Wir sind eine Gruppe von Forschern der Geschichte des Holocaust sowie von Intellektuellen, die sich mit der Erforschung der beiden Totalitarismen beschäftigen. Einige von uns haben Jahre ihres Lebens mit Archivuntersuchungen zu verschiedenen Aspekten dieses komplexen Themas verbracht. Zudem waren einige von uns Mitglieder der Internationalen Kommission, „Elie Wiesel“, zur Erforschung des Holocaust in Rumänien. Wir waren überrascht, als wir Anfang Juni von der Veranstaltung erfuhren, an der Sie teilgenommen haben, und insbesondere von der Präsentation, die Sie über Kardinal Iuliu Hossu am Vatikan gehalten haben.
Laut Pressemitteilungen wurde bei der Gedenkveranstaltung behauptet, Iuliu Hossu habe Tausende von Juden gerettet. Sie hätten bestätigt, dass er in der griechisch-katholischen Kathedrale in Klausenburg/Cluj-Napoca Juden versteckt habe, die deportiert werden sollten. Er soll die Gläubigen aufgefordert haben, „die Juden zu schützen, die nach Auschwitz geschickt werden sollten, um dort Qualen und Tod zu erleiden“.
Leider wird keine dieser Informationen durch dokumentarische, übereinstimmende, über subjektive Vermutungen hinausgehende Beweise gestützt. Wir sind der Ansicht, dass auch geschichtliche Wohltaten auf glaubwürdigen und überprüfbaren Quellen basieren müssen. Die Persönlichkeit, das zivile Opfer und das historische Bild von Iuliu Hossu bedürfen derartiger Ergänzungen nicht. Der Kardinal selbst hat solche Rettungsaktionen nicht für sich beansprucht, soweit wir wissen.
Die Unterzeichner dieses offenen Briefes sowie Kollegen, mit denen wir uns beraten haben, konnten trotz langjähriger Forschungen keine kohärenten und soliden Beweise finden, die Rettungsaktionen des hohen Prälaten belegen. Es wurden die relevanten Archive zum Thema untersucht: das Yad Vashem-Archiv, das Archiv des Holocaust-Museums in Washington (US Holocaust Memorial Museum), das CNSAS-Archiv und die ungarischen Archive. Keines dieser Archive enthält eindeutige und übereinstimmende Beweise für eine mögliche Rettung von Tausenden von Menschen.
Die Ausschmückung der Geschichte mit blumigen Details, die nicht durch fundierte dokumentarische Beweise gestützt sind, überschreitet eine rote Linie. In einem so wichtigen Thema sollten alle Behauptungen stets auf relevanten, vielfältigen und übereinstimmenden Beweisen basieren.
Solche Vorgehensweisen trivialisieren die Schwere der Wahrheit über den Holocaust und stellen zugleich eine Beleidigung der Opfer des Holocaust dar. Darüber hinaus banalisiert dies die tatsächlichen Taten der Gerechten unter den Völkern.
Um jeglichen Verdacht auszuräumen, bitten wir Sie darum, alle Dokumente zu veröffentlichen, auf deren Grundlage Sie behaupten, Bischof Iuliu Hossu habe Tausende von Juden gerettet.
Datum: 10. Juni 2025
Liviu Rotman, Alexandru Florian, Mihai Demetriade, William Totok, Norman Manea, Dennis Deletant, Zoltán Tibori-Szabó, Liviu Antonesei, Gido Attila, Adina Babeș-Fruchter, Ciprian Necula, Raphael Vago, Cristian Pîrvulescu, Ana Bărbulescu, Ionuț Biliuță, Dinu Adam, Lucian Năstasă, Alexandru Bulucz, Marius Cazan, Valentin Cernat, Eugenia Mihalcea, Emanuel Copilaș, Andrei Cornea, Teodora Dumitru, Lou Ghelerter, Mariana Hausleitner, Georg Herbstritt, Hans-Christian Maner, Adina Marincea, Petre Matei, Katia Pascariu, Ovidiu Pop, M²riuca Stanciu, Călin Vlase
Die Übersetzung stammt von Alexandru Bulucz, einem Mitunterzeichner des Briefes, und wurde bei Facebook veröffentlicht. Die rumänische Originalversionwurde hier publiziert: halbjahresschrift.blogspot.com/2025/01/news-2025.html. Im Laufe des Tages haben mehrere rumänische Publikationen den Brief vorgestellt, kommentiert und veröffentlicht.