Bilder aus dem Katastrophengebiet Tschernobyl

Ausstellung im Bukarester Bauernmuseum

„Tschernobyl: 27 Jahre danach”: So heißt die neue Fotoausstellung, die die Folgen des nuklearen Unfalls von Tschernobyl dokumentiert und Ende April im Bukarester Bauernmuseum eröffnet wurde. Die Ausstellung thematisiert die Art und Weise, wie die Tschernobylkatastrophe Natur und Kultur beeinflusst hat. Die 42 Fotos wurden von den Wissenschaftlern R. Omeleaska, I. Taras und M. Zahreba von der Wissenschaftsakademie in Lemberg (Lvov) in der Zeitspanne von 1994 bis 1999 geschossen. Sie stellen die Geisterstadt Prypjat, das Kernkraftwerk, Bauernhäuser und typische Beschäftigungen der wenigen Bewohner der Sperrzone dar. Die Ausstellung hat mehrere Schwerpunkte: Eine Abteilung umfasst Trachten und Werkzeuge der Bauern und Fischer aus dem Westen der Ukraine. Alte Häuser, gebaut nach traditioneller Art mit ortsspezifischen Verzierungen, sind ebenfalls ein eigenständiger Teil der Schau. Erwartungsgemäß widmet sich ein bedeutender Teil der Ausstellung dem Reaktor Nummer 4 und der Arbeiterstadt Prypjat, die im April 1986 evakuiert wurde.

Das nukleare Ereignis am Reaktor Nummer 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl wurde als katastrophaler Unfall eingestuft: Radioaktive Stoffe wurden nicht nur in die Ukraine, sondern auch in andere damalige Sowjetrepubliken und europäische Länder freigesetzt. Ein Gebiet von 30 Kilometern rund um den Reaktor wurde evakuiert: Mehrere Hunderttausend Menschen wurden umgesiedelt, aber in der Sperrzone (2800 Quadratkilometer) wohnen noch Bauern, die ihre Häuser nicht verlassen wollten. Sie sind alt, leben einfach und behalten ihre Traditionen. Das kann man auf den Fotos sehen und das war auch das Ziel der Ethnografen – das Kulturerbe der Region Schytomyr festzuhalten, damit es nicht gänzlich verloren geht.

Der Betrachter sieht eine fast stehen gebliebene, verseuchte Welt, die aber nicht verlassen wurde. Die Ausstellung erweckt den Eindruck, dass die Dörfler ein reiches religiöses Leben führten: Abgebildet werden verschiedene Modelle von Kreuzen, dazu noch eine Ikone, bei denen die einzige bemerkbare Spur die der Zeit ist. Die radioaktive Strahlung kann man weder sehen, spüren noch hören. In den präsentierten Fotos bemerkt der Betrachter das vorhandene Drama kaum, was aber nicht bedeutet, dass es nicht da ist. Die Fotos sind belebt von Figuren, die sich mit ihrem Schicksal abgefunden haben. Sie fischen und bauen Gemüse an, die aus kontaminiertem Wasser und Boden herkommen. Zu sehen sind die Bewohner während der Alltagstätigkeiten – der Fischer neben seinem Boot, eine alte Frau in ihrer Tracht neben dem Ofen, eine andere im Garten. Tiefen Eindruck hinterlässt das Aussehen der Stadt Prypjat, in der die einzige übrig gebliebene Lebensform  die üppige Vegetation ist, die uneingeschränkt herrscht.

Die Eröffnungsrede zur Ausstellung hielt der Leiter des Bauernmuseums, Virgil Ştefan Niţulescu. Anwesend war auch ein Vertreter der ukrainischen Botschaft, der informierte, dass ein zweiter Sarkophag für den Reaktor in Tschernobyl im Bau ist, die neue Schutzhülle des beschädigten Reaktors soll 2015 fertiggestellt werden.