LOL mal wieder

Woran merkt man, dass man ein Kommunikations-Methusalem geworden ist? Wenn überraschend eine SMS eintrudelt, die aussieht, wie der Kontaktversuch eines Außerirdischen: 4U: CU 2moro 8h party,
Es ratterte ein bisschen in meinen leicht angerosteten Gehirnwindungen, dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Man muss die Zahlen und Buchstaben einzeln lesen, und zwar in Englisch. Um die phonetische Lautfolge, die sich auf diese Weise ergibt, zu entschlüsseln, blende man für einen Augenblick alle jemals in diesem Leben gelernten Rechtschreibregeln aus: So wird 2moro zu twomoro, was – Heureka! - ja wohl nur tomorrow, morgen, heißen kann. Hilfe, das
Doch wer sich einmal mit Hieroglyphen befasst hat, kommt schnell auf die Idee, dass es sich um ein Piktogramm handeln könnte. Dieses hier symbolisiert ein nach rechts umgekipptes Herzchen, ganz einfach, weil ein aufrecht stehendes mit Ziffern und Buchstaben nicht darstellbar ist. Wer Altägyptisch, Sumerisch oder Chinesisch kann, ist jetzt klar im Vorteil. Das LG steht für „Liebe Grüße“, wobei der liebe Grüßer auf einmal doch wieder Deutsch kann. Die Unterschrift spart er ein, weil er natürlich annimmt, er sei mir so wichtig, dass ich ihn im Namensverzeichnis abgespeichert hätte. Oder ist es eine sie? Auch die Anrede ist im Handyjargon überflüssig, der Angeschriebene wird schon wissen, wie er heißt. In der Kürze liegt die Würze – und im Sparen von Einheiten.

Eine passende Antwort wäre nun gewesen: „10Q, CU :-)“, phonetisch „ten kju, si ju“ und ins Neudeutsche übersetzt: „Thank You, See You“, danke, wir sehen uns, dazu ein Smiley, der meine unbändige Freude signalisiert.
Da ich der Einladung jedoch nicht folgen wollte, sandte ich bloß einen Strauß Rosen. Per SMS. Eine Rose als Emoticon sieht laut Wikipedia so aus: @>—>—. Meine Antwort lautete @>—>— @>—>— @>—>—, denn nur eine Blume zu schicken, erschien mir allzu knausrig. Zurück kam ein LOL. „Lough out loud“, wie Google bekennt, ein lautes Lachen also. Mann, ist das ein freundliches Kerlchen! So nett hab ich mich schon lange nicht mehr unterhalten. Da mir aus lauter Freude nichts Besseres einfiel, schickte ich ein :-), erhielt postwendend ein :-)) zurück, und so grinsten wir uns eine ganze Weile lang schweigend an. Körpersprache sagt doch mehr als tausend Worte.

Nach endlosen, schmachtenden :-) Austauschen dann die Katastrophe! Aus Versehen tippte ich ein :-b. Schwupps, schon war es draußen. Hektisch Kamerad Google konsultiert, der mir verriet, dass ich meinem elektronischen Gegenüber gerade elektronisch die Zunge rausgestreckt hatte. Die Antwort will ich jetzt lieber unübersetzt lassen, denn das prompte F*U war der Grund für das jähe Ende dieser so vielversprechend begonnenen SMS-Romanze – und obwohl sie ohnehin nur erfunden war, tut mir das unendlich leid. Nun aber verstehe ich die allerorts so eifrig ins Handy tippenden Jugendlichen: In unserer kalten, geld- und erfolgsorientierten Welt sehnen auch sie sich nach mehr Gefühl. Oder zumindest nach einem Grund für ein kräftiges LOL! ;-)