WORT ZUM SONNTAG: Ein Jubelsonntag für die ganze Welt

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

die evangelische Kirche lädt am kommenden Sonntag zum Jubel über Gottes Schöpfung, besonders der Neuschöpfung ein. Verweilen wir jedoch einen Augenblick bei unserer guten, alten Schöpfung. Die Natur – nehmen wir sie wirklich wahr? Oder sind wir dafür unsensibel? Vielleicht abgestumpft durch Geschäftigkeit und das tägliche Einerlei? Können wir uns an einem schönen Frühlingstag über die Sonne, eine Blume, einen singenden Vogel wirklich freuen oder erinnern wir uns unserer Geschöpflichkeit erst schmerzlich dann, wenn wir uns zerstörerischen Kräften ausgesetzt sehen, wenn z. B. Krankheit uns zusetzt?

Es fällt auf, dass über den sechsten Schöpfungstag (1 Mose 1) mehr erzählt wird, als über die übrigen Tage. Nicht, weil Gott an diesem Tag besonders viel zu tun gehabt hätte, wohl aber, weil es hier um die Erschaffung des Menschen geht. Der aber steht nicht allein da, auch nicht am sechsten Schöpfungstag, denn dieser gilt nicht allein dem Menschen. Sondern am gleichen Tag schuf Gott „Vieh, Gewürm und Tiere des Feldes, ein jedes nach seiner Art“. Der Mensch gehört dazu, er wurde am gleichen Tag erschaffen. „Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ – das steht am Ende nicht nur des sechsten Schöpfungstages, sondern der gesamten Schöpfung. Können wir uns freuen an der Schöpfung, die Gott „sehr gut“ gemacht hat? Können wir uns freuen trotz aller Bedrohung, der die Schöpfung und wir selbst in unserer Existenz ausgesetzt sind? Ja, wir können und sollen uns freuen – nicht zuletzt, weil wir mit Haut und Haar, mit Leib und Seele dazugehören zu dieser guten Schöpfung Gottes.

„Was aber“, werden Sie nun vielleicht fragen, „unterscheidet den Menschen vom Tier?“ Nicht selten fällt es uns schwer, Zweibeiner von Vier- oder Tausendfüßern zu unterscheiden, auch scheint es kein Zufall zu sein, dass wir uns Ebenbürtige, aber nicht Gleichgesinnte bisweilen mit Tiernamen betiteln. Keinen grundsätzlichen Sonderstatus genießen wir Menschen in der Schöpfung. Und doch gibt es einen Unterschied. Der heißt: Verantwortung. Der Mensch hat sich vor Gott zu verantworten, denn „Gott schuf ... (ihn) zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn.“ Das bedeutet: Der Mensch ist darauf hin angelegt und dazu bestimmt, zu antworten auf das schöpferische Wort Gottes. In Wort und Tat, in Haltung und Leben soll er Antwort geben und Antwort sein auf Gottes Wort, durch das eine gute Welt erschaffen wurde, natürlich nicht nur als irdische, sondern als ganze eine Welt: irdisch und himmlisch.

Gott will, dass wir uns freuen an der himmlisch irdischen Welt: Wie schön sie sein kann, gerade jetzt im Frühjahr. Gott will, dass wir uns freuen an der irdisch himmlischen Welt. Nein, sie ist nicht jenseits, die himmlische Welt. Sie ist für hier und jetzt zugesagt; verborgen zwar, ausgesetzt dem Zwielicht und dem Zweifel, aber zugesagt. Und seit 2000 Jahren bezeugen Christen ununterbrochen und millionenfach: Wir finden uns mit unserer Glaubenserfahrung wieder in dieser Zusage, die unterschiedlich bezeugt wird. Zum Beispiel: „Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“. Neuschöpfung also, Schöpfung, die nicht altert und vergeht. Zwar ist die Vergänglichkeit eine Realität. Zugleich aber wird „eine neue Kreatur“ im Glauben erfahrbar, Frucht göttlicher Liebe, die jenseits aller Vergänglichkeit Hoffnung schenkt, Zuversicht und allen Grund zum Jubel. „In Christus“, wird es uns immer und immer wieder bezeugt, in ihm und an ihm erreicht uns dieses wunderbare Neue. Der Evangelist Johannes schreibt von ihm: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns und wir sahen seine Herrlichkeit...“. Dieses „Sehen“ der Herrlichkeit Gottes in Christus nennt der erste Johannes-Brief „glauben“ und erläutert es wie nirgend sonst in der Bibel mit „Liebe“. Wir verantworten die uns geschenkte Liebe Gottes: ihm gegenüber, unserem Nächsten und der gesamten Schöpfung gegenüber.