Die jüngste Gemeinde in Sathmar

Interview mit Emmerich Sütö, Bürgermeister in Kalmandi

Bürgermeister Emmerich Sütö ist auch Vorsitzender des DFD in Kalmandi
Foto: Gabriela Rist

Die sathmarschwäbische Gemeinde Kalmandi/C²min liegt im Nordwesten Rumäniens, wenige Kilometer von der rumänisch-ungarischen Grenze entfernt. Der Name des Dorfes taucht erstmals 1335 auf, während des Rákóczi-Unabhängigkeitskrieges wurde es wie die umliegenden Dörfer vollständig entvölkert. Nach dem Friedensvertrag wurde Kalmandi den Grafen Károlyi übergeben, die später die einflussreichsten Eigentümer waren. Das Dorf wurde um 1748 von der Grafenfamilie Károlyi mit Schwaben besiedelt und die hier lebenden reformierten Ungarn wurden in das benachbarte Berveni umgesiedelt. Die Schwaben wurden aus dem Raum Baden-Württemberg von Agenten der Familie Károlyi ins Sathmarland gebracht. 1950, nach der Zentralisierung durch das kommunistische Regime, wurde das Dorf Kaplau/C²pleni angegliedert. Kalmandi wurde 2002 eine unabhängige Gemeinde, nachdem sie administrativ von Kaplau getrennt wurde. Das Dorf ist Mitglied des Verbands der Nachbarschaftsdörfer von Großkarol/Carei, der zum Zwecke der mikroregionalen Entwicklung gegründet wurde. Seit 2012 leitet Emmerich Sütö als Bürgermeister die Gemeinde Kalmandi. Über die Bewohner, die Entwicklung des Dorfes während seiner drei Mandate und seine Zukunftspläne sprach ADZ-Redakteurin  Gabriela Rist mit dem Bürgermeister aus Kalmandi. 

Sie sind mit 35 Jahren zum ersten Mal Bürgermeister geworden. Wie hatten Sie sich entschieden, sich politisch zu engagieren?

Bereits in den 1990er Jahren begann ich, nach der Gründung des Demokratischen Forums der Deutschen, im kulturellen Bereich zu arbeiten. Nach fünfjähriger Tätigkeit wurde ich 2002 als Kulturreferent in den Vorstand des Forums gewählt. Damals leitete ich die Volkstanzgruppe und unterrichtete deutschen Volkstanz. Seit 2002 bin ich auch Gemeinderatsmitglied. Gerne habe ich diese Position übernommen, denn so konnte ich nicht nur im kulturellen Bereich, sondern auch in anderen Bereichen für die Gemeinschaft arbeiten. Im Jahr 2010 gab es in Kalmandi eine Zwischenwahl, weil der damalige Bürgermeister zurückgetreten war. Bei dieser Gelegenheit wurde ich gebeten, stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde zu werden. Ich habe diese Position angetreten, weil ich es immer gewollt habe, aktiv am Leben der Gemeinde teilzunehmen. Die eigentlichen Wahlen kamen erst nach zwei Jahren, und da bat mich das Forum, es bei den Kommunalwahlen als Kandidat zu vertreten. So habe ich die Wahl als junger DFD-Kandidat gewonnen.

Kalmandi ist die jüngste Gemeinde im Kreis, seit sie 2002 von Kaplau getrennt wurde. Wie sind die Kalmander?

Die Kalmander sind typische Schwaben, die die Ordnung lieben. Sie sind sozusagen Maximalisten. Es fällt mir also schwer, immer alle zufrieden zu stellen, denn sie haben hohe Ansprüche. Unsere Vorfahren hatten auch Erwartungen, aber ich denke, dass sie mehr für die Gemeinschaft arbeiteten. Heute haben die Menschen an das Bürgermeisteramt mehr Erwartungen. Auch die Mentalität der Schwaben hat sich in dieser Hinsicht verändert. Die öffentlichen Orte sollen schön und gepflegt sein, aber das Bürgermeisteramt soll sich darum kümmern. Früher hat mein Großvater das Gras auf der Straße gemäht, jetzt würden immer mehr Leute diese Arbeit dem Bürgermeisteramt überlassen. Auch der Gehweg sollte, ihrer Meinung nach, vom Bürgermeisteramt sauber gehalten werden. Früher legten die Bürger den Gehsteig vor dem Haus.

Inwiefern bekennen sich die Menschen in der Gemeinde zum Deutschtum?

Der größte Teil der Dorfbevölkerung ist immer noch schwäbischer Herkunft. Viele wurden aber magyarisiert. Es liegt wohl daran, dass sie kein Schwäbisch sprechen und Deutsch nur als Fremdsprache gelernt haben.Während des Kommunismus konnte man kein Deutsch lernen. Nach dem Regimewechsel gab es eine deutsche Schulabteilung in Großkarol. Jetzt können die Kinder auch aus Kalmandi in die deutsche Schule nach Großkarol gehen. Aber auch viele von denen, die sich nicht als Schwaben deklarieren, unterstützen das Deutsche Forum und und sympathisieren mit ihm, weil sie die Arbeit des Forums schätzen.

Was ist das Geheimnis Ihrer Wiederwahl? Dass Sie diese Erwartungen erfüllt haben?

Ich weiß nicht, ob ich alle Erwartungen erfüllt habe, aber ich denke, dass die Leute geschätzt haben, wie viel ich in den vergangenen Jahren für die Gemeinde gearbeitet habe, weil ich die Wahl mit großer Mehrheit, mit 73 Prozent, gewonnen habe. 

Wie viele Mitglieder hat das Deutsche Forum in Kalmandi? Wie ziehen Sie die Leute an?

Das Deutsche Forum hat 500 Mitglieder, aber viele Sympathisanten. Das hat sich auch bei der Wahl gezeigt. Jeder im Dorf kennt und schätzt das Deutsche Forum. Es ist dafür bekannt, dass wir jedem helfen. Zuletzt halfen wir zum Beispiel den Nachkommen der Deportierten, ihre Renten zu erhalten. Jeden Sonntag werden die Mitglieder und die Sympathisanten nach der Messe in der Begegnungsstätte des Forums zu einer Agape erwartet, wo sie sich bei einem Kaffee unterhalten können. 

Wie ist das kulturelle Leben in Kalmandi?

Unsere Blaskapelle „Kalmander Harmony“ hält zurzeit einmal wöchentlich Probe in der Begegnungsstätte des Forums. Die Mitglieder der deutschen Volkstanzgruppe proben ebenfalls regelmäßig. Wegen der Coronavirus-Pandemie gab es im letzten Jahr keine Tanzproben. Die Jugendlichen, 14- bis 18-Jährige, vermissen diese sehr. 

Was für Veranstaltungen werden in der Gemeinde organisiert?

In diesem Jahr und auch vergangenes Jahr gab es keine Veranstaltungen. Wir haben weder ein Erntedankfest noch das Blaskapellen-Treffen organisiert. In der Regel findet jährlich die Gedenkfeier für die Russlanddeportation und auch eine Weihnachtsfeier statt, die vom Deutschen Forum organisiert werden. Am 26. Dezember wird eine kulturelle Veranstaltung im Park neben dem Weihnachtsbaum des Bürgermeisteramtes veranstaltet.

Gibt es Arbeitsplätze in Kalmandi?

Einige Menschen arbeiten bei großen Firmen wie PoliPol, Dräxl-maier und Zollner in Großkarol oder in Sathmar. Der andere Teil der Bevölkerung lebt von der Landwirtschaft. Es gibt auch kleinere Unternehmen im Dorf, zum Beispiel Bäckereien, Geschäfte, landwirtschaftliche Vereine und auch viele Kleinbauern, die Gemüse und Großkulturen anbauen.

Welche Freizeitmöglichkeiten gibt es für junge Leute in Kalmandi?

Man kann in der Jugendblaskapelle oder in der Tanzgruppe mitmachen. Man kann Handball oder Fußball spielen. Es gibt einen Spielplatz, man kann im Teich angeln. Es werden Bälle zu verschiedenen Anlässen wie Fasching, Traubenfest, Silvester oder Kirchweihfest veranstaltet. 

Welche Pläne wollen Sie in Ihrem neuen Mandat umsetzen?

Als ich 2002 Bürgermeister wurde, übernahm ich ein großes Investitionsprojekt. Wir erhielten bereits die Finanzierung für den Bau der Dorfkanalisation. Die Ausschreibung kam vom Umweltfonds. Es dauerte sechs Jahre, bis der Bau der Kanalisation abgeschlossen war. In der Zwischenzeit fror das Ministerium die Gelder für ein Jahr ein. Wir kamen damit langsam voran, da es einen sehr hohen Eigenteil von 14,37 Prozent gab. Anschließend haben wir ein weiteres Projekt gestartet, und zwar den kompletten Austausch des Dorfwassernetzes. Im Dorf haben wir eine eigene Firma gegründet, die das Wassernetz und das Abwassersystem des Dorfes verwaltet. Professor Dr. Dr. Josef Solomayer, der als Forschungsarzt in den USA für General Motors gearbeitet hat, hinterließ 10 Prozent seines Vermögens dem Dorf. Das Netz wurde aus den Projektgeldern gebaut, aber der Anschluss jedes Hauses an das Kanalnetz wurde von der Solomayer-Stiftung finanziert. Diese Investition betrug rund 150.000 Euro. So profitierte das ganze Dorf, alle 440 Wohnungen in Kalmandi, vom Geld der Solomayer-Stiftung. 

Jetzt warten wir auf die Genehmigung aus Bukarest wegen der Wassergebühr, weil wir das günstiger als der regionale Dienstleister Apaserv anbieten wollen. Wir haben die Straßen im ganzen Dorf asphaltiert und das Kulturhaus renoviert. Derzeit wird im Dorf eine neue Schule mit neun Klassenzimmern gebaut. Wir haben Parkplätze eingerichtet und das Bürgermeisteramt sowie die Umkleidekabine auf dem Fußballplatz modernisiert. Den Fischteich im Dorf haben wir gesäubert. Diesen Teich möchten wir nun einzäunen und am Ufer des Sees kleine Hütten bauen. Auch die Toiletten müssen eingezäunt und mit einer Kamera versehen werden. Wir möchten einen Sportfischersee mit Infrastruktur errichten. Darüber hinaus haben wir ein weiteres Projekt für die Modernisierung der öffentlichen Beleuchtung, weil wir überall an den Masten umweltfreundliche LED-Lampen montieren wollen. Das ist eine Ausschreibung des Umweltfonds. 

Im Rahmen des Lokalen Nationalen Entwicklungsprogramms möchten wir unsere Crasna-Brücke, die bereits 110 Jahre alt ist, reparieren. Vor ungefähr zehn Jahren erhielten wir von der österreichischen Firma, die die Brücke gebaut hat, eine Mitteilung, dass die Garantie der Brücke abgelaufen ist und die Firma daher keine Verantwortung mehr für die Brücke übernimmt. Wir wollen eine neue moderne Brücke aus Beton bauen und auch eine 2,7 Kilometer lange Asphaltstraße vom Dorf bis zur Brücke bauen. Eine weitere Investition ist der Bau einer neuen Sporthalle mit einer Tribüne mit 180 Sitzplätzen. Das Projekt für den Bau der Sporthalle, die neben dem Fußballplatz errichtet wird, haben wir bereits an den Nationalen Investmentfonds (Consiliu Naţional de Investiţii) eingereicht. In den vergangenen fünf Jahren haben wir Gelder gespart. Daraus planen wir zwei Kunstrasenplätze und einen Handballplatz zu errichten. 

Wie ist die Zusammenarbeit im Rat?

Die Zusammenarbeit ist gut. Wir sind aber in der absoluten Mehrheit. Das DFD-Team ist jung und sehr konstruktiv. Das älteste Mitglied, der stellvertretende Bürgermeister, ist 47 Jahre alt. Wir treffen uns, rund 20 Personen, regelmäßig jede Woche. Uns schließen sich auch Senioren an, die früher Ratsmitglieder waren. Sie kommen auch jede Woche sonntags ins Forum und unterstützen unsere Arbeit mit konstruktiven Ratschlägen. 

Warum funktioniert die Jugendarbeit so gut? Wie schaffen Sie es, die jungen Leute im Forum zu behalten?

Wir versuchen, jungen Leuten Aufgaben zu geben. Wenn ein neues Mitglied dazukommt, dann bekommt es eine Aufgabe und fühlt sich dafür verantwortlich. Das gibt den jungen Leuten das Gefühl, dass sie wirklich wichtig sind. So versuchen sie, die ihnen anvertraute Arbeit so gut wie möglich zu erledigen. Auch während des Wahlkampfs wurden ihnen bestimmte Aufgaben anvertraut. Jeder kann ein Forumsmitglied sein, aber wir nehmen nur Mitglieder in das operative Team des Forums auf, die den Fortschritt des Dorfes Kalmandi in ihrem Herzen tragen, die Interessen der Gemeinde berücksichtigen und für die Gemeinde arbeiten wollen.