Die Stadt unter der Zinne, deren erste urkundliche Erwähnung auf das Jahr 1235 zurückgeht, bietet eine große Auswahl an Baudenkmälern und Museen als Anziehungspunkte für die unzähligen Touristen, die besonders an Wochenenden und in Kurz-urlauben seit der Coronavirus-Pandemie Kronstadt/Brașov regelrecht bestürmen. Doch scheint der Grund für das Interesse an den historischen Bauten, besonders in der Innenstadt, weniger an der Bausubstanz zu liegen: Gerne posiert man am Alten Marktplatz /Piața Sfatului mit dem Rathaus oder der 960 Meter hohen Zinne und der BRASOV-Inschrift im Hintergrund für ein Selfie. Als Passant bekommt man dabei unwillkürlich auch Gesprächsfetzen von Handy-Telefonaten mit: „Wir sind in Brașov und fühlen uns gut!”
Davon ist man im Falle der Besucher sicher überzeugt. Nicht unbedingt gilt dies auch für die Kronstädter, die kaum noch in den Fußgängerzonen Platz haben und ihre Haustore nicht selten von Wagen mit Kennzeichen unterschiedlicher Landeskreise blockiert vorfinden. Die bis vor zwei Jahren immer wieder anzutreffenden ausländischen Touristengruppen, begleitet von Stadtführern, die diese mit Geschichte und Gegenwart der Stadt vertraut machten, bleiben jetzt aus. Die inländischen Besucher werden äußerst selten von Stadtkennern begleitet, die Informationszentren kaum noch aufgesucht. Doch Kronstadt ist nicht nur für ein flüchtiges Handyfoto oder ein Bier in einem schicken Straßencafe gut. Kronstadt hat eine faszinierende Geschichte. Nur – wie bringt man sie an den Mann?
Ein Museumspass soll Abhilfe schaffen
Eine positive Initiative in dieser Hinsicht haben nun die Leiter der repräsentativen Stadtmuseen verwirklicht. Da diese alle dem Kronstädter Kreisrat unterstellt sind, wurde ein Museumspass eingeführt, mit dem zu einem sehr erschwinglichen Preis gleich mehrere Museen besichtigt werden können. Inbegriffen sind auch Führungen und Werbematerialien mit Details über Geschichte und Traditionen. Mit diesem Museumspass erhalten die Touristen Zugang zum Geschichtsmuseum des Kreises im alten Rathausgebäude mit seiner Abteilung in der Weberbastei an der Burgpromenade, zum Ethnographiemuseum mit seiner Abteilung, dem Museum der Städtischen Zivilisation, ebenfalls am Marktplatz Nr. 15, zum Gedenkmuseum Casa Mureșenilor am Marktplatz und dem Kunstmuseum am Rudolfsring/Bulevardul Eroilor. Hierfür hat man sich an ausländischen Beispielen inspiriert. Geboten wird die Möglichkeit, das jeweilige Museum nicht nur am Tag des Kaufs der Eintrittskarte zu besuchen, diese gilt für einen längeren Zeitraum. Der Besucherpass „Brașov Visit Ticket“ ist in den genannten Museen wie auch online erhältlich. Parallel dazu gibt es natürlich auch noch die alten Eintrittskarten, die nur für jeweilige Institution Gültigkeit haben. Die Museumspässe kosten 25 Lei für Erwachsene, 20 Lei für Rentner und 5 Lei für Kinder ab 10 Jahren. Auch gibt es Familienpässe für 50 Lei für zwei Erwachsene und zwei Kinder.
Interessante Fakten über das Rathaus
Gültig sind diese Sammel-Eintrittkarten auch für die den Museen unterstellten Einheiten, etwa der in der Weberbastei, der Graft-Bastei und dem zukünftigen Sport-Museum, die dem Geschichtsmuseum unterstellt sind, dem Ștefan-Baciu-Gedenkhaus, zugehörig zum Museum Casa Mure{enilor, den Filialen des Ethnographiemuseums in Săcele und Reps/Rupea. Diesbezügliche Partnerschaften wurden auch mit dem Museum der Ersten Rumänischen Schule in der Oberen Vorstadt/Schei und dem Evangelischen Stadtpfarramt A.B. eingegangen, um auch einen Besuch in der Schwarzen Kirche einzuschließen.
All die in den Besuchsrundgang bisher aufgenommenen Museen verfügen über jeweils eine ständige Ausstellung, veranstalten aber auch temporäre Ausstellungen zu bestimmten Themen. Allein schon die Gebäude, in denen sich diese befinden, sind symbolisch für die Stadt, während des Gangs von einem Museum zu anderen bekommt man weitere architektonische Besonderheiten zu Gesicht.
Die Geburtsurkunde des Rathauses geht auf des Jahr 1420 zurück, aus ihr ist zu erfahren, dass auch das Aussehen des Kronstädter Marktplatzes auf diese Zeit zurückreicht. Nur der Turm wurde bis zum heutigen Aussehen mehreren Umbauten unterzogen. Beim Besuch im Museum erfährt der Besucher mehr darüber, einschließlich, dass der Knopf des Rathausturmes 1661 erneuert wurde und eine Turmknopfschrift eingefügt wurde. In der permanenten Ausstellung findet man aber auch Daten über archäologische Grabungen, die die Kontinuität der hiesigen Siedler bestätigen. Auf temporäre Ausstellungen wird regelmäßig in Schautafeln vor dem Gebäude hingewiesen. Besonders gut besucht waren die Ausstellungen über den Kronstädter Flugzeugbau, die rumänische Königsfamilie, die Arbeiterrevolte von 1987 u. a.
Im Casa-Mureşenilor-Museum wird man in die Rolle genannter Familie in der Stadt im Kultur- und Pressebereich eingeführt, als Begründer der ersten politischen rumänischen Tageszeitung „Gazeta de Transilvania“, gedruckt vom deutschen Buchdrucker Johann Gött. Auf einer Druckmaschine kann man sich dort Visitenkarten oder historische Nachdrucke anfertigen lassen.
Brauchtum, Traditionen und Kunst
Besucht man das gegenüberliegende Museum der städtischen Zivilisation, wird man mit dem Leben der Patrizierfamilien im Mittelalter und ihrer damaligen Mode hinsichtlich Kleidung und Möbel vertraut gemacht.
Im Ethnographiemuseum, nach einem Spaziergang durch die Fußgängerzone, wird man über das Brauchtum der hier lebenden Gemeinschaften - Rumänen, Sachsen und Ungarn - in Kenntnis gesetzt. Zu sehen sind die Trachten aller Ethnien. Absolutes Glanzstück ist ein riesiger industrieller Webstuhl aus der ehemaligen Tuchfabrik Scherg.
Kunstliebhaber kommen auf ihre Kosten beim Besuch des daneben befindlichen Kunstmuseums, das in der ständigen Ausstellung besondere Werke bekannter einheimischer Künstler in den Sammlungen zeigt. Gemälde von Nicolae Grigorescu, Mişu Pop, Hans Eder, Friedrich Miess, Hans-Mattis Teutsch, Friedrich von Bömches, Stefan Mironescu, Grafiken von Constantin Brâncuşi u. a. sind dort ausgestellt. Kataloge mit den Beständen der Museen können erworben werden, um sich nachträglich noch mit den Themen zu beschäftigen.
Neben den Museen in der Stadt unter Zinne gibt es reizvolle weitere Angebote in der Region: die Ethnographiemuseen in Săcele und Reps/Rupea, die Burgen von Reps und Rosenau/Râşnov, die Heimatmuseen in den Kirchenburgen von Honigberg/Hărman und Tartlau/Prejmer, das Museum des Fogarascher Landes „Valer Literat“. Sicherlich können weitere Ziele selbst ausfindig gemacht werden - und die Überraschungen bleiben nicht aus.