Die Domkirche zu Temeswar hat eine reiche und lange Geschichte. Sie wurde als Kathedrale jenes Bistums erbaut, das im 18. Jahrhundert schon sieben hundert Jahre alt war. Gegründet im Jahr 1030, in Tschanad, hatte die gleichnamige Diözese schon bald am Anfang eine Kathedrale. Denn die Kathedrale ist der Ort, von wo der Bischof sein Lehramt über sein Bistum ausübt. Nicht jede größere Kirche ist eine Kathedrale, sondern nur die, die ein Bischof zum Haupt und zur Mutter aller Kirchen seines Bistums erklärt hat.
Bis 1552 hatte die alte Diözese ihre Kathedrale und ihren Sitz in Tschanad. Während der osmanischen Besatzung konnte die katholische Kirche hier, im Banat, sehr schwer überleben. Erst nach 1710, als Szegedin schon befreit war, durfte Bischof Nádasdy den Boden seines Bistums betreten und machte sich die Stadt zum Bischofssitz. Seine Kathedrale war dem Heiligen Demetrius geweiht, genau wie jene Kirche, die sich im Mittelalter an jenem Ort befand. Erst nach 1730 wechselten die Tschanader Bischöfe ihre Residenz von Segedin nach Temeswar. Tschanad selber, hatte als Ort keine Relevanz mehr, denn alles war dort schon seit fast zwei Jahrhunderte dem Boden gleich gemacht. Den Titel „Bistum Tschand“, bzw. „Bischof von Tschand“, führten sie weiter, denn die Bistumsgrenzen waren kaum verändert, nur der Sitz war ein anderer. So geschah es, dass man in Temeswar nach 1730/32 eine neue Kathedrale bauen musste.
Bischof Adalbert Freiherr von Falkenstein, der als erster offiziell seine Residenz in der Hauptstadt des Banats verlegte, benutzte die alte St.-Georgskirche (zugleich Jesuitenkirchen, inzwischen aber mit einem neuen Patrozinium, ad sanctam Mariam Serenam – zur Gottesmutter vom guten Wetter) als Kathedrale. Er legte am 6. August 1736, also am Fest der „Verklärung des Herrn“, den Grundstein einer neuen „Hauptkirche“, unserer jetzigen Domkirche. Dies soll, nach der Vertreibung der Türken, auch auf Initiative des Kaisers Karl VI. von Österreich passiert sein. Angeblich legte der Kaiser ein Gelöbnis ab: wenn es seinem Heere gelangen soll, diese Ecke Europas zu befreien, dann würde er, als Dank, eine Kathedrale bauen. Da die kaiserlichen Armeen das Banat und sogar die kleine Wallachei (Oltenien) und Belgrad mit einem Teil Serbien vom Türkenjoch befreit haben, versuchte der Monarch auch sein Versprechen zu erfüllen.
Die Baupläne der Temeswarer Domkirche wurden höchstwahrscheinlich unter der Aufsicht des kaiserlichen Architekten Josef Emmanuel Fischer von Erlach erstellt; dieser hatte auch den Bau der Wiener Hofburg geleitet. Die in Temeswar tätigen Baumeister und Ingenieure Theodor Kostka, Carl Steinlein und Caspar Dissl haben ebenfalls einen wesentlichen Beitrag zur Errichtung der Domkirche geleistet. Die Bauarbeiten begannen schon 1736, doch nach zwei Jahren mussten sie wegen der Pestepidemie, die über die Stadt hereinbrach, eingestellt werden. Der Türkenkrieg 1738-1739, ein starkes Erdbeben und ein Aufstand brachten die Bautätigkeit an der Domkirche zum Stillstand. Bischof Nikola Stanislavich, der auch die katholischen Bulgaren ins Banat führte, bemühte sich unermüdlich in seiner zehnjährigen Amtszeit (1740-1750), die Domkirche aus Sumpf und Armut zu bauen.
Das Bistum konnte keine eigenen finanziellen Mittel einbringen, denn damals besaß die Diözese keine Ländereien im Banat und es wurden ihr auch keine Steuern, Spenden oder Einnahmequellen gesichert. Die Hofkammer stellte dem Bischof lediglich die Summe von 5000 Gulden zu Verfügung. Davon musste er die Bauarbeiten vorantreiben und selbst seinen Unterhalt sichern. So geschah es, dass als 1741 Domherr Carlo Tazzoli (ehm. Pfarrer in Mercydorf) starb, und in der noch nicht fertigen Domgruft begraben werden sollte, man ihn direkt in den Fußboden beerdigte. Von Grabnischen und „loculi“ war noch keine Spur! Erst unter Bischof Graf Franz Anton Engl von Wagrain, wurde die Domkirche vollendet. Am 8. September 1754, als sie aber nur teilweise fertig war, segnete sie Bischof Graf Engel von Wagrain. Nur der Altarraum und der Transept waren fertig; das Kirchenschiff, ohne Dach und Wölbung, wurde nur vorläufig mit Bretter bedeckt. Engl zelebrierte damals, hier, in der neuen Kathedrale, die erste Heilige Messe. Das Gotteshaus ist im Barockstil erbaut und erhielt schon bei der Erstellung ihrer ursprünglichen Pläne zwei Türme (auf der West-Fassade). Diese wurden schon gleich Anfang nicht allzu hoch gebaut, so dass sie nicht zum Ziel feindlicher Kanonen bei Kriegszeiten werden sollen. Eine andere Hypothese spricht aber von der Sparsamkeit der kaiserlichen Verwaltung, die stets die billigeren Varianten bevorzugte. Und trotz dieser Tatsache, bleibt die Domkirche, bis heute, eine der kräftigsten und sichersten Bauten unserer Stadt.
Das Hauptaltarbild zeigt den heiligen Märtyrer Georg und wurde im Jahre 1754 vom Direktor der Kunstakademie in Wien, Michael Angelo Unterberger, gemalt. Die Gemälde der Nebenaltäre stammen vom Wiener Maler Johann Nepomuk Schöpf (der aus Prag stammte) und wurden 1772 gemalt. Vom Eingang gesehen, gibt es folgende Nebenaltäre: auf der rechten Seite, den Altar der Pestheiligen: Rochus, Rosalia und Sebastian; auf der linken Seite, den Altar des hl. Johannes von Nepomuk, Schutzpatron des Banats. Ferner, auf der rechten Seite, befindet sich der Altar der Mariä Heimsuchung und auf der linken Seite der Altar des heiligen Josefs, der Bräutigam der Gottesmutter, hier seltenerweise als Sterbender dargestellt. Die wichtigsten Nebenaltäre, die sich rechts und links im Transept befinden, stellen das Letzte Abendmahl und die Kreuzigung Jesu dar. Weitere drei Nebenaltäre wurden im 19. Jahrhundert im Dom aufgestellt: zwei von Bischof Alexander Csajághy (1850-1860), und einer von der adeligen Familie Bersuder, im Jahre 1901. Vorne rechts befindet sich der Altar des heiligen Gerhard, des ersten Bischofs von Tschand und Märtyrer, und symmetrisch, links, gegenüber, der Altar der Gottesmutter Maria. Unter der Statue des hl. Gerhard wird eine Reliquie unseres ersten Bischofs aufbewahrt und zur Verehrung gezeigt. Die Statue der Gottesmutter, am anderen Altar, wurde nach der Revolution von 1848-49 aus Metall gegossen, obwohl die Struktur der beiden neu-gotischen Altäre aus Holz besteht. Das Metall stammt von einer Kanone, die während der Belagerung Temeswars 1849 benutzt wurde... Der Herz-Jesu-Altar, im Transept, neben dem Altar des Letzten Abendmahls, wurde von der Familie Bersuder gestiftet. Er wurde vollständig aus Holz errichtet und stammt aus den Ateliers des Tiroler Meisters Ferdinand Stuflesser.
Die heutige Orgel wurde vom Temeswarer Orgelbauer Leopold Wegenstein gebaut, ersetze aber ein älteres Instrument, aus dem 18. Jahrhundert. Sie wurde 2015 und 2016 kleineren Reparaturen unterzogen und erhielt einen zweiten, neuen Spieltisch, der auch für Konzerte benutzt werden kann. An der Domorgel spielen zur Zeit Domkapellmeister Dr. Walter Kindl und Domorganist Róbert Bajkai-Fábián. Die Domkirche verfügt über zwei Chöre: einer, geleitet von Prof. Kindl, der den Namen „Chorus&Capella Cathedralis“ trägt, und der „Exultate“-Chor, geleitet von Róbert Bajkai-Fábián. Die erste Turmuhr war ein Werk des Temeswarer Uhrmachers Josef Martin Kidt, und wurde auf Verordnung des Bischofs Franz Anton Engl von Wagrain im Jahre 1764 gebaut. Eine neue „Repetieruhr” wurde 1893 aus eigenen Mitteln des Bistums angekauft. Die Domkirche verfügt über ein volles, beeindruckendes Geläut: in den zwei Türmen befinden sich insgesamt sieben Glocken. Die älteste Glocke wurde 1762 in Buda durch den Glockengießer Josef Steinstock gegossen. Die weiteren sechs wurden nach 1990 durch Bischof Kräuter und Kanzleidirektor Msgr. Roos bei der Firma Rincker in Sinn, Hessen, erneuert. Die letzte gegossene Glocke stammt aus dem Jahre 2012 und wurde zu Ehren des Märtyrerbischofs Konstantin Ignaz Bogdánnffy, ein Sohn unseres Bistums, geweiht.
Die feierliche Konsekrierung der Domkirche, die Kathedrale der Tschanader und später, der Temeswarer Bischöfe, fand erst am 24. April 1803, am zweiten Tag nach dem Fest des Heiligen Georg, des Schutzpatrons der Domkirche, statt. Damals, weihte Bischof Ladislaus Köszeghy de Remete jede Tag einen Nebenaltar, so dass erst am Ende der Hauptaltar konsekriert wurde. Der selbe Bischof eröffnete 1804 das erste moderne Priesterseminar unseres Bistums und zugleich die erste Hochschule Temeswars.
Die Domkelche, die Monstranz, die Lampe für das „Ewige Licht“, das Vortragekreuz (Kapitelkreuz) und andere wertvolle Gegenstände wurden 1754 (teilweise auch danach) vom Wiender Goldschmied Josef Moser geschaffen. Aus dem selben Jahr stammt auch der Bischofsthron, die sog. Kathedra, von wo der Bischof predigt und wo er während der Pontifikalämter Platz nimmt.
Die Domkirche besitz eine eigene Krypta, wo Bischöfe, Domherren, aber in der Vergangenheit auch einige Festungskommandanten und Adelige beerdigt wurden. Hier befinden sich auch die Ruhestätten der Temeswarer Bischöfe Augustin Pacha (+1954), Adalbert Boros (+2003) und Sebastian Kräuter (2008).
Im Laufe der Jahrhunderte wurde die Domkirche oft renoviert und sorgfältig gepflegt. Nach 1849 musste man größere Reparaturen durchführen, da sie von den Kanonen der Revolutionäre beschädigt wurde. Damals soll auch eine interessante Inschrift, zu Ehren des Bischofs Stanislavich, am Triumphbogen, wegen ihres schlechten Zustandes, beseitigt worden. Nennenswerte Renovierungen wurden kurz nach 1900, dann in den Jahren 1926 und 1986 unternommen. In den Jahren 2003-2005 und 2011 wurden Dach und Außenfassaden saniert.
Im Dom fanden viele wichtige Ereignisse statt. Trotzdem wurden hier nur vier Bischöfe konsekriert: Csernoch János - 1908, Augustin Pacha - 1927, Sebastian Kräuter - 1990 und Martin Roos - 1999. Feldmarschall Anton Ludwig August von Mackensen besuchte die Domkirche im Herbst 1915, König Ferdinand von Rumänien 1923, Tzar Simeon von Bulgarien 2008. Im Jahre 1923 feierte man in Temeswar, aber hauptsächlich vor der Domkirche und vor der Dreifaltigkeitssäule, das 200-jährige Jubiläum seit dem Ansiedlungsbeginn der Banater Schwaben. Der damalige Apostolische Administrator, Domherr Augustin Pacha, feierte im Freiem, vor der Pestsäule, eine heilige Messe, an der etwa 70.000 Leute teilnahmen. Hier predigte er in schwäbischer Mundart für sein Volk und für das Banat. Es war zum ersten Mal, dass ein kirchlicher Würdenträger sich auf Schwäbisch an seine Gläubigen öffentlich wandte. Am 29. April 2013 feierten die katholischen Bulgaren 275 Jahre seit ihrer Ansiedlung im Banat. Bischof Roos und alle bulgarischen Priester des Bistums feierten damals ein Pontifikalamt auf Bulgarisch und Rumänisch, in einer überfüllten Domkirche. Danach besuchten die Teilnehmer das Grab des Bischofs Stanislavich.
Nach der Wiederanerkennung des Bistums durch den rumänischen Staat, 1990, errichtete Bischof Kräuter das Domkapitel wieder. Erst 2002 bekam diese kirchliche Einrichtung eine feste Ordnung im Rahmen der Domkirche. Seitdem feiern die Domherren in der Advents- und Weihnachtszeit, sowie in der Fasten- und Osterzeit wieder die Vespern zusammen. Zur Zeit zählt das Domkapitel 12 Domkapitulare (Domherren). Jeder von ihnen feiert eine Woche lang die täglichen Gottesdienste im Dom. Während der Woche werden täglich zwei heilige Messen im Dom gefeiert: am Morgen um 7.15 Uhr und am Nachmittag, im Sommer um 18.30 Uhr, bzw. im Winter um 18 Uhr. Am Abend sind die Heiligen Messen immer in rumänischer Sprache.
Aus einem rein kirchlich-verwalterischen Sichtpunkt ist die Domkirche exklusiv die Kirche, wo der Bischof und das Domkapitel das Messopfer zelebrieren, wo die Bischofs- und Priesterweihen vorgenommen werden, wo am Gründonnerstag die Heiligen Öle geweiht werden und wo der Bischof am Pfingstfest die Firmung für die ganzen Stadtpfarreien spendet. Wenn der Bischof Pontifikalämter feiert, werden diese meistens teilweise, bzw. gemischt in lateinischer, deutscher, ungarischer, rumänischer und manchmal auch in bulgarischer, kroatischer, tschechischer und slowakischer Sprache zelebriert. Da die Domkirche dementsprechend keine Pfarrkirche ist, hat sie auch keinen eigenen Pfarrer. Oft helfen aber auch die bischöflichen Sekretäre hier als Zeremoniare oder sogar auch als Zelebranten aus.
2016 feierte man 280 Jahre seit der Grundsteinlegung der Domkirche. Dieses Fest wurde im Rahmen des größeren Jubiläums, zur 300-Jahrfeier seit der Befreiung Temeswars, veranstaltet. Aus diesem Grunde organisierte und eröffnete Bischof Martin Roos eine Domausstellung mit Gegenständen, Daten, Dokumenten und Bilder aus der jahrhundertealten Geschichte der Temeswarer Domkirche. Im selben Jahr reichte das Bistum Temeswar ein Projekt für EU-Förderungsmittel zur Gesamtrenovierung der Domkirche ein. So lassen sich Geschichte und Gegenwart verbinden, um zusammen die Zukunft des ältesten noch bestehenden architektonischen Wahrzeichens Temeswar zu sichern.