„Martinsdorf ist besser als New York.“ Dieses erstaunliche Resümee zogen die zehn angehenden Glasbautechniker der Staatlichen und Kommunalen Beruflichen Schulen in Vilshofen nach ihrem Einsatz am Pfarrhaus in Martinsdorf/Meti{. Die Abschlussfahrten des Fachbereichs Glasbautechnik gingen in den letzten Jahren nach Irland, Kanada oder New York. In diesem Jahr fiel die Entscheidung auf Martinsdorf. Und tatsächlich, keiner scheint im Nachhinein diese Entscheidung zu bedauern - im Gegenteil. Die jungen Männer, so weiß ihr Fachoberlehrer Andreas Hart zu berichten, sind geschlossen der Meinung: „Martinsdorf ist besser als New York!“ Insbesondere der Erfahrungsaustausch mit den Auszubildenden der anderen Gewerke hat die Teilnahme an dem Münchener EU-Projekt für sie so wertvoll gemacht. „Das war eine super Erfahrung und das Ambiente war mit Lagerfeuer und dem leckeren Essen rund um die Uhr toll“, erklärt Hart. „Die Gelegenheit, Rumänien ‘hinter den Kulissen’ kennenzulernen, also nicht wie normale Touris, hat uns allen imponiert.“
Andreas Hart, der bereits im Januar 2018 mit den Projektverantwortlichen nach Martinsdorf reiste, war von Anfang an begeistert. Und so wurde aus der eingangs angedachten Notreparatur, die der Projektleiter Michael Doll bei dem Glaser-Geschäftsführer der Bauinnung München anfragte, eine vollständige Restaurierung der Fenster am Pfarrhaus.
Die wilde Mischung unterschiedlicher Glasqualitäten wurde fachgerecht ausgetauscht und zwar durch mundgeblasenes Glas für die äußeren Fensterflügel sowie gezogenes Glas für die Innenfenster. Mundgeblasenes Glas, welches durch seine unebene Struktur nahezu lebendig zu sein scheint, wird heutzutage nur noch in zwei, drei Betrieben hergestellt – weltweit. Eine davon ist die Firma Lamberts in Waldsassen. Mit einem Quadratmeterpreis von 200 Euro kommt schnell eine stattliche Summe für die Fenster am Pfarrhaus zusammen. Wie gut also, dass dieses kostbare Material gespendet wurde. Den echten Zugewinn für die Anmutung des altehrwürdigen Gebäudes bemerken selbst Laien auf Anhieb. Indes hält Glasermeister Hart mit seiner Begeisterung für dieses EU-Projekt nicht hinter den Berg: „Ich kann mir vorstellen, dass wir uns hier längerfristig engagieren – es hat uns so gut gefallen, dass wir uns Arbeit und Einsatzmöglichkeiten suchen wollen!“
Gut gefallen hat es auch vielen ehemaligen Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmern, die entweder auf eigene Faust das Projekt besucht oder sogar mitgearbeitet haben. Einer davon ist Tom Glaser, der schon in 2017 als Zimmerer-Azubi dabei war und wiedergekommen ist, weil ihm das Projekt am Herzen liegt. „Ein Danke der Einheimischen ist für mich viel mehr wert als ein ausgefüllter Lohnzettel“, erklärt er seinen ehrenamtlichen Einsatz. Ähnlich äußert sich auch der selbstständige Sanitär- und Heizungstechniker Florian Pfeiffer, der sich nicht nur bei Projektarbeiten nützlich machte, sondern auch Einheimischen mit Rat und insbesondere Tat zur Seite stand. „Eine fehlende Dachrinne, Probleme mit der Sanitäranlage oder ein defektes Wasserwerk – ich freue mich, wenn ich der Bevölkerung hier helfen kann“, sagt er. Von dem Martinsdorf-Virus sind auch Ria Giegold und Florian Weigl infiziert. Das junge Paar, das sich vor zwei Jahren beim EU-Projekt in Martinsdorf kennengelernt hat, kommt immer wieder gerne ins Kaltbachtal zurück. Die 22-jährige Malergesellin fühlt sich inzwischen schon richtig heimisch: „Es ist jedes Mal wieder als würde man ein Stückchen nach Hause kommen, als wäre man gar nicht lange weg gewesen.“ Dieses leise Empfinden von Heimat und auch ein bisschen Heimweh wünschte auch die an Pfingstsonntag diensthabende Pfarrerin Bettina Kenst allen, die am Projekt mitwirkten. Nahezu alle Auszubildenden, deren Ausbilderinnen und Ausbilder sowie einige Projektgäste nahmen am Festgottesdienst teil und füllten die sonst eher spärlich besetzte Martinsdorfer Kirche. Besonders stimmungsvoll waren die Lieder, die der eigens für diesen Gottesdienst gegründete Projektchor mit viel Freude und Hingabe darbot. Am Ende der drei arbeits- und ereignisreichen Wochen fand ein Abschiedsfest statt, mit 30 geladenen Gästen aus Kirche, Politik und anderen Projekten, die interessiert und sichtlich beeindruckt an den Baustellenführungen zu den vielzähligen Projektaktivitäten teilnahmen. Beim festlichen Abendessen im Gemeindesaal konnten sich alle über das Erlebte und das erfolgreich Geschaffte austauschen.
Zu guter Letzt noch einige nackte Tatsachen dieses ersten Projektabschnitts in 2018: Im Einsatz waren noch fünf Dachdecker, zwei Stuckateure, drei Maler, acht Straßenbauer, ein Maurer, 16 Zimmerer sowie zehn Ausbilderinnen und Ausbilder. Es gab mehrere Baustellen im Haupthaus, im ehemaligen Musikzimmer nebst angehängtem Wirtschaftsgebäude sowie im Backhaus (Bockes). Tatsächlich haben sich alle Projektteilnehmerinnen und Projektteilnehmer bei der Erfüllung aller gesteckten Ziele selbst übertroffen. Der nächste Projektabschnitt ist für September 2018 geplant und wird unter der Federführung der Baufachschule München durch-geführt werden.