Nationalparks, Naturparks, Donaudelta als Biosphären-Reservat, wissenschaftliche und Naturreservate, Naturdenkmäler – so sind die natürlichen Schutzgebiete in Rumänien aufgegliedert. Die Verwaltungen der größeren Schutzgebiete (Nationalparks und Naturparks) haben einen Verein gegründet (Asociaţia Administraţiilor Ariilor Protejate din România), dem der Kronstädter Forstingenieur Mircea Vergheleţ (48) vorsteht, der gleichzeitig auch Direktor des Nationalparks Königstein ist. 22 der 28 National- und Naturparks werden von der Forstregie „Romsilva“ verwaltet – eine Tatsache, die kontrovers bewertet wird. Über die Verwaltung und andere die Schutzgebiete betreffende Fragen sprach der ADZ-Journalist Ralf Sudrigian in Zărneşti mit Dipl.-Ing. Mircea Vergheleţ.
Welche Rolle wird die neu gegründete Landesbehörde für Schutzgebiete (ANAP) einnehmen?
Sie wird die gesamte Tätigkeit in diesen Schutzgebieten leiten, denn zur Zeit ist dafür nur eine Amtsstelle beim Umweltministerium zuständig. Sie verfügt nur über rund 10 Mitarbeiter, was ganz und gar nicht ausreichend ist. Zunächst wird die neue zentrale Struktur mit rund 90 Mitarbeitern aufgestellt. Später werden wahrscheinlich für jeden Kreis eigene Strukturen gegründet oder Sonderstellen für jene Schutzgebiete, die noch nicht über eine eigene Verwaltung verfügen. Rund die Hälfte der Schutzgebiete verfügt nämlich zur Zeit nicht über eine Verwaltung oder einen Hüter. Wir hoffen selbstverständlich, dass es so zu einer Verbesserung der Tätigkeit in den Schutzgebieten kommt und nicht zu zusätzlicher Bürokratie.
Es gibt Meinungen, denen zufolge nicht die Forstregie „Romsilva“ National- und Naturparks verwalten sollte. Ist das gerechtfertigt?
„Romsilva“ ist der Verwalter der Wälder, die Staatseigentum sind. Laut Gesetz sollten die Verwalter der Schutzgebiete eigene Rechtspersönlichkeit haben. Auch wenn wir „Romsilva“ angehören, so sind wir eigene Rechtspersonen, können im eigenen Namen Verträge abschließen oder Projekte umsetzen. Weil es aber hierzulande oft bürokratisch zugeht und das Geld nicht immer pünktlich vorliegt, brauchen wir die Unterstützung seitens „Romsilva“. Zum Beispiel hätten wir hier im Nationalpark Königsstein ohne „Romsilva“ unser Projekt zum Besucherzentrum nicht erfolgreich abschließen können.
Was mögliche Interessenkonflikte für „Romsilva“ betrifft, so muss erwähnt werden, dass jede Verwaltung eines Nationalparks auch einen wissenschaftlichen Beirat voraussetzt.
Dieser Beirat wird von der Verwaltung des Nationalparks vorgeschlagen und von der Direktion für Naturdenkmäler genehmigt, die der Rumänischen Akademie untersteht, also unabhängig ist. Der wissenschaftliche Beirat wird durch Beschluss des Umweltministers ins Leben gerufen. Alles was im Schutzgebiet getan wird, muss vom wissenschaftlichen Beirat genehmigt werden. Meiner Meinung nach muss dieser wissenschaftliche Beirat, der in der Regel aus Universitätsprofessoren, Forschern, Persönlichkeiten mit Erfahrung im Management des Nationalparks besteht, einen möglichen Interessenkonflikt wegen der Zugehörigkeit zu Romsilva ausschließen. Es gab viele Fälle, wo Tätigkeiten, die „Romsilva“ plante, von diesen wissenschaftlichen Beiräten verhindert und gestoppt wurden.
Illegale Abholzungen gab es ja auch im Nationalpark Königstein!
Die gab es tatsächlich, aber die trugen sich in der Zeitspanne 2004-2008 in Wäldern zu, die in Privatbesitz waren. Seit damals hat sich so was nicht mehr wiederholt.
In welchen Beziehungen stehen Sie zur Stiftung Carpathia?
In guten Beziehungen. „Carpathia“ ist eine Stiftung, die Waldflächen schützen will. Innerhalb des Nationalparks Königstein hat die Stiftung eine Fläche von rund 3000 Hektar Wald erworben. Ein Teil davon stand bereits unter strikten Schutzmaßnahmen, ein anderer Teil befand sich im Grenzraum (zona tampon). Auch dieser wurde auf Wunsch und mit Einverständnis von „Carpathia“ unter Vollschutz gestellt.
Welche Aufgaben haben die Ranger?
Sie sind hauptsächlich für die Überwachung und Anweisungen zuständig. Beim Nationalpark Königstein sind wir sechs Bürokräfte und sieben Ranger. Sie sind im Gebirge unterwegs, allerdings immer zumindest zu zweit und nicht allein, denn so lautet ein ungeschriebenes Berggesetz. Sie verfolgen, was im Schutzgebiet passiert, informieren Touristen, arbeiten mit Kindern zusammen, machen mit bei ehrenamtlichen Tätigkeiten, zum Beispiel bei Reinigungsaktionen. In letzter Zeit haben wir verstärkt Wegweiser und Schautafeln aufgestellt; zusammen mit der Bergwacht „Salvamont“ haben wir die Ciorânga-Notunterkunft und den Wanderweg wieder hergestellt. Die Ranger sind immer in der ersten Reihe bei solchen Tätigkeiten mit dabei.
Sie können aber keine Strafgelder verhängen!
Doch, das können sie. Für weitere Strafmaßnahmen sind aber die Berggendarmen zuständig, die in unserem Sitz ebenfalls ihre Amtsräume zugeteilt bekommen haben. Die Zusammenarbeit läuft gut, wir stellen gemeinsame Streifen auf. Wenn es Notfälle gibt, greifen die Ranger selbstverständlich auch ein – aber bei Rettungsaktionen kommt die führende Rolle natürlich der „Salvamont“-Bergwacht zu.
Welches wären für die National- und Naturparks die größten Bedrohungen und wo stehen Sie unter besonderem Druck?
In erster Linie handelt es sich um eine chronische Unterfinanzierung. Wir haben in einem Projekt des Global Environment Fund eine Analyse der Finanzlage jedes Schutzparks vorgenommen. Die Schlussfolgerung war, dass mit dem Geld, das uns jetzt zusteht, wir rund 60 Prozent des minimalen Managementplans umsetzen können. Die optimale Variante des Planes wäre rund doppelt so teuer. Die 22 Natur- und Nationalparks, die von der Forstregie „Romsilva“ verwaltet werden, erhalten ausschließlich von dieser Geldmittel, rund 3 Millionen Euro. Alle Parks müssten in der einen oder anderen Form vom Staatsbudget, vom Umweltministerium getragen werden. Hoffentlich wird das durch die ANAP-Gründung schneller möglich.
Ein anderes großes Problem ist, dass die Eigentümer von Grundstücken, die innerhalb des Nationalparks liegen, vom Staat keine Entschädigungen erhalten. Sie haben wirtschaftliche Einbußen wegen der Existenz des Nationalparks zu verkraften. Trotz der Tatsache, dass solche Entschädigungen z.B. im Waldgesetz vorgesehen sind, werden diese tatsächlich nicht ausgezahlt. In Rumänien gibt es auch keine Auszahlungen „Natura 2000“, wie in den meisten EU-Ländern. Bei uns gelten lediglich Zahlungen innerhalb des Programms Landwirtschaft-Umwelt für freiwillige Tätigkeiten. Innerhalb des Nationalparks verlieren solche Tätigkeiten ihren freiwilligen Charakter und werden verpflichtend. So kommen aber die Programmbestimmungen nicht mehr zur Anwendung und müssten eben durch „Natura 2000“ ersetzt werden. Wir verzeichnen leider eine anormale Situation: Grundbesitzer, die dieselben Arbeiten laut genanntem Programm durchführen, werden verschieden behandelt: außerhalb des Parks wird gezahlt; innerhalb des Parks, für dieselben Arbeiten, wird nicht bezahlt. Da müsste das Landwirtschaftsministerium eingreifen und was ändern. Wir als Nationalpark-Verwaltung tragen deswegen umso stärker die Folgen – wir bekommen den ganzen Druck zu spüren.
Was im Nationalpark König-stein noch hinzu kommt, ist die Verpflichtung, die herkömmliche Bauweise in den besiedelten Räumen des Parks beizubehalten. Da gibt es eine Vielfalt von Problemen. Ein einfaches Beispiel: ein Blechdach ist am billigsten für jenen, der sich ein Haus bauen will oder der sein Dach erneuern muss. So ein Dach passt aber überhaupt nicht zu einem Bergdorf als Streusiedlung mit Häusern, die Holzdächer aufweisen, wo Heuwiesen und Holzzäune anzutreffen sind. Die Eigentümer solcher Häuser müssten mehr unterstützt werden, um traditionell zu bauen, umweltfreundliche Baustoffe und -methoden zu benutzen. Sie bauen in herkömmlicher Weise, weil sie sonst von uns nicht die Baugenehmigung erhalten. Man müsste ihnen aber mehr entgegenkommen.
Könnte der Tourismus nicht auch zu einer Bedrohung für den Nationalpark werden?
Eine erste Maßnahme ist, dass wir alle aufrufen, nur markierte Wanderwege zu benutzen. Zu diesem Thema gab es viele Diskussionsrunden und Zeitungsartikel. Wir versuchen nun all jene zu überzeugen, die unmarkierte Pfade benutzen um z.B. an Klettertrassen heran zu kommen, sich wenigstens bei uns rechtzeitig anzumelden, damit wir zumindest wissen, wann, wo, und wie viele Personen am Königstein unterwegs sind. Sie sollten in Gruppen (nicht größer als fünf Personen) unterwegs sein, denn vor allem im Falle der Westwand handelt es sich auch um die empfindlichsten Stellen des Schutzgebietes. Von Massentourismus können wir nicht sprechen. Wir rechnen jährlich mit rund 100.000 – 120.000 Besucher pro Jahr. Das kann der Park gut verkraften, wenn man dessen Fläche und die zahlreichen Wan-derwege berücksichtigt.
Gibt es einen Eintrittspreis für den Nationalpark Königstein?
Für eine Woche zahlt man 5 Lei/Person. Oder man zahlt 20 Lei für die gesamte Saison. (1. Mai – 31. Oktober). Es gibt Kartenautomaten in Zărneşti, bei unserem Sitz, bei der Plaiul-Foii-Hütte. Man kann das Geld auch per SMS bezahlen oder online.
Herzlichen Dank für dieses Gespräch!