Aller guten Dinge sind zwei?

Doppeltes Porträt des Banater Künstlerpaares Doina und Gustav Hlinka

Doina Marița Hlinka mit ihrem Werk „Die Friedenstauben“ – und Gustav Ioan Hlinka mit „Meisen“

„Die Friedenstauben“

„Meisen“

Gustav Ioan Hlinka ist kein neues Gesicht für die Banater Berglanddeutschen. Seine Tätigkeit im kulturellen Bereich vor und insbesondere nach der Wende 1989 hat dazu geführt, dass er im ganzen Land und auch im Ausland bekannt wurde. Gustav Hlinka machte sich im Laufe der Zeit einen Namen als Grafiker, Landschaftsmaler, Vertreter der naiven Kunst und leidenschaftlicher Briefmarkensammler. Nicht zuletzt leitet er zusammen mit seiner Frau Doina den Malkreis „Deutsche Kunst Reschitza“ beim Reschitzaer Ortsforum, denn geteilte Freude und Hobbys sind doppelte Freude. 

Für Gustav Hlinka, oder Gusti, wie ihn seine Freunde nennen, sind aller guten Dinge eingentlich zwei: Er gehört zur zweiten Absolventengeneration der Volksschule für Kunst in Reschitza, der erste karriereprägende Kontakt zur naiven Kunst ereignete sich bei der zweiten Ausgabe des Wettbewerbs „Cântarea României“, wobei er für seine Werke zwei Zweitpreise in zwei unterschiedlichen Sparten erhielt. Außerdem werden seit der Vermählung mit seiner zweiten Frau, Doina, stets Ausstellungen zu zweit organisiert. Zudem sind beide zusammen mit Dr. Klaus Fabritius Koautoren des Bildbandes „Phantasie und Realität“ (2023) – der zweite, den Gustav Hlinka signiert.

Hingabe für naive Kunst 

1947 in Steierdorf/Anina, in einer Familie mit tiefen deutschen und österreichischen Wurzeln geboren, entdeckte Gustav Hlinka sein Talent für das Zeichnen von klein auf. Er erinnert sich, wie er als Kind auf den Wänden seines Elternhauses mit Bleistift und auf dem Tor mit Kreide gezeichnet hatte. In seinem Geburtsort besuchte er die Grund- und Mittelschule und anschließend die Berufsschule in Orawitza. In dieser Zeit beteiligte er sich an der jährlichen Kunstausstellung am Ende jedes Schuljahres, wobei seine Begabung von der Zeichenlehrerin Mariana Grozav wahrgenommen und angeleitet wurde.

Zwischen 1969 und 1972 hat Gustav Hlinka die Volksschule für Kunst in Reschitza in der Klasse der Professoren Peter Schweg und Petru Galiș besucht. Ersterer begleitete seine Studenten bei der Entdeckung und Meisterung der Grafik, die Hlinka sehr lieb hatte. Bereits in der Schule und in der Armee hatte er mit Tusche experimentiert, als er die Uhren seiner Kollegen bemalt hatte, erinnert er sich. „Lange habe ich nur in Tusche gearbeitet, bis uns im zweiten Jahr ein anderer Professor, Petru Galiș, übernahm, der sich der abstrakten Kunst widmete und das haben wir dann auch in der Schule gelernt“.

1971 debütierte Gustav Hlinka mit fünf Gafiken, drei Bildern in Gouache und einem Ölgemälde im Rahmen einer Gruppenausstellung. 1976 wurde er in die Gruppe bildender Amateurkünstler in Karasch-Severin aufgenommen. Bis zur Wende 1989 stellte Hlinka jährlich beim Herbstsalon dieser Gruppe und später beim Wettbewerb „Cântarea României“ aus.

Dann kam der Wendepunkt seiner künstlerischen Karriere. Bei der zweiten Ausgabe des Wettbewerbs „Cântarea României“ fand eine kreisübergreifende Ausstellung statt, die auch Künstlerinnen und Künstler aus Temeswar nach Reschitza zog, darunter Gheorghe Babeț. Mit dessen naiver Malerei kam Gustav Hlinka im schicksalsbestimmenden Jahr 1985 erstmals in Kontakt. „Diese faszinierte mich so sehr, dass ich jeden Tag ins Kulturhaus der Gewerkschaften ging, um seine Werke zu bewundern. Als ich meinen Kollegen gestand, dass ich gerne im Stil der naiven Kunst malen würde, gingen sie mir alle sozusagen an den Hals“. Ungeachtet dessen übte die naive Kunst von Gheorghe Babeț durch ihre Chromatik und Einfachheit eine besondere Anziehungskraft auf Hlinka aus.

Beim selben Wettbewerb wurde Gustav Hlinka später der Zweitpreis sowohl in der Sparte für abstrakte Kunst als auch in der Kategorie naive Kunst verliehen, „was für mich ein Beweis dafür war, dass letztere auch geschätzt wird“. Ein Jahr später reichte er das gleiche Gewinnerwerk naiver Kunst bei einem Wettbewerb in Botoșani ein und erhielt dafür den dritten Preis. Die Enttäuschung veranlasste ihn, die naive Kunst für viele Jahre aufzugeben. 

1988 gründete Gustav Hlinka zusammen mit zwei Kollegen den Malerkreis Atelier 88 in der frisch bezogenen Werkstatt im Reschitzaer Kulturhaus der Gewerkschaften, der bis nach der Dezemberrevolution eine reiche Tätigkeit ausübte, darunter die Veranstaltung von Künstlerresidenzen, zu denen Künstler auch aus anderen Regionen des Landes eingeladen wurden. Mit der Zuteilung der Werkstatt wurde  Hlinka gezwungen, die abstrakte Kunst aufzugeben und sich für eine andere Kunstrichtung zu entscheiden.

Nach der Revolution zog er sich aus der Werkstatt mit allen zugehörigen Dingen nach Hause zurück. Nach der Trennung von seiner ersten Frau änderte Gustav Hlinka seinen Stil zweimal. Zuerst wechselte er zum Realismus. Mit seiner ersten Ausstellung in Deutschland 1992 in Bielefeld, erntet er durchschlagenden Erfolg. „Ich habe fast alle Werke verkauft! Die verbliebenen schenkte ich den Ausstellungsorganisatoren“. Als er zwei Jahre später nach Bielefeld mit einer Ausstellung zurückkehrte, hatte er nicht den gleichen Erfolg. Dies veranlasste den Künstler, sich erneut der naiven Kunst in Öl und Wasserfarben zuzuwenden, der er bis heute treu ist. „Ich würde nun zu keiner anderen Kunstströmung mehr wechseln!“, betont Hlinka.

Die Treue versprach er auch seiner zweiten Gattin, Doina, die er 1998 heiratete, unter der Bedingung, dass auch sie ihre künstlerische Geschicktheit entwickelt und zusammen mit ihm malt. Seither stellen sie immer gemeinsam aus.

Künstlerischer Ehrgeiz

Doina Marița Hlinka stammt aus Maglavit, Kreis Dolj. Sie hat die Schule in Reschitza besucht und schloss sich danach dem Team der Kreisbibliothek Karasch-Severin an. In den 90er Jahren begann die Wahlbanaterin, sich mit der Malerei zu befassen und auf ihrem künstlerischen Werdegang hat sie stets ihr Mann begleitet und unterstützt. Wie Gustav Hlinka, beteiligte sich auch Doina Marița an unzähligen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland und beide wurden für ihre Werke prämiert.

Ihr Talent und die Neigung zur naiven Kunst entdeckte Doina Hlinka erst, als sie ihren Mann kennenlernte. „Anfangs bildete ich mir ein, dass mir alle Bilder beim ersten Versuch gelingen und binnen eines Tages fertiggestellt werden sollten, denn ich bin von Natur aus impulsiver“, eröffnete sie uns. „Ich schaffte es aber nicht, wurde wütend und legte das Gemälde für ein oder zwei Tage beiseite. Gustav, der mich anspornen wollte, stieß mein Gemälde mit dem Fuß aus dem Weg in die entgegengesetzte Ecke des Zimmers“, erzählte sie und dachte für sich, ihr Ehrgeiz dürfe nicht mit Füßen getreten werden. Dies ermutigte sie, die Arbeit an diesem Gemälde fleißig wieder aufzunehmen und mit der Zeit kam sie zu dem Schluss, dass ein Gemälde nicht in einer Stunde oder einem Tag entsteht, sondern vielleicht in einer Woche oder sogar in Jahren.

Weiter beschrieb sie den Arbeitsrhythmus ihres Ehemannes, der alles langsam und aufmerksam tut, „er hetzt nicht, er macht alles wie die Deutschen, sorgfältig und gut“. 

Wenn sie selbst ein Werk beginnt, dauert es, bis die richtige Idee kommt, oder es scheint ihr, dass das gemalte Bild nicht mit dem übereinstimmt, was sie darstellen wollte und so nimmt auch ihre Kunst viel Zeit in Anspruch.

Kunst zu zweit

Gemeinsame Aktivitäten machen jedem Paar Spaß und festigen die Verbindung zwischen den Partnern. Wie mag es sich wohl anfühlen, zusammen mit dem Seelenverwandten zu malen? Aus Doina Hlinkas Sicht scheint es sehr gut zu sein. „Ich halte gegenseitige Kritik für konstruktiv, insbesondere, wenn sie mit Ermutigung einhergeht und Gustav hat mich stets unterstützt“.

Aber kollidieren manch-mal die Gefühle der beiden Künstler im Stolz nicht miteinander, fragt man sich?

Im vorliegenden Fall nicht, ganz im Gegenteil. Doina versucht, ihrem Mann klarzumachen, dass sein Stil sich von ihrem unterscheidet, und manchmal, wenn er sich vielleicht beeilt und die Arbeit schnell fertigstellen möchte, macht sie ihn darauf aufmerksam, dass jenes Bild wegen der Eile nicht ganz in seinem Stil sei und dass er noch etwas hinzufügen oder länger daran arbeiten müsse.

Die beiden haben ihren eigenen Stil entwickelt und erklären mit Stolz, er werde bei internationalen Ausstellungen sofort erkannt, auch ohne Blick auf die Künstlersignatur. Sie unterscheiden sich jedoch durch Konzept, Komposition und Farbpalette voneinander.

Das Künstlerehepaar malt zusammen, stellt gemeinsam aus und leitet Seite an Seite auch den Malkreis des Demokratischen Forums der Banater Berglanddeutschen „Deutsche Kunst Reschitza“. Der Kunstkreis des DFBB wurde nach der Wende 1989 ins Leben gerufen und zunächst von dem inzwischen verstorbenen Jakob Neubauer geleitet, der sowohl die Malerei- als auch die Skulpturabteilung koordiniert hatte. Als Doina und Gustav Hlinka Mitglieder des Reschitzaer Forums wurden, übernahmen sie gemeinsam die Leitung des Malkreises. Beide Kunstkreise sind für Erwachsene und Kinder gedacht, obwohl der Kinderkunstkreis während der schwierigen Coronazeit wegen mangelndem Inte-resse abgesagt wurde. Ihr Wunsch ist, dass sich Kinder nicht nur an den Proben der Tanz- und Singgruppe des Forums beteiligen, sondern sich auch erneut für den Kunstkreis anmelden.

Auf die Frage, ob sie jemals darüber nachgedacht haben, Kinderbücher zu illustrieren, antwortete Doina Hlinka, dass ihr Mann Buchillustration gemacht habe und beide auf Vorschlag des Vorsitzenden des Reschitzaer Ortsforums, Erwin Josef Țigla, die Bilder zur Märchensammlung von Alexander Tietz geschaffen haben. Dennoch empfindet Doina Hlinka auferlegte Themen als einschränkend für die Vorstellungskraft. Daher ist man beim Entstehen des gemeinsamen Bildbandes „Phantasie und Realität/Fantezie și realitate“ – der zweite, den Gustav Hlinka signiert – auf umgekehrte Weise vorgegangen. Dr. Klaus Fabritius, Vorsitzender des Regionalforums Altreich, leidenschaftlicher Hobbyfotograf und dritter Autor des Bildbandes, hat das Künstlerehepaar gebeten, Gemälde dafür zur Verfügung zu stellen, denen er dann thematisch entsprechende Naturfotografien gegenübergestellt hat. Der Bildband ist 2023 zweisprachig im Honterus-Verlag erschienen und wurde mehrfach an verschiedenen Orten vorgestellt.