Es ist zur Tradition geworden, alle zwei Jahre in Temeswar die Heimattage zu veranstalten. 2021 finden diese Festtage jedoch unter besonderen Bedingungen, online, statt. Diese schreckliche Pandemie hat uns dazu gezwungen und unsere Existenz durcheinandergewirbelt. Die meisten Banater Schwaben leben heute weit entfernt von ihrer angestammten Heimat. Viele haben das Land verlassen, weil sie nicht länger alles Leid ertragen wollten, das reihenweise auf sie zugekommen war. Dies hatte zur Folge, dass in manchen Kirchen das Glockengeläut verstummte. Auf vielen Friedhöfen wuchert das Unkraut und bedeckt die Gräber. Unsere schönen Häuser verschwinden eines nach dem anderen und in den Gärten fehlen heute die Paradeis, der Paprika und der Karfiol, der Kohlrabi, die Krumbiere, der Kreen. Und wo sind die ertragreichen Obstbäume und unsere herrlichen Weingärten geblieben?
Überall auf dem Erdball leben unsere Banater Schwaben, doch sie können ihr geliebtes Banat nicht vergessen. Die Hiergebliebenen sehnen sich nach ihren Verwandten, Freunden und Nachbarn, die sich in der Ferne eine neue Heimat gesucht haben. Und ganz egal wie gut es den ausgewanderten Landsleuten auch gehen mag, sie sind mit ihren Gedanken und Gefühlen irgendwie daheim geblieben, in ihrer Heimat, die einzig ist und auch grammatikalisch keine Mehrzahl hat.
Ich glaube in tiefster Überzeugung, dass wir alle, hüben wie drüben, die heilige Pflicht haben, unseren Kindern und Enkeln unsere Geschichte zu erzählen und unsere Traditionen weiter zu geben. Wir sollten ihnen auch erzählen, dass die Schwaben durch ihren Fleiß und ihre Beharrlichkeit ein sumpfiges und unfruchtbares Land in eine Kornkammer verwandelt haben.
Mit den Gedanken bei allen Banater Schwaben, wollen wir, aus Temeswar und dem Banat versuchen, über die modernen Kommunikationswege zusammen die Heimattage zu feiern und ihnen Nostalgie, Heimattreue und gleichzeitig auch Freude vermitteln.
Das DFDB ist das Bindeglied, das uns verbindet und hat damit die gleiche Rolle, die die Landsmannschaft in Deutschland hat. Ein besonderes Augenmerk legen wir auf die Bildung, denn in den deutschsprachigen Schulen wird Geschichte und Sprache gelehrt und gelernt. Heute haben die Schulen mit Deutsch als Muttersprache eine bedeutende Rolle. Mehr als 1600 Schüler von der Vorschule bis zum Abitur lernen allein in der Lenauschule, in der größten deutschen Bildungseinrichtung Rumäniens. Dazu kommen die weiteren Lyzeen und Allgemeinschulen in den Landkreisen Arad, Karasch-Severin und Temesch, die Studiengänge in Deutsch an der Westuniversität und an der Technischen Universität Politehnica.
Viele Kinder anderer Minderheiten oder aus der Mehrheitsbevölkerung lernen unsere Tänze, Lieder und Traditionen. Unsere Banater Zeitung, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut, aber auch die Rundfunk- und Fernsehsendungen in deutscher Sprache berichten ausführlich über die Tätigkeiten und Ereignisse innerhalb der deutschen Gemeinschaft. Nicht zu vergessen sei das deutsche Staatstheater Temeswar, dessen Vorstellungen wir mit Begeisterung verfolgen. Das Adam-Müller-Guttenbrunn-Haus ist der zentrale Treffpunkt der deutschen Gemeinschaft. Hier finden Vorführungen und Vorträge statt, zu denen alle Interessenten offene Türen vorfinden. Hier treffen sich auch die Mitglieder des Literaturkreises Stafette. Im vergangenen Jahr konnten wir ein August-Förster-Klavier kaufen, was uns die Möglichkeit zu klassischen Konzerten von gehobenem Niveau ermöglicht. Erwähnt sei auch die reichhaltige Kulturtätigkeit im Banater Bergland, unsere Kinder- und Senioren-Kulturgruppen unsere Symposien und Vorträge aus Geschichte, Politik und Kultur. Politisch sind wir auf hoher Ebene durch unseren Abgeordneten Ovidiu Ganț vertreten, der selbst ein Banater ist. Ich bin überzeugt, dass das Banat ein Modell der Toleranz und der Multikulturalität in einem vereinten Europa bleibt und dass die Banater Schwaben gerade diese Werte überall auf der Welt in ihrem jeweiligen Umfeld weitergeben werden. Ich wünsche Ihnen allen beste Gesundheit und ein freudiges Wiedersehen im kommenden Jahr in Ulm und dann 2023 in Temeswar, wenn die Stadt Europäische Kulturhauptstadt sein wird.
Redaktionelle Kürzung: Siegfried Thiel