Jährlich werden rund 30 Freiwillige aus dem deutschsprachigen Raum in Entwicklungsländer gesandt, wo sie mit Flüchtlingen, Straßenkindern oder Behinderten arbeiten. Die Jesuit Volunteers (JV) tauchen in neue Kulturen ein, arbeiten in Sozialprojekten der Jesuiten mit und setzen sich für mehr Gerechtigkeit in der Welt ein. Es sind meistens Jugendliche ab 18 Jahren, die sich für den internationalen Freiwilligendienst melden. Mitmachen kann allerdings jeder, der volljährig ist.
Von der Unterstützung der Freiwilligen profitieren Hilfseinrichtungen wie etwa die der Caritas in Temeswar/Timisoara und Umgebung. Die Entsandten arbeiten zum Beispiel im Frauenhaus, in der Armenküche, in einer Tagesstätte für geistig behinderte Menschen oder in der Hospiz. Sie leisten auch Besuchsdienst für ältere Personen.
Die Jesuit Volunteers leben in Temeswar gemeinsam in einer WG. In der letzten Staffel wurden vier Freiwillige aus Deutschland ins Banat geschickt. Unter ihnen war auch die 69-jährige Antonie Thiel - eine der ältesten Volontäre.
Seit Ende Juli sind drei neue Freiwillige in der Begastadt. Sarah Gerster (17), Fanny Maier (18) und Felicitas Kerschner (18) kommen aus der gleichen Gegend. Die Jugendlichen stammen aus Baden-Württemberg – Sarah aus der Gemeinde Eutingen im Gäu, Fanny und Felicitas aus der Universitätsstadt Tübingen. Sie treten die Nachfolge von Antonie Thiel sowie den anderen drei Freiwilligen an, die ein Jahr lang bei der Caritas tätig waren.
Sarah, Fanny und Felicitas suchen die Freiheit und das Abenteuer. Die Abiturientinnen wollten zuerst ins Ausland, ehe sie in Deutschland ein Studium beginnen. Sarah will Physik studieren, Fanny Mathematik und Felicitas ist noch unentschlossen. Alle drei wollten allerdings ganz weit weg von Zuhause. Afrika und Lateinamerika waren ihre bevorzugten Zielkontinente.
Dagegen klang Rumänien weniger abenteuerlich. Ganz im Gegenteil: Aufgrund der Nähe trösten sich Familienmitglieder mit der Gewissheit, dass sie ihnen „CARE-Pakete“ schicken können, sollten sie in die finanzielle Bredouille kommen. Doch gerade das möchten die drei Freiwilligen nicht. „Ich habe mich für das Programm gemeldet, damit ich ein Jahr lang auf eigenen Beinen stehen kann“, sagt Sarah. Ihrer Meinung schließen sich auch Fanny und Felicitas an.
Letztere hat von dem Programm über ihre Schwester erfahren, die vor zwei Jahren als Freiwillige in Mexiko war. Ihre Freundin Fanny wird im Frauenhaus des Caritasverbands der römisch-katholischen Diözese Temeswar arbeiten. Die Einrichtung bietet misshandelten Frauen einen Zufluchtsort. Dort können sie von ihren gewalttätigen Ehemännern wegkommen, Kräfte schöpfen und ein neues Leben anfangen. In den vergangenen zehn Jahren wurden mehr als 330 Personen im Frauenhaus der Caritas Temeswar untergebracht. Über 420 Kinder lebten zeitweilig dort.
Das Hospiz für Palliativ-Krankenpflege der Caritas ist eine weitere Einrichtung, wo die Jesuit Volunteers aushelfen sollen. Hierhin kommen die Todkranken, um würdevoll zu sterben.
Sarah muss nach Carani in die Caritas Tagesstätte für Geistigbehinderte. Felicitas fährt täglich nach Bakowa ins Altenheim und zum Kinderhort.
Monatlich kriegen die drei Mädchen eine bescheidene Summe für Essen. Die Unterkunft wird von der Jesuitenmission, dem Träger des Freiwilligendienstes bereitgestellt: Es handelt sich um eine Wohnung im Stadtbezirk Fratelia. Alle Jesuit Volunteers wohnten bisher dort.
Viele der ehemaligen Freiwilligen haben sich in das Land verliebt und sind mehrmals danach zurückgekommen.
Dominic Samuel Fritz startete ein Gospelprojekt und gründete später einen Verein, der jedes Jahr Gospelkonzerte mit Laien in Temeswar organisiert. Daniel Großer und Lucas Uhlig setzten mit Unterstützung der ifa-Redakteurin Annik Trauzettel den ersten Stolperstein in Rumänien.
Für Sarah, Fanny und Felicitas hat der Kulturschock noch nicht angesetzt. Was sie als erstes bemerkten, waren die Gemeinsamkeiten. Läden wie Hornbach oder Kaufland, die sie aus Deutschland kannten, gibt es auch in Rumänien. Der Verkehr sei infernalisch und die Anzahl an Wechselstuben überraschend.
Die größte Herausforderung für sie sei momentan die Sprache. Sie befürchten auch, dass sie Rumänisch in den nächsten zwölf Monaten nicht erlernen werden, eben weil sie mit Menschen zu tun haben, die Deutsch verstehen.
Es ist jedoch das kleinste Problem für drei jungen Freiwilligen, denen ein großes Abenteuer bevorsteht. Und wer weiß, wohin sie das Abenteuer noch nach dem Freiwilligenjahr führen wird.