Randbemerkungen: Zwischen Caligula und Nero


Die Welt muss vier Jahre Trump-Launenherrschaft möglichst ohne Weltbrand überstehen. Das steht fest. Momentan gaukelt der Greis noch Vitalität vor. Der verurteilte Gesetzesbrecher bekommt alle Mittel in die Hand, die noch gegen ihn laufenden Prozesse über das ihm künftig unterstellte Justizministerium zu stoppen. Interessenskonflikt? Nach US-Ermessen und -Rechtsverständnis: no! Die USA und die Welt werden es vier Jahre lang mit einem Unberechenbaren zu tun haben, der zwischen Caligula und Nero anzusiedeln wäre – inklusive all deren positiven Seiten (hoffentlich)…

Es ist zu simpel, Trumps überwältigenden Wahlsieg – mit Volksvotum, nicht nur als Elektorenübermacht, wie 2016 – abzutun mittels Antwortfrage von Juan Williams, dem Politik-Kommentator und Ex-CNN-Speaker: „Wie könnte man überhaupt eine farbige Frau zur Präsidentin machen?“

Grundsätzlich fußt Münchhausen Trumps Wahlerfolg auf seinen einer Erwartungshaltung entgegenkommenden Versprechungen, auf einem (von Trump tatkräftig (ver-)tief(t)en Unzufriedenheitsriss in der US-Gesellschaft, auf dem effektiven Bildungsmangel und der offenen und keine Fragen stellenden Begeisterungsbereitschaft einer Anhängermasse, die „Brot und Spiele“ des Gauklers Trump jedem rationalen Argument vorzieht, auf der Cowboy-Macho-Haltung der Durchschnittsamerikaner, die durch Hollywood-Filme, nicht durch Schulen, gebildet sind.
Laut Umfragen beim Verlassen der Wahllokale spielte die Wirtschaft bei der Wahl die entscheidende Geige. Nicht Finanzmechanismen und Wirtschaftsstrategien amerikanischer Ökonomie-Nobelpreisträger, sondern die „Grasebene“: Preis des Benzins, Steuerlast der Privaten, Preis der Lebensmittel und Konsumgüter – alles, was den Alltag belastet. Da hatten die Durchschnittsamerikaner auch den Vergleich mit der ersten „Trump-Herrschaft“, mit Steuersenkungen, mit einem gewissen Wohlstand. Bidens Inflationszeit knabberte diesen Wohlstand entnervend an. Außenpolitik und Trumps großspurig gebabbelter Blödsinn über den Russenüberfall auf die Ukraine, Putin-Freundschaft, Nahostkrieg Israels oder die NATO interessieren den US-Durchschnittswähler kaum – der hält Nabelschau. Hingegen erzittert die Welt vor Trumps angekündigten Einfuhrzöllen, mit denen er Einkommensausfälle durch Steuerentlastung kompensieren will. Das betrifft auch den von Trump selbst neu ausgehandelten NAFTA-Vertrag, in dessen Folge der US-Markt mit billigen mexikanischen Produkten geflutet wurde. Trump will ihn kündigen – und trifft auch Kanada.

Trumps Meinung zur Migrationsfrage, der zweitwichtigsten Entscheidungsschwelle der US-Wähler, für die Amerikas Münchhausen - ausnahmsweise mit Argumenten – die Biden-Harris-Administration verantwortlich macht, wurde in den betroffenen Staaten zu einem Hauptargument. Nicht das Kommen der Migranten an sich stört, sondern die Soziallast, die sie für den Bundes- und Staatenhaushalt darstellen, indem sie die Geschenkbereitschaft der US-Gesetze ausnutzen. Statt Arbeitsplätze zu suchen. Medial und politisch schwieg man darüber.
Trumps Sieg wurde auch durch die Fehlerkette der Demokraten, vor allem Joe Bidens, begünstigt. Viel zu spät hatte der seine Kandidaturoption weitergegeben an Kamala Harris. Bidens Fernsehduell gegen Trump (dem selber Kohärenz des Diskurses fehlt, der aber gegenüber Biden strahlte) färbte auf die Demokraten ab, auch auf Harris. Umsonst redete sie Trump mit dem Rücken an die Wand, im TV-Duell. Harris, ohne innerparteiliche Legitimierung durch Vorwahlprozesse, erwies sich als ziemlich mittelmässig und substanzlos – in einem Wahlkampf, der keine Substanz, aber Zielwerbung in Richtung allesentscheidender Durchschnittswähler erfordert hätte.

Nun kommt ein professioneller egozentrischer Feilscher ins Weiße Haus, der auf Profit (a) für sich und (b) für Amerika aus ist. Darauf muss sich die Welt erst mal einstellen.