Randbemerkungen: Vergeudung nach Gießkannenprinzip

Es gibt nichts Schlimmeres für die „durch Wahlen inthronisierten Halbgötter, für die sie sich halten“ (der Reschitzaer Bürgermeister Ioan Popa über die Abgeordneten und Senatoren), als wenn sie gezwungen sind, unpopuläre Maßnahmen zu ergreifen. Wenn’s noch in einem Vorjahr anstehender Superwahlen ist, sind Entscheidungshemmungen vorprogrammiert – komme was da wolle, meckere die EU, was sie so rummeckern kann! Echte Halbgötter teilen mit vollen Händen aus – siehe Premier Ciolacu in den ersten Wochen seines Mandats, als ob er den Boden des Staatssäckels sichten wollte!... – geht es doch um öffentliche Gelder, nicht um ihre eigenen Konten. Sie erwarten ja nichts als den großen DANK als Retourkutsche: Wählerstimmen.

Geht es aber ums Sparen, um Reformen – ziemlich egal welcher Natur! – dann verzwergen die Politiker Rumäniens plötzlich, werden zu den funktionalen politischen Analphabeten, die sie in Wirklichkeit sind, legen ihre Unfähigkeit offen.

Der heutige Zustand Rumäniens, mit einem sich abzeichnenden Haushaltsdefizit von bis zu sieben Prozent, war aber schon frühzeitig zu erkennen – will sagen, Zeit zum Überlegen, zum Stoppen des Desasters, zum Ausbremsen der Katastrophe wäre ausreichend zur Verfügung gewesen. Und wenn diese Politiker nicht auf ihre Berater oder auf die öffentlichen Warner hörten, sie hätten die Stimme der EU vernehmen können oder müssen. Bereits im April 2020 hat die EU-Kommission Rumänien als Land mit „exzessivem Haushaltsdefizit“ eingestuft – was selbstverständlich entsprechende Warnprozedere der EU zur Folge hatte. Die Halbgötter taten die Warnungen ab: das überbordende Haushaltsdefizit sei eine Folge der Pandemie – und das in allen EU-Ländern das Gleiche. Das stimmte sogar ein bisserl, nur: nicht alle Länder starteten mit ihren pandemiegedingten überhöhten Ausgaben vom selben – niederen – Einkommensniveau wie Rumänien.  Mussten also nicht bald zu Staatsanleihen im In- und Ausland greifen. Wie Rumänien. Trotz großzügiger finanzieller Aufpäppelspritzen von der EU. Das Haushaltsdefizit lag schon 2019 bei 4,9 Prozent des BIP. Und war nicht nur mit Pandemie zu entschuldigen…

Schon zwei Jahre früher hat sich keine Regierung mehr bemüht, der Haushaltsvergeudung mit Populismuszielen Zügel anzulegen. Damals galt noch die zweifelhafte These, eine Befeuerung des Konsums brächte Wirtschafts-, also auch Einkommensaufschwung. Damals vergrößerte man zusätzlich die Postenschwemme im Staatssektor, ließ das Handelsdefizit ausufern durch Importeuphorie und lebte zunehmend auf Pump. Zudem stieg die Zahl der Rentner weiter, parallel zur hochstrebenden Kurve der Beamtenlöhne. Bald wusste keiner mehr genau, wie viele Staatsagenturen es in Rumänien gab… Die Reformversprechen der Wahlperiode 2020 wurden rasch – und absichtlich – vergessen. 

Die vier Jahre ohne Wahlen – DIE Reformchance – sind bald um. Die höchste Eisenbahn für einen Kurs-Schwenk wurde verpasst. Entschuldigungen gibt es. Sogar glaubhafte. Nur: wem nutzen sie? Ändern sie was? Pandemie, Krieg in der Ukraine, Energiekrise, Inflation sind Reformhemmer. Doch Kunst und Handwerk des Regierens bestehen im Trotzdem-Machen. Wer von den Halbgöttern des Bukarester Regierungsparadieses beherrscht sie? Offensichtlich keiner! Denn trotz ganz derselben Reformhemmer haben andere EU-Staaten ihren Haushalt unter Kontrolle. Und sich nicht überschuldet. 12 EU-Staaten halten ihr Haushaltsdefizit unter drei Prozent. Rumänien stand zur selben Zeit, Ende 2022, bei minus 6,2 Prozent des BIP.

Das (von Kennern der Materie angezweifelte) Reformpaket, das die Regierungskoalition unter mächtiger Lärmentwicklung hervorgemurkst hat, muss nun seine reale Effizienz beweisen. Ohne die Wirtschaft zu arg zu rupfen, ohne den Staatssektor im Vorwahljahr auszuschüttern.

Ob Brüssel sich mit so Schäbigem zufriedengibt?