Von den zwei Ds

Gnadenlose Ausschaltung aller Spieler, die gegen die „Parteilinie“ handeln

Foto: sxc.hu

Inzwischen hat Frau Sulfina Barbu, eine treue, fleißige, weniger umstrittene, loyale (und dafür zu belohnende) Figur der Demokrat-Liberalen, vor Präsident Băsescu den Eid als neue Ministerin für Arbeit, Familie und Sozialschutz abgelegt. In den Kulissen der innenpolitischen Bühne wird aber weiterhin gemunkelt über die plötzliche und gnadenlose Blitzentlassung des für manchen Parteigenossen zu redseligen Sebastian Lăzăroiu. Umso mehr, da die Abberufung eines Kabinettsmitglieds bekanntlich nicht zu den beliebten „Strafmaßnahmen“ des Regierungschefs Emil Boc gehört. Er hat das nur noch einmal getan, im September 2009, im Falle des sozialdemokratischen  Innenministers Dan Nica.

Vor der Presse begründete Premier Boc seinen Entschluss durch die Notwendigkeit, an der Spitze dieses besonders anspruchsvollen Ministeriums einen zu jeder Zeit einsatzbereiten Mann zu haben und nicht einen, der sich eher auf die Verbesserung seines „Images auf Kosten der Partei, die ihn unterstützt“ konzentriert.
Was war der Auslöser der Unzufriedenheit und Verärgerung? In einem Interview für die Zeitung „Gândul“ hatte Lăzăroiu unlängst erklärt, sich in eine langfristig chancenlose Partei wie die PDL heute nicht einschreiben zu wollen, sondern vielmehr in ein politisches Vehikel mit einer viel breiteren zentrumsrechten Basis.

Ob es sich dabei um die vom Soziologen öfters erwähnte „Schneewittchen-Partei“ handelt, um die inmitten mehrerer Konspirationstheorien stehende „Volksbewegung“, die er betreuen sollte, oder einfach um die spontane, unüberlegte Aussage eines sich als unabhängig betrachtenden Soldaten? Wer weiß, fest steht nur, dass die Äußerung selbst mehrere PDL-Anhänger störte, was verständlich ist. Eine Partei öffentlich zu kritisieren, die man als Minister vertreten müsste, ist auch für die einheimische Politik zu viel. Das betonte auch der Staatspräsident. Diesen Standpunkt der Disziplin vertraten mehrere Demokratliberalen und Regierungspartner, darunter PDL-Generalsekretär Ioan Oltean, Vizepräsident und Pressesprecher Sever Voinescu, Sorin Frunzăverde, Vorsitzender des Kreisrats Karasch-Severin, Kulturminister und UDMR-Chef Kelemen Hunor.

Erster Parteivizepräsident und Außenminister Teodor Baconschi sprach sich – diplomatisch, wie sonst? – für das Recht des Regierungschefs aus, über das Kommen und Gehen seiner Minister zu entscheiden, befürwortete aber sowohl die von Lăzăroiu erwähnte Basiserweiterung einer politischen zentrumsrechten Partei als auch die Bedeutung der demokratischen Meinungsvielfalt und nicht minder der Disziplin. Er bezog sich dabei auf die äußerst pointierte Aussage von Radu Berceanu, ein prominenter Vertreter der früheren PD, über die zwei Ds, Demokratie und Disziplin, über die gnadenlose Beseitigung aller Spieler, die gegen die „Parteilinie“ handeln. Politiker und Politologen interpretieren diese harte Attacke als eine Revanche der alte Garde, die Sebastian Lăzăroiu von Anfang an als Arbeitsminister nicht akzeptierte.

Die zwei Ds scheinen dieser Tage nicht nur die PDL zu beschäftigen. Sie stehen auch auf der internen Tagesordnung des Sozial-Liberalen Oppositionsbündnisses. Für Zwistigkeiten sorgt vor allem der konservative Verbandszwerg des umstrittenen Dan Voiculescu, der – in erster Linie – den Verbandsriesen PSD bekriegt wegen der Nominierungen von USL-Kandidaten für die Kommunalwahlen 2012. Die Konservativen wollen keinesfalls auf die Kandidatur ihrer Tudor Ciuhodaru in Jassy/Iaşi und Constantin Popescu Piedone (absolut chancenlos gegen den von der USL für ein zweites Mandat ,,als Partner“ unterstützten parteifreien Oberbürgermeister Sorin Oprescu) in Bukarest verzichten. Sie meldeten bereits ihre Absicht an, das lokale Wahlrennen vom Verband getrennt anzugehen.

Mit dem demokratisch bestimmten Paritäts- und/oder Beste-Chance-Prinzip scheint es auch zwischen den Sozialdemokraten und Nationalliberalen zu hapern; der Disziplin sollten sich die PSD und die PNL auch in Buzău und in Prahova fügen, wo Nichtnominierte noch rebellieren.

Jetzt, wo das Oberste Gericht die politische Bühne in Rumänien mit einer exotischen Medienpartei „des Volkes“ sozusagen bereichert hat, ist sowieso eine interessante Neuverteilung von Stimmen zu erwarten. OTV-Besitzer und Obermoderator Dan Diaconescu wird es bestimmt verstehen, seinen Sender zweckmäßig und seinen „Charme“ aggressiv einzusetzen, um treue Skandalamateure in Wähler zu wandeln. Für die 30  angekündigten Prozent wird es nicht reichen, besorgniserregend sind aber auch die von Meinungsforschungsinstituten bereits registrierten acht bis zehn Prozent.
Anscheinend hat die heimische Politik also noch mehr Sorgen als die Einhaltung der zwei Ds. Was soll’s? Das Leben geht weiter, so der unlängst entlassene Sebastian Lăzăroiu.