Hermannstadt – Masoud und Mojtaba Sadinam wurden 1984 in Teheran geboren und flüchteten 1996 mit ihrer Mutter und ihrem jüngeren Bruder Milad aus dem Iran nach Deutschland. Am vergangenen Donnerstag stellten die beiden Brüder ihr Buch „Unerwünscht“ im Erasmus Büchercafé vor und diskutierten mit den Zuhörern über den Begriff „Heimat“. Die Lesung war Teil der Reihe „Was ist Heimat?“, die sich den Motiven rund um das Phänomen Auswanderung sowie den Konflikten widmet, die Menschen mit sich selbst austragen müssen, sobald sie in einem anderen Land ankommen und ein neues Leben beginnen müssen.
In ihrer Einleitung sprachen die beiden über ihre Erfahrungen bei bisherigen Lesungen, die mit einer Ausnahme alle in Deutschland stattfanden. Dabei stellte Mojtaba heraus, dass sowohl unter Deutschen als auch Iranern die Vorstellung weit verbreitet ist, dass eine Ethnie ihre Heimat in „ihrem“ Nationalstaat hat. Sprich: Deutsche in Deutschland und Iraner im Iran. Für sich selbst können die beiden dies allerdings nicht feststellen, sie sehen ihre Heimat „irgendwo“ in Deutschland.
„Wobei uns dieses ‘irgendwo in Deutschland’ sehr wichtig ist“, denn „nicht ganz Deutschland und alle Deutschen können für uns die Referenz bilden, um die Frage nach Heimat zu beantworten“. Aussagen soll dies, so Mojtaba, dass Heimat für die beiden viel kleiner ist, als das Konzept selbst für sich in Anspruch nimmt. Später fügen die beiden hinzu, dass Lengerich in Westfalen und insbesondere die Menschen, die sie dort unterstützt haben, zu einer Art von Heimat geworden sind.
Ihre Lesung beginnen die beiden Brüder mit der Vorgeschichte von „Madar“, wie sie ihre Mutter stets auf Farsi nennen, die in Folge einer verbotenen Flugblattaktion gegen das islamische Regime untertauchen muss und schließlich „auf privilegiertem Weg“, wie Masoud es nennt, das Land verlässt. Die Familie hatte einen Fluchthelfer beauftragt, der falsche Pässe besorgte und mit ihnen zusammen per Flugzeug nach Deutschland reiste. Die Passagen aus ihrem Buch nahmen das Publikum mit an ausgewählte Orte und prägende Momente – die Undurchsichtigkeit nach Ankunft im Erstaufnahmelager, das erste Konzert mit der eigenen Band sowie den Gerichtssaal, in welchem ihr Asylantrag endgültig abgelehnt wurde.
Das Buch hätte auch „Erwünscht“ heißen können, erklärt Mojtaba, denn in Lengerich erfuhr die Familie große Hilfe, doch bezieht sich der Titel auf einen anderen Aspekt: die bürokratischen Mauern sowie die Vorschriften, Regeln und Verbote der Gesetzgebung. Und so ist die Erfahrung der Brüder mit Deutschland ambivalent, geprägt einerseits von hilfsbereiten Menschen und andererseits von Behörden, Gerichten und einer Asylpolitik, die die tatsächliche Not der Menschen nicht erkennt.