„Online-Unterricht ist gut, aber…“

Gespräch mit Maria Reiz, Direktorin des Johann-Ettinger-Lyzeums, über den Unterricht während der Pandemie

Online-Unterricht ist gut, aber die Kinder brauchen auch direkten Kontakt miteinander, meint Direktorin Maria Reiz.

Maria Reiz, Direktorin des Johann-Ettinger-Lyzeums. | Foto: die Verfasserin

Vom März vergangenen Jahres bis zum Ende des ersten Semesters des Schuljahres 2020/21 im Januar verlief der Unterricht für die Schülerinnen und Schüler des Johann-Ettinger-Lyzeums in Sathmar/Satu Mare überwiegend online. Zu Anfang des neuen Schuljahres gab es eine kurze Unterbrechung mit Präsenzunterricht, die aber nur ein paar Wochen lang dauerte. Über den Online-Unterricht während der Pandemie bzw. die Auswirkungen dieser Periode auf die Lehrkräfte, Schüler und ihre Eltern sprach Gabriela Rist mit Maria Reiz, Direktorin des Johann-Ettinger-Lyzeums.

Wie verlief der Online-Unterricht im Ettinger-Lyzeum? Wie konnte diese Zeit von den Lehrkräften und den Schülern gemeistert werden?
Die neue Unterrichtsform traf uns im März alle überraschend. Wir haben versucht, den Kollegen zu helfen, die Informatiklehrerinnen gaben den Kollegen Anleitungen zur Online-Bildung. 
Im April wechselten wir alle auf die Plattform „Classroom“. Dabei haben wir von Robert Elek, dem stellvertretenden Schulleiter, viel Unterstützung bekommen, denn er hat die Plattform eingerichtet und kümmert sich seitdem regelmäßig um sie. Falls es irgendwelche Probleme gibt, hilft er gerne sowohl den Kindern als auch den Lehrern.

Funktioniert diese Plattform also gut?
Ja, die Lehrer können die Hausaufgaben der Kinder überprüfen. Sogar die jüngeren Kinder können inzwischen ihre Hausaufgaben auf die Plattform online hochladen. Vielleicht haben ihnen am Anfang die Eltern geholfen, aber mit der Zeit kennen sie sich auch gut aus. 

Oft hört man Klagen über die Nachteile des Online-Unterrichts. Hat er auch Vorteile? 
In dieser Zeit mussten die Kollegen mit Hilfe von Online-Schulungen beispielsweise mehr über die Verwendung von Computerprogrammen lernen. Und natürlich gibt es Fächer, z.B. Physik oder Biologie, wo der Lehrer mit einem Knopfdruck zeigen kann, wie zum Beispiel das Herz funktioniert, oder er kann ein Experiment aus der Physik vorstellen. Es gibt also Dinge, die viel schneller funktionieren. Und zum Beispiel im Geografie-Unterricht dauert es nur einen Moment, Städte auf einer Karte zu zeigen, das Kind kann das sehen und Verbindungen zwischen Städten und Ländern begreifen. 
Es gibt natürlich Themen, die den Kindern schwierig online beizubringen sind, insbesondere für die Grundschullehrerinnen. Ich denke, dass ein Kind das Schreiben zu lehren nur dann möglich ist, wenn das Kind neben der Lehrerin sitzt, die seine Hand führt und ihm zeigt, wie man einen Buchstaben schreibt.Diese Zeit war schwer für die Kinder, die keinen Laptop oder kein Tablet hatten. Unsere Schule musste diesbezüglich aber weder vom Schulinspektorat noch vom Bürgermeisteramt Hilfe verlangen: Wir haben zwölf Tablets, und davon haben wir insgesamt acht Stück Schülern gegeben, die diese benötigten. 
Auch den Lehrern gaben wir Laptops, falls sie keinen hatten, denn es gibt Familien, in denen beide Eltern unterrichten. Außerdem haben wir für jeden Lehrer des Lyzeums ein Grafiktablett gekauft, das sie an den Laptop anschließen können.

Wie funktionierte der Kontakt zu den Eltern?
Es gab Online-Elterngespräche. Die meisten Eltern warteten da-rauf, dass ihre Kinder zur Schule zurückkehren. Sie sind der gleichen Meinung wie wir, dass die eigentliche Bildung in der Schule stattfindet. Das ist es, was wir wirklich wollen. Kürzlich haben wir jede Klasse mit Videoprojektoren und Laptops ausgestattet, denn auch wenn es keine Online-Schule gibt, können wir diese technischen Mitteln benutzen. Die Grundschulklassen wurden schon früher ausgestattet. Vom Bürgermeisteramt erwarten wir neue Laptops, damit wir die älteren durch leistungsfähigere ersetzen können, und wir möchten sie auch für die Grundschullehrer bereitstellen, da diese bisher ihre eigenen Laptops verwendet haben.

Wie konnte dieses Jahr trotz der Corona-Pandemie die Sprachdiplomprüfung veranstaltet werden?
Es traten heuer fast 50 Schüler aus dem Johann-Ettinger-Lyzeum an, aber auch aus den Nationalkollegs Kölcsey Ferenc und Doamna Stanca gab es Kandidaten. Wir haben versucht, dieses Jahr die Prüfung außerhalb der Schule zu organisieren. Das Bürgermeisteramt stellte uns einen großen Raum im Haus der Handwerker zur Verfügung und das Deutsche Forum den Wendelin-Fuhrmann-Saal im Schwabenhaus, so dass die Kandidaten in zwei Gruppen aufgeteilt werden konnten. Wir haben beim Kreisschulinspektorat einen Antrag gestellt und darauf die Antwort bekommen, dass die Prüfung veranstaltet werden kann, falls es das das Notfallkomitee erlaubt. Wir erhielten eine positive Antwort sowohl vom Komitee als auch von der Präfektur. 
Letztendlich wurde alles von der neuen Gastlehrerin aus Deutschland und den Deutschlehrern des Lyzeums sehr gut organisiert. Die Tontechnik sicherten Robert Elek, der stellvertretender Schuldirektor und der Musiklehrer Zsolt Kuki. Niemand wurde krank, die Hygiene- und Distanzregeln wurden beachtet.

Wie können unter den gegebenen Umständen die Achtklässler und die Schüler der zwölften Klassen für die Prüfung vorbereitet werden?
Die Termine der Prüfungen sind bekannt. Es ist nicht einfach – ich hoffe, dass die Achtklässler und die Zwölftklässler im zweiten Semester regelmäßige Vorbereitungen mit physischer Präsenz in der Schule haben dürfen, auch wenn sie nur abwechselnd zur Schule gehen können, wie das im vergangenen Schuljahr passierte, als die Schüler in Gruppen mit je fünfzehn Personen aufgeteilt wurden. 

Was unternahm die Schule für die Kinder, die keine Internetverbindung hatten und deshalb an dem Online-Unterricht nicht teilnehmen konnten?
Das Kreisschulinspektorat hat eine Website für Kinder, die nicht an Online-Kursen teilnehmen können. Für jede Klassenstufe bereitet ein Lehrer pro Woche den Lehrstoff vor. In den Dörfern, in denen es keine Möglichkeit für Online-Bildung gibt, wird dieses Material fotokopiert und an die Kinder weitergegeben. Für die 9. Klasse bereite ich zum Beispiel das Material auf Kreisebene für Mathematik auf mittlerem Niveau vor, damit alle Kinder das verstehen und damit arbeiten können.

Wie konnten die EU-Projekte des Lyzeums fortgesetzt werden?
Die EU-Projekte wurden in Form von virtuellen Meetings fortgesetzt. Es gab bereits Treffen: Zum Beispiel trafen sich im Rahmen des Projektes „Better professional life“, das im Dezember beendet wurde, die Schüler eine Woche lang jeden Tag online mit Schülern ihrer Partnerschulen aus Polen, Litauen, der Türkei und Italien. Jedes Land hat ein Thema entwickelt. Außerdem haben die Kinder gelernt, wie man eine Webseite gestalten kann. 
Online konnten viel mehr Kinder an den Treffen teilnehmen, aus dem Ettinger-Lyzeum nahmen 38 Kinder teil. Sie haben das sehr genossen, sie haben begeistert mitgearbeitet und waren sehr aktiv. Das virtuelle Treffen des nächsten Projekts findet Ende Februar statt. 

Warum ist es wichtig, dass die Kinder zum Präsenzunterricht in die Schule zurückkehren, wenn sie online auch ziemlich gut zurechtgekommen sind?
Vor allem gibt es einen großen Mangel an menschlichen Kontakten, an Sozialisation, die insbesondere für jüngeren Kinder, aber auch für ältere Kinder sehr wichtig wäre.

Vielen Dank für das Gespräch!