Es gibt Ortschaften im Banat, die malerisch ins Auge fallen. Fast alle sind ehemalige deutsche Dörfer oder Kleinstädte, in denen die deutsche Prägung auch heute noch deutlich sichtbar ist. Reisende, die auf der Durchfahrt sind, können die banatschwäbischen Häuser bewundern, die sich der Hauptstraße entlangreihen. Auch wenn die meisten Banater Schwaben die Bühne der Geschichte schon längst verlassen haben und nach Deutschland ausgewandert sind, zeugen ihre Hinterlassenschaften von einer Ära, in der sie im Banat die Hauptrolle gespielt haben. Einige dieser Gemeinden verbergen wertvolle Schätze, die Touristen leicht entdecken könnten, denn sie befinden sich in Museen und Gedenkhäusern, die für jedermann offenstehen. Ein guter Anhaltspunkt für die Entwicklung des ländlichen Gemeindetourismus.
Ein imposanter Bau mitten in Lenauheim, etwa 56 Kilometer von Temeswar/Timişoara entfernt, zieht alle Blicke auf sich. Das solide einstöckige Gebäude mit Garten hat am Eingang ein breites Bogentor, durch das die „Hausgäste“ in die Welt des deutschen Dichters Nikolaus Lenau eindringen können. 1776 war in diesem Gebäude das sogenannte Kameral-Rentamt untergebracht.
Volkstrachten aus allen Banater Ortschaften
1931 wurde die erste Lenau-Gedenkstätte im Kameralhaus durch die Bemühungen des Arztes Dr. Fritz Klingler gegründet. Ein Lenaumanuskript, Fotokopien, literaturhistorisch-biografisches und volkskundliches Material wurde ausgestellt. 1969 wurde die Gedenkstätte in Zusammenarbeit mit dem Museum des Banats, dem Rat der Werktätigen Deutschen Nationalität und der Gemeinde Lenauheim saniert, ausgebaut und neu eingerichtet. Heute verfügt die Lenau-Ausstellung über sieben Räume im linken Flügel und acht Säle im rechten Flügel des Obergeschosses.
In chronologischer Reihenfolge hängen an den Wänden Bilder, Manuskripte und Briefe Lenaus. Sie veranschaulichen Aspekte aus dem Leben und Schaffen des Dichters, zeigen aber auch, wie sein Werk damals aufgenommen wurde. Im rechten Gebäudeflügel, der 1971 renoviert wurde, befindet sich das schwäbische Heimatmuseum. In acht Räumlichkeiten können Besucher sehen, wie die Banater Schwaben damals hier gelebt haben. Auf Wandtafeln sind besondere Ereignisse aus der Geschichte der Gemeinde Lenauheim eingetragen. Zeitdokumente und Manuskripte befinden sich in einer Vitrine. Doch ein Blickfang ist der große Kirchweihzug, in dem alle Banater Trachten vertreten sind. Es sind zahlreiche Puppen aus allen Banater Gemeinden, die Volkstrachten tragen. Eine Foto-Ausstellung aus den 70er Jahren ergänzt die Trachtenschau.
Geräte und Werkzeuge werden in einem anderen Raum aufbewahrt, darunter ein Holzfahrrad und ein Webstuhl. Mehrere Räumlichkeiten aus einem banatschwäbischen Haus vom Ende des 19. Jahrhunderts sind ebenfalls nachgebaut worden. Zu den wertvollsten Exponaten zählt ein bemaltes Bett aus dem Jahr 1821.
Leben und Werk des Schwabenmalers Stefan Jäger
Ein bisschen weiter Richtung Grenze, etwa 15 Kilometer von Lenauheim entfernt, befindet sich Hatzfeld/Jimbolia – die Kleinstadt Rumäniens mit den meisten Museen, sechs an der Zahl. Hier können Reisende ein Presse-, Feuerwehr- und Eisenbahnmuseum sowie das Stefan-Jäger- und das Dr. Karl-Diel-Gedenkhaus besichtigen.
Eine für die deutsche Gemeinde bedeutende Institution ist das Stefan-Jäger-Museum. Im ehemaligen Atelier des Malers Stefan Jäger (Tudor-Vladimirescu-Straße Nr. 2) wurde am 31. Mai 1969 ein Gedenkhaus eröffnet. Durch einen in den Jahren 1992-1996 mit Mitteln des Landes Bayern errichteten Neubau wurde das Gedenkhaus in ein öffentliches Museum umgewandelt. Das Gebäude umfasst mehrere Räume, in denen die Geschichte, das Brauchtum, die Wohnkultur (schwäbische Stube) und die Persönlichkeiten der Stadt vorgestellt werden. Der lange Flur am Eingang ins Museum beherbergt zeitweilige Kunstausstellungen.
Im Atelier von Stefan Jäger können Werke und persönliche Gegenstände des Schwabenmalers besichtigt werden. Zu den bekanntesten Werken Stefan Jägers zählt das Triptychon „Die Einwanderung der Deutschen im Banat”, das heute im Foyer des Adam-Müller-Guttenbrunn-Hauses in Temeswar/Timişoara zu sehen ist. Das Gemälde war im Jahr 1906 von der Gemeinde Gertjanosch/Cărpiniş bestellt worden. Im Jahr 2012 wurde das Museum in Hatzfeld durch den Einsatz der HOG Hatzfeld und mit Unterstützung des Donauschwäbischen Zentralmuseums in Ulm modernisiert.
Seltene Exponate in Guttenbrunn
In Guttenbrunn/Zăbrani im Kreis Arad, 48 Kilometer von Temeswar und 41 Kilometer von Arad entfernt, befindet sich eine weitere Hinterlassenschaft der Banater Schwaben. In der Ortschaft Guttenbrunn wurde der Schriftsteller Adam Müller im Jahr 1852 als uneheliches Bauernkind geboren. Sein Geburtshaus steht nach wie vor gepflegt in der Herrenstraße, es kann von jedermann besucht werden, schon 1921 wurde dort eine Gedenktafel eingeweiht. Im Gemeindepark „Zum Feuerwehrturm“ hat die Gemeindeverwaltung eine Bronzebüste des Dichters neben dem „Guttenbrunn“, dem legendären Urquell der ersten deutschen Ansiedler, aufgestellt. Die Legende besagt, dass sich hier 1724 die ersten deutschen Ansiedler müde, aber glücklich um eine gute Quelle niedergelassen haben.
In der Dorfmitte befindet sich die Adam-Müller-Guttenbrunn-Gedenkstätte, die 1927 von der Gemeinde errichtet wurde. Das Haus beherbergte jahrelang den Dorfkindergarten, das Büro des Notars, das Postamt, es ist aber gleichzeitig auch die seit Jahrzehnten mit wertvollen Exponaten bestückte Adam-Müller-Guttenbrunn-Gedenkstätte. Diese wurde von der Gemeinde ab 1995, 2010 sogar mit Fördergeldern von der Europäischen Union, von Grund auf saniert und modernisiert.
Die Ausstellungsräume im ersten Stock des Hauses bieten den Besuchern einen Einblick in das Leben und Werk des Schriftstellers, Journalisten, Bühnenautors, Kritikers und Theaterdirektors wie auch Politikers und beliebtesten Sohnes des Dorfes Adam Müller-Guttenbrunn.
Reisende werden durch die Etappe „Elternhaus, Jugend und Studienjahre“ geführt, unter anderem mit zahlreichen Dokumenten und Fotos aus Kindheit und Jugend in der banatschwäbischen Gemeinde, auch über sein Studium in der Piaristenschule Temeswar und in Hermannstadt/Sibiu. In den Ausstellungsräumen sind viele persönliche Gegenstände und Möbelstücke zu sehen, aber auch seltene Exponate, wie zum Beispiel das Faksimile eines Briefes von Peter Rosegger an Adam Müller-Guttenbrunn oder die Originalurkunde der Auszeichnung „Bene Merenti“ I. Klasse, die dem Dichter für seine Verdienste und seine Freundschaft zum rumänischen Volk 1923 von König Ferdinand I. verliehen wurde. Auf der Urkunde ist die Unterschrift des Dichters und des damaligen Kultusministers Ion Minulescu deutlich zu erkennen.
Egal, wohin die Reise führt: Wer das Banat bereist sollte mit offenen Augen durch die Ortschaften fahren und sich nicht scheuen, bei den Einheimischen nachzufragen, was es denn hier oder da Interessantes zu besichtigen gäbe. Viele der Gedenkstätten und Museen sind nämlich nicht im Internet zu finden oder deren Pforten sind verschlossen. Doch auch davor sollten Touristen nicht zurückschrecken, denn fast immer ist die Person, die den Schüssel zum Museum besitzt, spontan ansprechbar. Am besten, man fragt direkt beim Bürgermeisteramt nach.