Die Temeswarer deutsche Umgangssprache ist laut dem bekannten Sprachforscher Erich Lammert eine Mischmundart, und geht grundsätzlich auf eine südbairische Mundart zurück. Welches war der lokale Nährboden?
Die deutsche Stadtsprache Temeswars entstand im Laufe der Zeit nach der Eroberung des Banats und der Festung Temeswar 1716. Temeswar wurde Militärstützpunkt und Verwaltungszentrale der neuen Krondomäne. Wie ein starker, lebendiger Ring entwickelten sich die späteren Stadtviertel, anfänglich aufgrund der bestehenden Vororte (Große und Kleine Palanka). Die deutsche Umgangssprache entwickelte sich in mehreren Varianten, in der Fabrikstadt, in der Josefstadt, in der Mehala, so auch in der Elisabethstadt. Zu bemerken der spärliche Einfluss der rheinfränkischen Mundarten, die Temeswar als Sprachinsel im Banat wie ein Meer umgaben. Schwache Ausnahmen gibt’s in der Mehala und in der Josefstadt.
Der Temeswarer Autor Hans Mokka hat als Fixpunkt für seine Geschichten das deutsche Kretzl seiner Kindheit aus der Rosengasse, heute Crizantemelor-Straße, und das dort gesprochene Josefstädterische gewählt. Der Chronist und Schriftsteller Hans Matthias Just hat als Sammelplatz wiederum den Rudolfsplatz, heute Axente-Sever-Platz, ausgewählt. In seinen Kindheits- und Jugenderinnerungen erweist er sich nicht nur als akribischer Chronist der Elisabethstadt und seiner Leute in der kommunistischen Epoche. Es gelingt ihm, ohne das Multikulturelle zu vergessen, die bunte deutsche Mundart dieses Stadtteils auf seine humoristische Art wiederzubeleben und einzubringen. Die Elisabethstädtische Mundart ist im Gegensatz zu der der Josefstadt und Fabrikstadt eher vom starken Einschlag des Wienerischen beeinflusst. Die Elisabethstädter hielten sich ja auch eigentlich schon immer auch für bessere Deutschsprecher, für gebildetere Temeswarer als die von einfachen Handwerkern, Fabriksarbeitern, Tagelöhnern, Händlern und einer ganzen Armee von Dienstpersonal aller Art gebildeten Einwohnerschaft aus der Fabrik- und Josefstadt.
Die Gründung der „Alten Meierhöfe“ wurde aufgrund einer Schenkung der Landesadministration von 1718 an die Bürgerschaft Temeswars beschlossen. Das Gelände außerhalb des Belgrader Tors, an der Bega hinab, bis an die alte Römerschanze, umfasste 1000 Klafter Gartenterrain und darauf noch 500 Joch Ackerland. Es wurde eine blühende Gartenlandschaft daraus, denn hier errichteten reiche Bürger ihre Wohnhäuser und Sommersitze, es entstanden auch moderne Wohnhäuser, Unternehmen, Schulen. Zwei Jahre vor der Fabrikstadt anerkannt, wurde die Elisabethstadt amtlich erst 1744 zum III. Stadtbezirk. Den berühmten Namen erhielt das Viertel erst 1896 nach Sissi, der Kaiserin und Königin Elisabeth.
H.M. Just belebt in seinen Geschichten die alte Welt der Elisabethstadt: Vom Rudolfsplatz geht’s in die Rudolfsgasse, heute Cozia-Str., darauf auf den Grundhausplatz, Lahovary-/ B²lcescu-Platz, den Kreuzplatz, Crucii-Platz, bis zur Königsgasse, Memorandului-Str. Plätze und Gassen sprechen Vieles über Geschichte und Ereignisse aber noch mehr über die Menschen, die hier zu Hause waren, über ihr Dasein und ihre lebendige Sprache.
In den Texten von H.M. Just finden wir wie selbstverständlich eingestreut allerhand Wienerisches, es erinnert stark an die Reschitzaer Stadtsprache (Larifari, Schraz, flanieren, fratscheln, Ganauser, Haberer, Remasuri, Hapschi) aber auch rumänische Lehnwörter und Wortwendungen (Ana la Caiafa, Acarul P²un, Borcan, Brambureal², Carul cu Bere, Dracu) aber auch recht viel ungarisches Wortgut (Bütjök-Überbein, Csardas, djoroschn-arbeiten, Kaja-Kost, Izses-Sachen, Lajos-Geld) und Jüdisches (moires-Angst, Ponem-Gesicht). Zudem noch das gesamte Kauderwelsch der vom Kommunismus geprägten Sprache des Alltags: Tschubuk, STAS, Schmenari, Poschtasch, Plastikpunga, Paraputsch, Muscamor, Ocsko, in trei culori, interesul serviciului. (bw)
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