Der Großteil der Mitglieder der Evangelischen Kronstädter Honterusgemeinde A. B. sind sicher schon in Besitz des neuen Kalenders für das bevorstehende Jahr 2025 gekommen und haben sich auch erste Meinungen darüber gebildet. Es ist, kann man einleitend sagen, ein Novum bezüglich der Thematik, da besondere Archivfotos aus dem Kirchenbesitz dafür verwendet worden sind. Dafür wurden Fotos bekannter Kronstädter Fotografen wie Alfred Adler, Carl Muschalek, Oskar Netoliczka, Luise Netoliczka, Wenzel Faber, Franz Kultrich, Heinrich Adleff, Rudolf Friedrich Miess und Knaur Gyla verwendet. Es ist zu erwarten, dass das Bilderarchiv weiterhin bereichert wird durch den Aufruf, der an Besitzer alter Fotos gerichtet worden ist, diese für die Archivsammlung zur Verfügung zu stellen. Die Auswahl der Illustrationen für den Kalender hat Frank-Thomas Ziegler, Referent für Presse und Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Honterusgemeinde A.B. Kronstadt vorgenommen. Dabei baute er auch auf die kompetenten Ratschläge von Harald Meschendörfer, Camelia Neagoe, Dr. Stefan Sienerth, Dr. Volker Wollmann,Gerda Ziegler und der Kunsthistorikerin Dr. Agnes Ziegler. In seinem einleitenden Begleittext zum Kalender, der in Sepia-Druck in bester Qualität in der Honterus-Druckerei von Hermannstadt erschienen ist, betont Dr. Frank-Thomas Ziegler, „für diesen Kalender haben wir eine heitere Auswahl getroffen und ausnahmsweise nicht Jahreslosung und Monatssprüche hinzugefügt, sondern Zitate, die das Geistesleben jener Zeit, das geistliche wie das weltliche, in breiteren Umfang aufscheinen lassen und den Fotografien zusätzlich Leben einhauchen“.
„Menschenwerk und Gotteswerk“, das Thema, unter dem der Kalender konzipiert worden ist, bietet eine hervorragende Dokumentation, die die Liebe zu Kronstadt, für die meisten die Heimat- oder Geburtsstadt, weiter vertiefen wird. Auch stellt der Autor die Honterusgemeinde als eine Glaubens-, wie auch eine Kultur- und Solidaritätsgemeinschaft vor. An den Gottesdiensten und Andachten nehmen nicht nur Kirchenglieder evangelischen Glaubens der Honterusgemeinde teil, sondern auch rumänische oder ungarische Mitglieder, die den evangelischen Glauben angenommen haben, durch Taufe oder Konfirmation, und sich mit der Kirchengemeinde fest verbunden fühlen. In den monatlichen Gottesdiensten in rumänischer Sprache, den einleitenden oder abschließenden Segenswünschen, ausgesprochen von jeweiligen Pfarrerinnen und Pfarrern in den Feiern der Gottesdienste auch den Angehörigen anderer Konfessionen, zeugen von der Offenheit der Kirchengemeinde für alle christlichen Konfessionen, von der Bindung an deren Mitglieder.
Nach der Ansicht des Honterus-Hofes auf dem Titelblatt folgt ein Faschingsbild, in dem kostümierte Schlittschuhläufer um 1905 zu sehen sind. Hugo Beer schreibt in Alt-Kronstadt dazu: „Unser Fasching war ein kapitaler Fasching. Er bot Maskenbälle, Nobelbälle, Kinderbälle, Picknicks, Vereins- und Fortunabälle.“ Im ersten Monat des Jahres der ebenfalls mit einem Faschingsbild markiert wird, ist ein Zitat von Adolf Meschendörfer aus seinem Roman „Die Stadt im Osten“ angegeben, in dem die Masken der Teilnehmer vorgestellt werden. Kennzeichnend für den Inhalt des Kalenders, ist, dass jeder Monat durch ein Hauptbild charakterisiert wird und auf der zweiten Tafel zwei bis vier Fotos in Kleinformat wiedergegeben sowie die kirchlichen Feiertage und wichtigsten staatlichen Gedenktage angegeben werden. Auch die Öffnungszeiten des Pfarramts, bzw. die Tage, an denen es geschlossen ist, werden angegeben. Die Kronstädter Ansichten von Carl Muschalek zieren den Februar, denen ein Zitat von Georg Scherg aus „Die Erzählungen des Peter Mertens“ beigefügt ist: „Die Sonne war über dem Zinnengrat emporgestiegen und die Kornzeile lag im warm flutenden Licht da“, illustriert mit einer Ansicht der Kornzeile als Hauptdarstellung. Laut dem Jahresbericht des evangelischen Mädchengymnasiums aus dem Jahre 1936/37 (siehe März) wurde außer den beiden wöchentlichen Turnstunden mit der Quarta noch Leichtathletik und Handball betrieben. Der April, in dem die Osterfeiertage begangen werden, zeigt Fotos mit Frauen in Trachten, so wie Carl Göllner in dem „Kreislauf des Jahres“ berichtet, dass die Frauen in Nordsiebenbürgen am Sonntagnachmittag zur Dorfmitte mit bemalten Eiern im Korb schritten. Ein besonderes Archivfoto zeigt ein Gruppenbild mit dem bekannten rumänischen Historiker Nicolae Iorga in V˛lenii de Munte um 1935, von Luise Netoliczka. Die Gottesdienste finden am 20. April, Ostersonntag bzw. 21. April, Ostermontag statt.
Ansichten vom Treiben auf Märkten werden von drei Archivfotos im Mai geboten. Auf dem Platz zwischen Schlossberg, Purzengasse und Klostergasse sammelten sich an den Wochenmarkttagen Wagen, Verkäufer und Käufer laut Friedrich Philippi, wie in „Aus Kronstadt‘s Vergangenheit und Gegenwart“ zu lesen ist. Zwei weitere Ansichten von 1935 zeigen Verkäufer am Marktplatz.
Der erste Gottesdienst in der Schwarzen Kirche nach der kalten Jahreszeit findet am 18. Mai statt, am 29.des Monates wird Christi Himmelfahrt begangen. Von einem unbekannt gebliebenen Fotografen wird eine Schülergruppe des evangelischen Gymnasiums A. B. Kronstadt aus dem Jahre 1876/1877 geboten. Auch Adele Zay ist mit Schülerinnen um das Jahr 1908/1909 zu sehen (Juni). Zitate aus der Tanzordnung des Kronstädter Radfahrerkränzchens sowie ein ansprechendes Archivfoto mit Mitgliedern dieses Kränzchens schmücken die beiden Kalendermonatsseiten des Juli.
Drei Bildtafeln des August sind der Einweihung des Honterus-Denkmals am 21. August 1898 gewidmet. Frauen in Tracht überreichen Stadtpfarrer Franz Obert den Metallkranz, während die weiteren Fotos den Bildhauer Harro Magnussen und eine Ansicht der Denkmalenthüllung bieten. Der September eignet sich bekanntlich durch das konstante Wetter für Ausflüge, was auch mit drei Archivfotos um die Wende des 20. Jahrhunderts unbekannter Fotografen illustriert wird. Junge Frauen in rumänischer Tracht werden durch fünf Archivfotos von Carl Muschalek im Oktober als Illustration geboten. Drei Bildnisse des Schriftstellers Adolf Meschendörfer, zugeschrieben Rudolph Friedrich Miess, zeigen diesen im Kreise von Bekannten in einem Hammerwerk, über das in „Die Stadt im Osten“ zu lesen ist. Der Kupferhammer war im verlassenen Stampfwerk im Gebiet des Tömöschbaches (November).
„Gebt das Beste, das in Euch wohnt, euren Kindern, dann erfüllt ihr Gottes Gebot, dann wandelt ihr in seiner Liebe. In diesem Sinne wird Weihnachten zu einem großen Familienfeste, wo sich Liebesband fest um Eltern und Kinder schlingt“, beschreibt Hans Salmen die Weihnachtsfeier in der Volksschule im Dezember 1907. Fünf Archivfotos werden als passende Illustration aus der Zeitspanne verwendet.
Die Weihnachtsfeier 2025 ist angegeben: Heiligabend fällt auf einen Mittwoch, Erster und zweiter Christtag auf Donnerstag und Freitag, so dass man sich jetzt schon ein langes freies Wochenende einplanen kann.
Der Herausgeber des Kalenders, die Evangelische Kirche A. B. Kronstadt, vermerkt abschließend, dass die titelgebenden Worte des Kalenders Heinrich Zillich entlehnt sind: „Wer da am Roßmarkt steht und die Konturen der Zinne mit der Mitte des Kirchturms sich schneiden sieht, wird erkennen, daß hier Menschenwerk und Gotteswerk nebeneinander ragen wie Geschwister...“
Sicher richtet sich der Dank aller Besitzer des Kalenders 2025 an die Herausgeber und den Gestalter dieser Dokumentation, wie auch seitens des Autors dieser Zeilen.