Er hat es im Stadtrat versucht und ist abgeblitzt bei den Ratsherren: dafür haben wir kein Geld! Er hat es bei Delegationen aus dem Ausland, vor allem aus den als seilbahnkompetent betrachteten Österreich und Schweiz, versucht, ihnen die Idee schmackhaft zu machen: vage Antworten, mit diplomatischem Lächeln vorgebracht. Er hat es bei den Bürgern versucht im Rahmen einer öffentlichen Aussprache, die er vor einem Monat angekündigt hatte: fast kein einziger kam Mitte Mai!
Aber der Forstingenieur, der seit fünf Jahren Bürgermeister von Reschitza ist, ist hartnäckig. Seine Schlussfolgerung nach der eigentlich gescheiterten Aussprache mit den Bürgern, die nicht gekommen waren: „Wir wollen die rechtlich vorgeschriebenen Schritte gehen, Wir wollen Finanzierungen ausfindig machen. Und wenn wir die Industrieseilbahn kaufen, möchte ich, dass sie auch modernisiert wird.“
Mihai Stepanescu zeigte seine Enttäuschung über das schwindend geringe Interesse der Bürger seiner Stadt am Schicksal der Seilbahn nicht, die das Stadtzentrum überspannt und zu derem Symbol erklärt wurde. Und er hörte sich ungewöhnlich geduldig, bzw. beherrscht die Argumente gegen einen Kauf der Seilbahn an, die vor allem von seinem Vize Ioan Crina vorgebracht wurden, aber auch die rechtlichen Bedenken, die vom Stadtsekretär Lucian Bucur geäußert wurden.
Als grundsätzliches Argument gegen die Aufrechterhaltung der Industrieseilbahn mitten im Reschitzaer Stadtzentrum ist die Tatsache vorgebracht worden, dass diese als Metallbau aus den 1960er Jahren kein Industriedenkmal ist, also nicht zwingend erhalten werden muss. Das zweite Gegenargument gegen eine Erhaltung mit Umbau ist die geringe Wahrscheinlichkeit, dass Reschitza in den nächsten Jahrzehnten einen Tourismusboom erleben könnte. Wozu dann eine Seilbahn, die Gästen das Stadtzentrum von oben erschließen soll? Das dritte und wahrscheinlich wichtigste Gegenargument: weder für einen Kauf noch für eine Modernisierung hat die Stadt Geld übrig.
Die feineren Gegenargumente kommen von der Tatsache, dass die Seilbahn seit vergangenem Herbst einen privaten Besitzer hat, die Firma Coda Serv des heftig umstrittenen Reschitzaer Geschäftsmanns Barbălată - der selbe, der das Projekt der Einrichtung eines Gewerbeparks beim Kilometerstein 7 an der DN 58 Reschitza-Karansebesch zu Fall gebracht hat, und zwar in einem Augenblick, als bereits gut ein Drittel der Arbeiten und Investitionen von Stadt, Regierung und EU fertig waren; Barbălată ist auch der Besitzer nahezu aller Handelsparterres der Wohnblocks in der Reschitzaer Neustadt, von deren nicht unbeträchtlichen Mieteinnahmen er richtig reich geworden ist. Barb²lat² dürfte auch für Bürgermeister Stepanescu eine harte Nuss werden, auch wenn er noch nicht zweifelsfrei Besitzer der Seilbahn ist.
Stadtsekretär Lucian Bucur zeigte zur Überraschung der wenigen Anwesenden einen Grundbuchauszug, aus dem hervorgeht, dass es darin eine Addenda zum Kaufvertrag zwischen dem Stahlwerk TMK und Coda Serv gibt, in welcher steht, dass die Seilbahn als Pfand zugunsten von TMK gilt, so lange Coda Serv die Kaufkosten – etwas mehr als 300.000 Euro – nicht zur Gänze beglichen hat. Von Ratsherr Florin Viorel Ţurcaş, einem jungen Rechtsanwalt, der sich auf Verkaufsvorgänge spezialisiert hat, war allerdings zu erfahren, dass Coda Serv erst (oder schon?) mehr als drei Viertel der Kaufsumme abgezahlt hat. Fakt bleibt aber, dass der gegenwärtige Besitzstand der Seilbahn nicht eindeutig ausmachbar ist, so lange der Kaufvertrag nicht vorbehaltlos gilt.
Vizebürgermeister Ioan Crina monierte einmal mehr, dass es ein entscheidendes Hindernis werden könnte, dass die Kommunalverwaltung bis zur Stunde außer vielen Phantastereien keinerlei verlässlich Studien anfertigen ließ zu den Kosten der Instandhaltung der Seilbahn, des eventuellen Abrisses oder der Modernisierung der selben, auch keine Machbarkeits- und Rentabilitätsstudie ihres Betreibens als Belle-Vue-Seilbahn.
Ungewiss ist weiterhin auch, wie viel Barbălată - dem in Reschitza nachgesagt wird, noch nie ein Verlustgeschäft gemacht zu haben (der Schrottwert der Seilbahn wird auf etwa 500.000 Euro geschätzt, wie viel allerdings das Zerschneiden und Abmontieren mitten in der Wohngegend kosten dürfte, kann momentan niemand sagen) – von der Stadt als Verkaufspreis fordern würde. Dieses Argument wischte Bürgermeister Stepanescu dann souverän vom Tisch: notfalls werde man den Kaufpreis per Gerichtsbeschluss bestimmen lassen...