Randbemerkungen: Vom Einlullen mit der Fahne

Gerade der, den Rumäniens Hurrapatrioten liebend gern aufs Schild heben, wenn es gilt, ihre Vaterlandsliebe, ihre Erd- und Landgebundenheit (auch wenn sie im Ausland sind!...), ihre „tiefverwurzelte“ Liebe zu Heimat und Leuten von hier (und nur von hier, alle anderen werden kategorisch ausgeschlossen) hinauszubrüllen, gerade der schrieb mal als Journalist im „Timpul“, 1881: „Sämtliche Ernennungen auf Posten werden nicht aufgrund von Meriten gemacht. Getätigt werden sie, wie die Abgeordneten es befehlen. Und ihrerseits hängen diese ab von den Komitees der Berufspolitiker, die sich in jedem Verwaltungszentrum gebildet haben. Diese Komitees verteilen alles unter sich, innerhalb ihrer Familie. Sie schaffen aus dem Geld der Landeskreise Stipendien für die Kinder der ‚Patrioten‘, die damit ins Ausland geschickt werden, um die Quadersteine im Katzenkopfpflaster zu zählen. Sie entscheiden, dass in den Landeskreisen Straßen hergerichtet werden dort, wo die ‚Patrioten‘ ein Fleckchen Gutsbesitz haben. Alles demgemäß, dass der Nutzen der gesamten Arbeit der Öffentlichkeit, entweder in Form von Steuern und Gebühren, oder in Form von physischem Beitrag, direkt oder indirekt, verschwindet in den Taschen des einen oder anderen ‚Patrioten‘.“ 
Der Kroate Josip Margeta hat denselben Inhalt prägnanter zusammengefasst: „Freu dich, liebstes Vaterland, denn es berauben dich die Patrioten, nicht irgendwelche Tunichtgute!“ Und der unübertreffliche Mark Twain: „Patriot: Diejenige Person, die am lautesten brüllt, ohne zu wissen, was.“

Derlei musste ich denken, als ich die TV-Aktionen und -Reaktionen des auf der öffentlichen Abschussliste stehenden Voluntari-Duos der sinkenden PSD-Sterne Gabriela Firea-Pandele (die Möchtegern-Präsidentin zusätzlich mit schrillen Tonarten orthodoxen Gläubigkeitskreischens) und Florentin Pandele auf den käuflichen Kommerzsendern des rumänischen Kabelfernsehens sah. Oder wenn ich vom Dauer-Mauern der zur Mehrheit gewordenen Opposition im Kreisrat Karasch-Severin berichtete. Am effektvollsten hat Umberto Eco diese Haltung des demagogisch eingesetzten Patriotismus, der schnurstracks zum Illiberalismus eines Viktor Orbán führt, definiert: „(Samuel Johnson) sagte, dass der Patriotismus der letzte Unterschlupf jeder Kanaille ist. Wem die moralischen Prinzipien fehlen, der hüllt sich in der Regel in eine Fahne. Bastarde appellieren immer an die Reinheit ihrer Abstammung.“
Man kann den immer klarer sichtbaren Rechtsruck in Rumänien auch auf das Scheitern des Obersten Außenpolitikers Rumäniens, des Präsidenten, in der Frage des Schengen-Beitritts Rumäniens zurückführen. Soziologen und politische Kommentatoren sind sich einig: Das Scheitern des Aufnahmeantrags zum Schengen-Raum habe zu „einem leisen Desaster mit tiefgreifenden politischen Folgen“ geführt – die wir bei den EU-Wahlen 2024 als Schock erleben werden.

Die chronische Ineffizienz der PNL-Regierung, das absurde Agieren des durch (folgenloses) Plagiat moralisch ohnehin kompromittierten Innenministers, die offensichtliche Hilfslosigkeit des Präsidenten, die tapsige Kommunikation zum Thema – all das bewirkte, dass alte Verdachtsmomente („Europa will uns nicht!“) und urnationalistische Frustrationen aus dem 19. Jahrhundert („die Rumänen sind nie als gleichberechtigte Europäer betrachtet und behandelt worden“) Oberwasser bekamen. Die Folge: Die Nationalisten von AUR stehen in der Sonntagsfrage auf Rang 2. Aus Erfahrung wissend, wie skrupellos die rangerste PSD in ihrer Machtgeilheit ist, darf man dreimal raten, wer die künftige Regierung stellen könnte… Auf nichts von alldem, nicht aufs Schengen-Scheitern, nicht aufs Hochkommen der rechtsradikalen Rüpel, ist die Bevölkerung vorbereitet worden. Einmal mehr ist sie behandelt worden wie von H. Heine ironisch definiert: als einzulullender „großer Lümmel“.