„Der Heilige Geist und wir haben beschlossen“, so beginnt ein Satz in der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte. Lassen wir mal außer Acht, wer diesen Satz in der Lesung sagt und auch, wie er weitergeht. In dieser Aussage steckt etwas höchst Gefährliches und es ist erschreckend aktuell. Seit einigen Jahren gibt es zunehmend Prediger und auch Predigerinnen, die vorgeben, ganz genau zu wissen, wie Christsein aussehen muss, was Gott will und dass der Heilige Geist durch sie zu den Menschen spricht. Viele davon gehören zu evangelikalen Kreisen, die vor allem in den USA großen Einfluss haben.
Selbsternannte Prophetinnen und Propheten gibt es aber auch im Bereich der katholischen Kirche und vieles, was heute unter missionarischem Anspruch passiert, geschieht konfessionsübergreifend. Knapp zusammengefasst lautet deren Botschaft: „Du kannst nur gerettet werden, wenn du dich persönlich zu Jesus Christus bekehrst. Du wirst vor dem Gericht Gottes nur Gnade finden, wenn du glaubst, dass er für deine Sünden gestorben ist. Wer nicht daran glaubt, ist auf ewig verdammt. Notwendig ist ein Moment in deinem Leben, in dem du dich bedingungslos zu Jesus bekehrst, die Bibel wörtlich nimmst und im Zweifel deinen Verstand ausschaltest.“ Eine solche Botschaft ist dualistisch, sie teilt die Menschen und die ganze Welt ein in „gut und gerettet“ und „böse und verdammt“. In den USA unterstützen diese Menschen, die sich Christen nennen, Donald Trump. Vor allem seit Donald Trump das Attentat überlebt hat, bildet er sich ein, ein gottgesandter Retter der USA zu sein, und hat ein Glaubensbüro eingerichtet mit der evangelikalen Multimillionärin Paula White an der Spitze. In Deutschland ist man gut beraten, ganz genau hinzusehen, was angeblich christliche Influencer verkünden, was bei sich christlich nennenden Events passiert und welche Personen und Interessen dahinterstecken.
Die Konfliktsituation, von der die Lesung aus der Apostelgeschichte erzählt, ist also hochaktuell, und das, was heute passiert, ist dramatischer als das, was damals Konfliktpunkt war. Was ist tatsächlich christlich und was nicht? Diese Grundfrage von damals stellt sich auch heute: Worauf kommt es an bei einem Leben als Christ oder Christin in der Nachfolge Jesu? Die konkrete Frage damals war, ob Menschen, die als Christen leben wollen, ohne zuvor Juden gewesen zu sein, die Regeln des jüdischen Glaubens einhalten müssen oder nicht. Und die Antwort, die eingeleitet wird mit „Der Heilige Geist und wir haben beschlossen …“ lautet vereinfacht gesagt: „Nein, es gibt ein paar wenige Regeln, ja, aber es geht wirklich nicht darum, euch, liebe christlichen Geschwister, Lasten aufzulegen.“ Benannt werden dann unter anderem ein paar Essensregeln. Da es – entgegen evangelikaler Deutung – nicht darum geht, biblische Aussagen wörtlich zu nehmen, dürfen wir in unserer Zeit neu fragen: Worauf kommt es denn nun an?
Schauen wir noch in das heutige Evangelium. Was Jesus dort sagt, ist kein Live-Mitschnitt einer Rede von ihm. Es ist das, was die Gemeinde des Evangelisten Johannes verstanden hat, was sie glaubt und wonach sie lebt. Jesus sagt sinngemäß: „Wer mich liebt, wird sich an mein Wort halten. Wer in dieser Liebe bleibt, dem werde ich nahe sein durch Gottes Geist und dieser wird euch erinnern und lehren.“ „Und vor allem“, so sagt er, „gebe ich euch meinen Frieden“. Jesus nennt diesen Frieden einen Frieden, den die Welt nicht geben kann. Und wie sehr dieser Satz von vor 2000 Jahren stimmt, das wissen wir aus der Geschichte und aus den Nachrichten Tag für Tag. Einen Frieden, wie wir Menschen ihn uns im Tiefsten wünschen, den gab es nie und es wird ihn nie geben weltweit. Und doch gibt es ihn, es gibt ihn in unserer Hoffnung, es gibt ihn in dem Moment, in dem jemand uns an diese Hoffnung erinnert.
Beten wir darum, dass wir und alle Menschen sensibel werden dafür, wo Gottes Geist uns anrührt, damit wir von unserer Hoffnung sprechen können und erkennen, wo wir gefragt sind mit unserem Erbarmen und unserer Liebe zu den Menschen und dieser uns anvertrauten Welt. Amen.