Von 2021 bis 2024 wurden mehr als 4,7 Millionen Kubikmeter Holz aus rumänischen Ur- und Naturwäldern auf einer Fläche von knapp 140.000 Hektar entnommen. Etwa die Hälfte dieser Flächen liegen in Natura 2000-Gebieten. Das sind die schockierenden Ergebnisse eines neuen Berichts von EuroNatur, Agent Green und der Environmental Investigation Agency (EIA). „Die 4,7 Millionen Kubikmeter Edelholz, die aus den letzten Ur- und Naturwäldern geschlagen wurden, entsprechen einer LKW-Ladung Holz auf einer Strecke von Bukarest bis nach Brüssel“, sagt Gabriel Paun, Geschäftsführer von Agent Green.
Die vorherrschenden Abholzungspraktiken in den rumänischen Karpaten, auch in und rund um National- und Naturparks, sind großflächige „Pflegeschläge“ und fortschreitende „Kahlschläge“. Das Resultat sind oft weithin kahle Landschaften. Dies ist ein eklatanter Verstoß gegen EU-Recht wie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) und steht im Widerspruch zur EU-Biodiversitätsstrategie, die einen strengen Schutz der noch verbliebenen Ur- und Naturwälder in Europa vorsieht. Die Europäische Kommission hat kürzlich eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Rumänien gerichtet, weil das Land die FFH-Richtlinie nicht vollständig umgesetzt hat, und die Behörden aufgefordert, binnen zweier Monate die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Diese Frist ist am 3. Dezember ausgelaufen.
„Bereits im Jahr 2020 stellte die EU-Kommission in drei verschiedenen Vertragsverletzungsverfahren fest, dass die rumänischen Forstwirtschaftspraktiken gegen die FFH-Richtlinie und damit den Schutz der Natura 2000-Gebiete verstoßen, und forderte von der rumänischen Regierung unverzügliche Korrekturen. Unser neuer Bericht zeigt jedoch, dass die gnadenlose Zerstörung seither ungebremst fortgeführt wurde. Wir erwarten daher von der neuen Europäischen Kommission, dass sie sich für einen wirksamen Schutz dieser sehr wertvollen Wälder einsetzt und den Prozess beschleunigt,“ sagt Siegmund Missall, Leiter des EuroNatur-Waldprogramms.
Das erste dieser Vertragsverletzungsverfahren gegen die rumänische Regierung wurde im Februar 2020 eingeleitet. Damit reagierte die Europäische Kommission auf eine Beschwerde von EuroNatur, Agent Green und Client Earth über die illegale Abholzung von Ur- und Naturwäldern in Natura 2000-Gebieten. Trotz erdrückender Beweise hat die Europäische Kommission den Fall nicht an den Europäischen Gerichtshof überstellt, sodass die Zerstörung unvermindert weitergeht.
Mit dem Amtsantritt der neuen Europäischen Kommission fordern wir die EU-Umweltkommissarin Jessika Roswall auf, entschlossen gegen die Abholzung der rumänischen Ur- und Naturwälder vorzugehen, bevor es zu spät ist.