümmern sollten, erst auf Position acht auf. Neben ökonomischen Themen stufen die Rumänen insbesondere Gesundheit und Bildung als dringlicher ein.
Unter den relevanten Umweltproblemen unserer Zeit liegt bei den Rumänen der Zustand des Waldes auf Rang eins – eine absolute Besonderheit im Vergleich der 19 untersuchten Staaten. Roxana Bucată erklärte dies mit der starken Präsenz von Themen wie illegalen Rodungen und der Zerstörung von Wäldern in der öffentlichen Debatte Rumäniens. Medienberichte, Gerichtsverfahren, öffentliche Demonstrationen – der Wald ist ein ziemlich präsentes Thema.
Ein anderes Dauerbrenner-Thema in Rumänien ist der Verkehr, allerdings betrachten die Rumänen diesen als weniger wichtiges Umweltproblem. Roxana Bucată bringt in diesem Zusammenhang ein anderes Ergebnis ins Spiel: Zwei Drittel der Rumänen sind der Meinung, dass sie nicht auf das Auto als Verkehrsmittel verzichten können, da der öffentliche Nah- und Fernverkehr zu schlecht ausgebaut ist. Was die Einstellung der Rumänen allgemein zu Maßnahmen des Umwelt- und Klimaschutzes angeht, kommt die Autorin zu folgender Zusammenfassung: Grundsätzlich Zustimmung, aber nur unter bestimmten Bedingungen. Die Bevölkerung wolle insbesondere die finanziellen Kosten dafür nicht tragen. Eine insgesamt „vernünftige Einstellung“, wie die Wissenschaftlerin konstatierte.
Zuständig für Umwelt- und Klimaschutz ist in den Augen der Rumänen in erster Linie die Regierung, deutlich weniger als in den anderen Ländern wird diesbezüglich von den Unternehmen erwartet. Eine überraschende Erkenntnis, die laut Roxana Bucată auf erfolgreiche Kampagnen von Unternehmen zurückzuführen sein dürfte, die ihr Engagement in Sachen Umweltschutz geschickt verkaufen, aber von tieferliegenden Problemen des gegenwärtigen Wirtschaftssystems, z.B. Fragen des Ressourcenverbrauchs oder CO2-Ausstoßes, ablenken (Stichwort „Greenwashing“).
Was also muss passieren, damit die Rumänen dem Thema Klimaschutz noch mehr Relevanz einräumen? Roxana Bucată erläutert: In erster Linie müsse der Zusammenhang zwischen Umweltfragen und anderen Lebensbereichen viel stärker in den Mittelpunkt gerückt werden. Bestes Beispiel ist das Thema Gesundheit: Es brauche ein stärkeres Bewusstsein dafür, wie stark die eigene Gesundheit durch Umweltverschmutzung beeinträchtigt wird. Der Staat müsse dazu die entsprechenden Daten erheben und veröffentlichen, z.B. was die gesundheitlichen Folgen von Luftverschmutzung in Städten betrifft. Dass dies bisher nicht geschehe, wurde auch aus dem – aus vielen Fachleuten bestehenden – Publikum kritisiert.
Die Studie kann in rumänischer Sprache auf der Webseite der Friedrich-Ebert-Stiftung Rumänien romania.fes.de heruntergeladen werden.