Hermannstadt – Leider gab es keine CD mit Musik in derselben Trio-Besetzung am Ausgang der Synagoge zu kaufen, sondern nur fünf Tonträger von Aufnahmen, die Jake Shulman-Ment, Jeremiah Lockwood und Francesca Ter-Berg vor teils schon längeren Jahren jeweils in Eigenregie mit anderen Ensembles eingespielt hatten. Ihr Konzert am Sonntag-abend hingegen, dem 25. August, zur Feier von 125 Jahren seit Eröffnung der einzig erhaltenen jüdischen Kultstätte in Hermannstadt/Sibiu folgte auf den Auftritt, den sie tags zuvor in der früheren Poale-Tzedek-Synagoge und geschickt säkularisierten Casa Tranzit von Klausenburg/Cluj-Napoca gaben, und stand auf nichts anderem als einem transsylvanischen Reiseplan, der genau 24 Stunden später in Mediasch und am drittletzten August-Tag im Finale von Baia Mare gipfeln sollte. Bestens besucht war der Abend in der Synagoge Hermannstadts, und wo man sich auf das Konzert mit rassigem Klezmer für Geige, Cello und Gitarre freute und jede Menge Neugierde auf das Zauberhafte fest versprochener jüdischer Festgesänge mitbrachte, war zunächst unerwartet Geduld gefragt – Schriftstellerin und Jüdin Adriana Moscicki nämlich beließ es nicht bei einem üblich knappen Grußwort. Vielmehr artikulierte sie einen detailreichen Kurzvortrag über die gut 160 Jahre lange Geschichte der jüdischen Gemeinde Hermannstadt, deren schmucke Synagoge als Neubau ihrer Zeit von Presse und Zeitungslesern einhellig für ihre „Eleganz, Einfachheit und Raffinesse“ gelobt worden sein soll. Außerdem gönnte Adriana Moscicki sich den persönlichen Zusatz, statt des altgriechischen Worts „Synagoge“ für „Zusammenkunft“ den Begriff des „Tempels“ zu bevorzugen. Und das, was Violine-Spieler Jake Shulman-Ment, Gitarrist Jeremiah Lockwood (beide aus den USA) und Cellistin Francesca Ter-Berg (Großbritannien) gleich im Anschluss begeistert zelebrierten, machte der Wortwahl ihrer Vorrednerin alle Ehre. Jake Shulman-Ment, seines Zeichens begnadeter Szene-Könner mit Studium- und Alltagserfahrung in Rumänien, setzte moderierend mit der nicht weiter schwierigen Erklärung an, dass „Klezmer“ im Jiddischen schlicht die Spielart eines Fiedlers bedeutet, und erzählte zwischendurch ehrfürchtig von seinem Kennenlernen der überbegabten Musikerfamilie Covaci aus der Maramuresch, aus deren Reihen der „Paganini“ der Region hervorgegangen war. „Er und seine Leute spielten auf allen Feiern, nicht nur auf jüdischen vor dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch auf Wunsch von Rumänen, Ungarn, Huzulen und Roma“, raunte Shulman-Ment im ziegelroten Tempel der Salzgasse/Constitu]iei Hermannstadts.
„Nicht stolz sein in guten Zeiten und nicht verzweifelt in schlechten Zeiten“, schickte Jeremiah Lockwood einem von mehreren Liedern auf Jiddisch voraus, denen er zusätzlich zu seinem Gitarre-Können auch seine stilistisch nicht unpassend raue Singstimme mit einem Umfang von weit mehr als zwei Oktaven lieh. Ihren Glanzeinsatz genoss auch Francesca Ter-Berg als Vorsängerin eines wortlosen Chansons in Schleife auf die repetitiven Silben wie „jai“ und „dai“, dessen Melodie das Publikum zwar nicht laut, doch gerne mitsang, und sich ein wenig in das Lebensgefühl der für ihre Trinkfestigkeit berühmten chassidischen Juden hineindenken konnte. Dass es für Kulturtransfer mehr als nur eine gangbare Spur geben kann, steht außer Frage. So jedoch, wie er gelegentlich in der Hermannstädter Synagoge vorgelebt wird, dürfte der Erfolg im Freunde-Gewinnen kaum zu überbieten sein.