Es hat in den vergangenen Wochen mindestens zwei Aufmerksamkeit erregende Ereignisse rund um den Chef der PSD und der Regierung, Victor Viorel Ponta, gegeben: die triumphale Feier von drei Jahren (am 7. Mai 2012), seit er mittels einer ziemlich dubios zusammengesetzten Koalition die Regierungsgeschäfte übernommen hat und, jüngst, die Aushebelung der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz, als die Abgeordneten der Regierungsparteien im Parlament glatt gegen die Aufhebung seiner Immunität, also für die Behinderung des normalen Gangs der Justiz gestimmt haben, die sich Ponta wegen des Verdachts des Begehens mehrerer Straftaten in seiner Tätigkeit als Anwalt, aber auch bei der Regierungsbildung, vorknöpfen wollte.
Die Brüsseler Sozialdemokraten haben zwar recht, wenn sie bis zum Fällen eines Gerichtsurteils in der causa Ponta von der Voraussetzung seiner Unschuld sprechen, doch wie muss wohl die eindeutig von Ponta initiierte parlamentarische Behinderung der Ermittlungen, durch die Stimmenmehrheit, über die er verfügt, interpretiert werden? Und: Wovor fürchtet sich Ponta und wehrt sich, wenn er, wie öffentlich behauptet, unschuldig ist, wenn nicht doch vor einer Bestätigung der Verdachtsmomente? Aber egal, wie diese Affaire des aalglatten und jederzeit zu Massenmanipulation bereiten Rechtsanwalts und Ex-Staatsanwalts Ponta ausgehen sollte, ein Blick auf die Regierungsbilanz der PSD und ihres Trosses von Splitter- und Überläuferparteien unter Führung von Ponta sollte auf alle Fälle getan werden.
Regierungsbilanz durchwachsen
Dazu sollen erst mal zehn der wichtigsten Wirtschaftsindikatoren – sofern sie vom Statistikamt erfasst und und bis zu diesem Zeitpunkt zugänglich gemacht sind – vergleichend angeführt werden. Die Arbeitslosigkeit lag Ende Mai 2012 bei 4,56 Prozent oder 409.938 Personen. Zu Beginn des letzten Jahresquartals 2014 – als die Zahlen im Licht der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen und zugunsten des Kandidaten Ponta unterstrichen werden sollten – lag die Arbeitslosigkeit bei „nur“ 5,11 Prozent oder 461.822 Personen der arbeitsfähigen Bevölkerung, und dies bei betontem Abwandern ganzer Berufskategorien – vor allem Ärzte, Krankenhauspersonal, Personal für die Pflegedienste, der Jugend ganz allgemein u. a. – ins westliche Ausland. Die Direktinvestitionen aus dem Ausland (rumänisches Kürzel: ISD) in der Zweitspanne 2010 – Mai 2012 lagen bei 4,5 Milliarden Euro (2010: 2,22 Milliarden Euro, 2011: 1,81 Milliarden Euro und Januar-Mai 2012: 465 Millionen Euro). Während der Ponta-Regierungszeit (sofern diese statistisch zugänglich ist) kamen Juni-Dezember 2012 1,14 Milliarden Euro ins Land, 2013 waren es 2,7 Milliarden Euro und Januar-August 2014 1,42 Milliarden Euro, insgesamt also 5,26 Milliarden Euro.
Die Industrieproduktion, mit der sich Ponta vor allem im laufenden Jahr gern brüstet, wird statistisch gewöhnlich in einer Art „Jahresvorschauen“ erfasst. Sie betrug 2010 5,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, 2011 um 7,5 Prozent mehr, 2012 hatte sie eine Steigerung um 2,4 Prozent, 2013 um 7,9 Prozent und bis August 2014 von Null Prozent. Immerhin war sie nicht negativ. Die Gesamtinvestitionen in die Volkswirtschaft (also Auslands- wie private und staatliche Inlandsinvestitionen) lagen 2010 bei minus 7 Prozent gegenüber 2009, bei 14,6 Prozent 2011, minus 2,1 Prozent 2012, minus 9,3 Prozent 2013 und 9,1 Prozent bis August 2014 – also nicht wesentlich (um die fünf Prozent) über dem Stand von 2009.
Arbeitnehmerzahl gesunken
Wichtig für das Staatseinkommen und für die Finanzierung des den Staatshaushalt belastenden Rentensystems ist die Zahl der Arbeitnehmer in der Volkswirtschaft. Sie lag Anfang 2010 bei 4,37 Millionen Bürgern, fiel 2011 auf 4,34 Millionen, stieg dann 2012 bis Mai auf 4,45 Millionen. In diesem Augenblick kommt Ponta an die Regierung und verkündet in seiner Regierungserklärung, umgehend „mindestens 200.000 neue Arbeitsplätze“, am liebsten aber Hunderttausende, wie er es in seiner Präsidentschaftskampagne überall an die Große Glocke hängte, zu schaffen. In Wirklichkeit erfuhr die Zahl der Beschäftigten in Rumänien in der Ponta-Regierungszeit ein allmähliches, aber stetes Sinken. Ab Mai 2012 und bis August 2014 kommt sie auf 4,43 Millionen Arbeitnehmer.
Der Wechselkurs der Landeswährung lag im Mai 2012 bei 4,38 Lei/Euro. Ende des Jahres 2014, aber noch bevor der alljährliche Heimreisezug der rumänischen Fremdarbeiter Anfang Dezember begann (das mitgebrachte Geld bringt die Banken immer dazu, den Wechselkurs anzupassen...), lag der Wechselkurs bei 4,43 Lei/Euro.
Der Faktor durchschnittliches Nettoeinkommen ist mit Vorsicht zu genießen, wenn Wahljahre wie 2016 anstehen, bei dem notorischen Populisten Ponta aber jederzeit und ganz besonders. Im September 2014 lag der Nettolohn bei 1689 Lei, im Mai 2015 über 1850 Lei, während er im Mai 2012 bei 1553 Lei lag. Im Einkommenssprung von rund 300 Lei zwischen Mai 2012 und Mai 2015 kann man klar die populistische Neigung der Ponta-Regierung erkennen, weil einerseits keinerlei Leistungssprung der Wirtschaft dahinter steckt, andrerseits alle Wirtschaftskommentatoren das jüngst auch prompt von der Regierung angekündigte Vorhaben der Herausgabe von Staatsanleihen vorausgesagt haben, das in einigen Tagen operativ wird, und drittens mit dieser Lohnerhöhungswelle (eigentlich: Erhöhung des Mindesteinkommens) einer der seltenen Augenblicke wahr wird, wo Ponta Wort hält: Er setzt seine Versprechungen aus dem verlorenen Präsidentschaftswahlkampf von 2014 um.
Devisenreserven verringert
Bislang konnte die Ponta-Regierung die Inflationsrate ziemlich sicher im Zaum halten, was wohl auch auf das Wirken der Nationalbank BNR unter dem erfahrenen Mugur Is²rescu zu verdanken ist: im Mai 2012 lag sie bei 1,69 Prozent, im September 2014 bei 1,54 Prozent, also praktisch ist sie im Gleichstand. Die Gold- und Devisenreserven Rumäniens lagen Ende 2009 laut Angaben der Nationalbank Rumäniens BNR bei 30,85 Milliarden Euro, 2010 stiegen sie spektakulär auf 35,95 Milliarden Euro und nochmal 2011 etwas sanfter auf 37,25 Milliarden Euro. Ab der zweiten Jahreshälfte von 2012, mit Ponta am Regierungsruder, begannen diese Reserven zu sinken, also salopp ausgegeben zu werden: Ende 2012 waren es noch 35,41 Milliarden Euro, Ende 2013 ein ganz bisschen mehr: 35,43 Milliarden Euro, im Oktober 2014 35,32 Milliarden Euro. Und sie verringern sich weiter.
Die Bankenrücklagen der Bevölkerung und der Firmen haben sich in diesen Jahren in etwa ähnlich, doch sichtbarer entwickelt. Im Mai 2012 lagen sie bei 108,8 Milliarden Euro (hier sind die Rücklagen in der Landeswährung umgerechnet auf Euro dazugezählt). Im September 2014 waren sie um 10,2 Milliarden Euro auf 119 Milliarden gestiegen.
Alles in allem gab es bei keinem der zehn wichtigsten Wirtschaftsindikatoren eine so spektakuläre Steigerung, dass eine triumphale Bilanz der Ponta-Regierungszeit gerechtfertigt wäre. Hingegen sind die Gold- und Devisenreserven durch die Löcher in den Taschen des Staatshaushalts, die Ponta nicht flicken lässt, gesunken, der Wechselkurs zum Euro ist schwankend und die Perspektive des Übergangs Rumäniens zum Euro wird dauernd terminlich in weitere Ferne verschoben, die Zahl der Arbeitnehmer in der Volkswirtschaft sinkt, ebenso die Industrieproduktion und die Arbeitslosigkeit steigt bei diesen vorgeblichen Sozialdemokraten.
Zugriff auf die Rücklagen
Noch etwas zu den internationalen Devisenreserven Rumäniens, die bei der Nationalbank Rumäniens deponiert sind, aber von der Regierung über das Finanzministerium verwaltet werden. In der Zeitspanne April 2012 – April 2015, also genau in der sozialdemokratisch dominierten Regierungszeit von Ponta, ging man von der Übernahme einer Devisenreserve von 34,33 Milliarden Euro aus (April 2012). Im Juli 2012, also in der Startzeit der Ponta-Regierung, wurde sie arg geschröpft und lag dann bei 32,14 Milliarden Euro, um bis Oktober 2012 auf 31,77 Milliarden Euro und im Januar auf den Tiefstand von 31,45 Milliarden Euro abzusacken. Bis Oktober 2013 gab es dann eine Erholungszeit der Devisenreserven, bis auf 34,56 Milliarden Euro. Im Juli 2014 folgte ein erneutes Absinken auf den Tiefstand von 30,9 Milliarden Euro, der nach einer kurzfristigen Erholung (Oktober 2014: 32,21 Milliarden Euro) auf den absoluten Tiefstand vom April 2015 fiel: 30,09 Milliarden Euro.
Prozentuell gesehen und mit den Prozentsätzen der anderen zehn Faktoren der Wirtschaftsbeschreibung verglichen, sind diese minus 12,35 Prozent der Verringerung der Devisenreserven Rumäniens eines der wahren Probleme der Ponta-Regierung: Sie greift auf die Geldreserven des Landes bedenkenlos zurück. Und damit im Zusammenhang: selbstverständlich muss auch die Ponta-Regierung ihre öffentlichen Schulden – die sie gar nicht alle selber gemacht hat – bedienen (wie jede andere Regierung auch), doch einerseits ist das Schwinden der Devisenreserven nicht allein dadurch zu erklären, sondern auch durch den Zugriff darauf, um andere Löcher zu stopfen oder salopp-leichtsinnige Versprechungen einzulösen. Das Problem dieser Regierung ist auch – und oft vor allem – das stotternde Eintreiben der Steuern von den Bürgern und Unternehmen, wodurch das Devisendefizit dauernd vergrößert wird.