Karansebesch will seine Si(s)si wieder

Fachleute aus Jassy sollen die willkürlich zerdepperte Marmorstatue wieder zusammenkitten

Der heutige Standort der Sisi-Statue im Palast Achilleion auf der Insel Korfu | Foto: Wikimedia Commons

Wie bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten in der ADZ berichtet, ist bei archäologischen Sicherungsgrabungen im Innenhof des orthodoxen Theologischen Seminars von Karansebesch, am Standort der damaligen hölzernen Seminarkirche, die Marmorstatue der Kaiserin Elisabeth – Sis(s)i … - wiederentdeckt, 126 Fragmente davon sichergestellt und im örtlichen Museum für Ethnographie und Fragen des Grenzregiments zwischengelagert worden. Schon zur Zeit der Wiederentdeckung (vor fast genau 24 Jahren) des mitten im Ersten Weltkrieg eingeweihten lebensgroßen Denkmals der Kaiserin Elisabeth – angeblich gibt es von dieser Sorte Sis(s)i-Denkmal nur fünf weltweit – spielte man mit dem Gedanken, die Fragmente sachgerecht zusammenfügen zu lassen und das Denkmal wieder her- und aufzustellen.

Vom Kaiser zum General umgeschmolzen

Pikant am Rande: im selben Jahr 1918, als Karansebesch die Sis(s)i-Statue aufstellte, stand im Zentralpark, am anderen Ende der Hauptstraße von Karansebesch, unter den nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleichs-Jahr 1867 gepflanzten Platanen auch eine von Löwen flankierte Bronzestatue von Sis(s)is Ehemann, Kaiser Franz Joseph I., die nach dem Ersten Weltkrieg eingeschmolzen und zum General Traian Doda (1822-1895) umgewandelt wurde – ein ehemaliger k.u.k.-General aus dem Wallachisch-Illyrischen/Romanen-Banater Grenzregiment Nr.14, der ab 1872, außer Dienst und als Rentner, sich in Karansebesch niederließ, dort die Schule gründete und bauen ließ, die heute seinen Namen trägt und als Präsident der Vermögensgemeinschaft der ehemaligen k.u.k.-Grenzer diesen wirtschaftlichen Zusammenschluss der ehemaligen Wehrbauern aus fast 100 Ortschaften des Banater Berglands zu einer Wirtschaftsorganisation von hoher Blüte brachte.

Nun meldet die Leitung des Karansebescher Museums, dass durch Vermittlung des Kulturministeriums eine Zusammenarbeit mit dem Jassyer Forschungs- und Konservierungs-Restaurierungszentrum für Kulturgut (CCCRPC) gestartet wurde. Es sei die einzige derartige Einrichtung landesweit, die vom Kulturministerium für solcherart Vorhaben akkreditiert ist. CCCPRC soll die Marmorstatue der Kaiserin Elisabeth von Österreich, im Volksmund (und für Kaiser Franz Joseph I.) „Si(s)si“, wieder herstellen.

Kaum aufgestellt, wurde sie weggestellt

Unter welchen Umständen, auf wessen Initiative und von wem die noch vor dem Ende des Ersten Weltkriegs von ihrem ursprünglichen Standort (zwischen römisch-katholischer Kirche und Rathaus) entfernt, irgendwo erst sorgfältig zwischengelagert und irgendwann (mit hoher Sicherheit: willkürlich – die Archäologen, die die Ausgrabung durchführten, sprachen damals untereinander von deutlichen Spuren von „Werkzeugen“) zerdeppert und allem Anschein nach auch vergraben wurde – nähere Umstände darüber sind nicht bekannt. Vielleicht hat auch noch nie jemand darüber ernsthafte Nachforschungen betrieben, einfach, weil es dafür weder Interesse (!) noch Geld gab. Sicher ist, bei nachträglicher Betrachtung, dass politische und „patriotische“ Gründe im Spiel gewesen sein müssen in einer Kleinstadt, die immer schon sehr sensibel und nicht immer abgeklärt auf politische Veränderungen reagiert hat.

Fakt ist andererseits, dass sich unter den 126 archäologisch identifizierten Fragmenten auch drei größere Bruchstücke befinden, aufgrund derer das Vorhaben der Wiederherstellung realistisch erscheint. Der Körper, der Kopf und der linke Arm der Statue sind heil geblieben (gelassen worden?).

Jüngst war Mihai Spiridon, ein Experte für solcherart Restaurierungsarbeiten, aus Jassy nach Karansebesch gekommen und hat alle Bruchstücke untersucht und fotografiert. Er wird eine Expertise zur Zertifizierung des Konservierungs- bzw. Zerstörungszustands der Statue ausarbeiten, aufgrund welcher er auch einen Kostenvoranschlag für die angestrebte Wiederherstellung unterbreiten wird.

„Daraufhin werden wir uns vertraglich mit CCCRPC zusammentun, damit die schwierige Arbeit der Wiederherstellung der Karansebescher Si(s)si-Statue starten kann. Die Marmorstatue wurde nach einem fotografischen Porträt der Kaiserin angefertigt und soll – so Experten – sehr treffend die physiologischen Züge ihres Gesichts wiedergeben. Außerdem ist die Marmorstatue genau so hoch wie Sissi zu Lebzeiten groß war: 1,72 Meter“, so Diana }urdea, schon seit Längerem Interim-Managerin des Karansebescher Museums.

Frauenvereine stifteten Kaiserinstatue

1914 hatten drei Frauenvereine aus Karansebesch beschlossen, der vom italienischen Anarchisten Luigi Lucheri 1898 am Genfer See 60-jährig ermordeten Kaiserin von Österreich und Königin von Ungarn, der populären „Sisi“, ein Denkmal zu stiften. Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin von Bayern, heiratete 1854, 17-jährig, ihren Cousin Franz Josef I. – 1830-1916 – und wurde Kaiserin von Österreich, um 1867 zur Königin von Ungarn gekrönt zu werden; ihre Geschwister und der Kaiser nannten sie „Sisi“, seit dem Sissi-Boom – Theater, Singspiel, Filme noch und noch – ab den 1930er Jahren wird sie gemeinhin „Sissi“ genannt – dies auch der Grund für unsere Schreibung in diesem Text: Sis(s)i.

Initiatoren des Denkmalprojekts waren der Verein der orthodoxen Frauen, der Verein der katholischen Frauen und der Verein der jüdischen Frauen (Karansebesch hatte damals eine einflussreiche jüdische Gemeinschaft). Also eine frühe echt ökumenische Initiative. Johann Biebel, der Besitzer des Marmor-steinbruchs im nahen Ruskitza, hatte für das Vorhaben einen geeigneten Marmorblock gestiftet. Mit den Bildhauerarbeiten wurde János Horvay (1874-1944) beauftragt, der sich zuvor – aber auch später – mit zahlreichen heroischen Statuen (vorwiegend zur ungarischen Geschichte, aber auch von Beethoven) einen Namen gemacht hatte. Horvay stellte die 1914 bestellte Statue 1916 in Karansebesch vor, doch – angeblich wegen der Kriegswirren – wurde die Karansebescher Sis(s)i-Statue erst 1918 zwischen der 1723 erbauten römisch-katholischen Kirche und dem 1903 eingeweihten Rathaus aufgestellt. Noch 1918 wurde die Statue wieder entfernt und erst einmal im Keller des ehemaligen Rathauses deponiert. Danach verliert sich ihre Spur über Jahrzehnte und erst 2000, bei den erwähnten Rettungsgrabungen, kam sie wieder, zerdeppert, zum Vorschein.

Realistische Sissi-Statuen, die Kaiserin Elisabeth in ihrer 1,72 Meter Lebensgröße darstellen, befinden sich in Wien, in Budapest, auf der griechischen Insel Korfu (auf dem Gelände des Sissi-Palastes Achilleion, den sie sich als eine Art Alterssitz erbauen lassen hatte) und in Genf, dem Ort ihrer Ermordung.