In einer Zeit, in der sich viele junge Menschen angesichts wirtschaftlicher Unsicherheiten für Studiengänge mit klaren Karriereversprechen entscheiden – etwa IT, Jura oder Wirtschaft, wirkt auf manche die Wahl eines Germanistikstudiums fast etwas aus der Zeit gefallen. Dennoch haben im Jahrgang 2024/25 insgesamt 54 Bachelor- und Masteranden an der Universität Bukarest diesen Weg bewusst gewählt. Was bewegte sie dazu? Welche Erwartungen verbinden sie mit dem Studium und wie blicken sie auf ihre berufliche Zukunft?
Die germanistische Philologie bildet eines der drei Studienfächer des Fachbereichs für germanische Sprachen und Literaturen neben den angewandten Sprachwissenschaften und der Übersetzungswissenschaft. Im Mittelpunkt stehen dabei Literatur, Sprachwissenschaft und kulturelle Vermittlung.
Frühe Begeisterung und prägende Einflüsse
Bei vielen beginnt der Weg zur Germanistik bereits in der Schulzeit: durch inspirierende Lehrer, erste literarische Erfahrungen oder das bewusste Abwägen zwischen verschiedenen Sprachen. Andere berichten von einem familiären Bezug, etwa durch Aufenthalte in Deutschland oder deutsche Verwandte oder dem Wunsch, später selbst zu unterrichten.
Für einige war die Entscheidung aber auch eine Reaktion auf gesellschaftliche Skepsis. Anamaria Tudor, eine Masterstudentin, erzählt etwa, dass sie ursprünglich Englisch studieren wollte, aber von ihren Lehrern entmutigt wurde mit dem Hinweis, dass man damit „verhungern“ würde. „Ich wollte eine Sprache lernen, die nicht alle können und die wirtschaftlich stark ist“, sagt sie heute. Fünf Jahre lang nahm sie parallel Privatunterricht in Deutsch und fand schließlich ihren Weg ins Germanistikstudium.
Was sich die Studierenden vom Studium versprechen
Die Erwartungen an das Studium sind breit gefächert. Viele der befragten Bachelorstudierenden möchten später im Bildungsbereich arbeiten, als Lehrer, Sprachdozenten oder im Rahmen internationaler Organisationen. Andere interessieren sich für kreatives Schreiben und denken darüber nach, Schriftsteller zu werden.
„Ich schreibe Prosa, aber noch nicht auf Deutsch“, erzählt Clara, die Englisch als Hauptfach und Deutsch als Nebenfach studiert. Auch Ana denkt über die Sprache hinaus: „Ich mag deutsche Philosophie und ihre Verbindungen zur griechischen Kultur.“
Neben der fachlichen Vertiefung steht bei vielen auch die persönliche Weiterentwicklung im Mittelpunkt: besser schreiben, klarer denken, kritisch reflektieren. Wie Ioana es formuliert: „Ich finde es wichtig, die Menschheit zu verstehen, in der Sprache der Schriftsteller.“
Trotz der Begeisterung für Sprache und Literatur verlieren viele Studierende den Arbeitsmarkt nicht aus dem Blick. Deutsch gilt als klarer Vorteil auf dem rumänischen Arbeitsmarkt, insbesondere im Vergleich zu Englisch oder Französisch. „Alle können Englisch, ich wollte etwas anderes“, wie es Elena-Bianca Trana beschreibt.
Ob als künftige Lehrer, Doktorand oder Kulturvermittler in einer Botschaft, die beruflichen Wege der Studierenden sind vielfältig. Doch nicht alle sehen in der Germanistik nur ein Sprungbrett für ihre Karriere.
Für manche ist das Studium vor allem ein Raum der Selbstbildung. So wie für Sepideh Dadar, die gemeinsam mit ihrem Mann eine Klinik betreibt und sich dennoch bewusst für ein Germanistikstudium entschieden hat: „Ich will jetzt einfach nur lernen.“
Zwischen biografischen Umwegen und bewusster Rückkehr
Gerade im Master zeigt sich: Der Weg in die Germanistik verläuft selten geradlinig. Sepideh etwa studierte zunächst Finanzen, arbeitete lange als Sozialassistentin in Deutschland und fand dann zur Germanistik: „Ich wollte eine Brücke zwischen Sprache und Kultur bauen.“ Trotz bürokratischer Hürden hielt sie durch und sagt heute: „Es war mehr, als ich erwartet hatte.“
Sara Zapodeanu war zunächst „satt von Deutsch“, studierte Psychologie und kehrte dann zurück über ein Studium des Niederländischen. Heute sieht sie Deutsch wieder mit anderen Augen: „Ich habe mich wieder in Deutsch verliebt.“
Andere wie [erban-Matei Medvichi fanden über Umwege zur Sprache: „Ich war in der naturwissenschaftlichen Klasse und war schockiert“, erinnert er sich. Heute studiert er Germanistik und Englisch mit dem Ziel, sich später ein Musikstudium zu finanzieren.
Was in vielen der Geschichten allerdings mitschwingt, ist ein tiefes, persönliches Interesse und vielleicht auch einfach Freude an der Germanistik. Es ist diese Art von Motivation, die auch für Semantik- und Varietätenlinguistikseminare benötigt wird.