Wir müssen die Migration stoppen, sagen die von drinnen. Das weiche, weiße Drinnen. Die hart erkämpfte Wohlstandswelt. Sie darf nicht verwässert, nicht verdünnt, nicht unterspült werden, wo kämen wir da hin? Den Kuchen zu teilen mit denen, die gar nicht mitgebacken haben? Lauthals Empörungsgeschrei!
In der Welt der Cocktail-am-Pool-Globetrotter, der Extrem- und Sextouristen, der Exotische-Inseln-Heli-Hopper, der fahrenden Händler nach Übersee, derer, die es in beruflichem, sportlichem, missionarischem Eifer rastlos um den Erdball treibt, bis hoch in den Himalaya, zählt es auf einmal wieder: Von hier zu sein. Von drinnen.
Nur die Hiesigen haben ein Recht aufs Hiersein, auf drinnen, auf daheim. Wer von dort kommt - fort, fort! Wegbleiben, auf dem Weg bleiben, in der eigenen Heimat in dunklen Ecken möglichst ungesehen verrecken. Heimat: Das ist da, wo die Seele bei ihrer Inkarnation die Nadel auf die Weltkarte hat fallen lassen und sie zitternd steckenblieb. So hat sie ihr Los gezogen. Drinnen oder draußen. Reich oder arm. Ein für alle Male.
Die von drinnen nach draußen Reisenden: Erweitern ihren Horizont! Explorieren neue Ressourcen! Sichern Lieferketten, Rohstoffquellen oder Endlager für ihren Abfall... Suchende nach Vorteilen und zu Übervorteilenden. In Billiglohnländern. Bis der dort zart erwachende „Wohlstand“ sie gnadenlos weitertreibt. Wie Viehherden ziehen sie über brachgeweidetes Land. Der Löwenanteil des Erlöses: fließt nach Drinnen. Draußen bleiben: Abgase, Abfall. Abschaum. Schön sauber ist es nur drinnen. Mentholfrisch, atemfrei. Vorbildlich! Das muss so bleiben.
Aber: Waren wir wirklich schon immer hier? Inzucht macht doch Idioten. Kriege, Transhumanz, Siedler - nur genetische Vielfalt rettet! Schwarze Locken von Hannibals Fußvolk in Bayern. Deutsche Sommersprossen in Bessarabien. Siebenbürger Sachsen, Donauschwaben. Mit Versprechungen in die Fremde gelockt. Neue Heimat. 1944: Heim ins Reich.
Egal: Migranten raus! Wir lassen uns nicht verfremden, verfärben, verderben, entzweien, entweihen, ins Haus kacken, die Töchter und Frauen stehlen, und die Arbeit, und die Renten.
Draußenbleiben!!!
(Nur: Irgendjemand müsste wieder mal das Klo putzen...)
Die Mauer. Manchmal ist es eine physische mit Stacheldraht obendrauf. Manchmal nur ein Scanner. Ein Sensor, ein Schalter, ein fehlender Pass. Ein Schengen-Veto. Einsortieren - aussortieren. Prüfen, beiseitelegen, umlegen, weglegen. Abgestempelt, wer rein darf: Niemals wirklich drin. Doch glücklicher Hoffnungsträger für seinesgleichen.
Die Migration auf Null zurückdrehen, tönt es metallen aus Politikermündern. Unmöglich, solange es Hoffnung gibt!
(Und irgendjemand muss ja das Klo putzen...)
Wir haben sie ausgelaugt, seit Jahrhunderten. Die Heimaten der uns jetzt Heimsuchenden. Ihre Böden verdorrt, versalzen, verödet, ihre Kinder versklavt, mit Psalmen verblödet, jesusverblendet an der Nase herumgeführt. Vor ihrer Heidenkultur errettet! Edelmütig entwurzelt. Jetzt fegen heiße Stürme der Sünden unserer Vorväter über ihr baumloses Land. Wir nennen es Klimawandel. Als ginge uns das alles nichts an...
Wir haben uns abgewandt. Wir leiden beim Anblick von Leid. Was kann der Einzelne schon tun? Das Mittelmeer: ein roter See. Ein Totenmeer. Wir haben sie nicht getötet! Wir konnten sie nicht retten... Wir können auf den Knopf drücken, das Leid zurückknipsen. In den schwarzen Kasten, flunderflach, auf dem schon lange keine strohblumengefüllten Vasen mehr auf Stickdeckchen stehen und niemand mehr Staub wischen muss. Wo wir davorsitzen und seufzen: Welch Chaos in der Welt! Während unsere Seelen hilflos
e r s t a r r e n . . .