Franz Hiemesch wurde am 15. Dezember 1850, als jüngstes Kind des Pfarrers Josef Gottlieb Hiemesch und der Regine Julie, geb. Tartler in Kronstadt geboren. Der Vater war um die Zeit Prediger in Kronstadt in der Blumenauer Kirche und später Pfarrer in Honigberg und nachher bis zu seinem Tod in Nussbach. Seinen beruflichen Werdegang entnehmen wir dem Nachruf aus der Kronstädter Zeitung des 4. April 1911:
„Er war ein Kind dieser Stadt, hier geboren am 15 September 1850, hat hier seine Schulbildung genossen, in Schässburg die Gymnasialstudien absolviert, dann auf der Rechtsakademie in Hermannstadt, auf der Universität in Leipzig und Klausenburg die rechtswissenschaftlichen Studien beendet, um im Jahre 1875 hier in Kronstadt seinen Beruf als Advokaturskandidat aufzunehmen.
Aber schon im Jahre 1878 wandte er sich der öffentlichen Verwaltung zu und wurde am 3. Juli desselben Jahres bei der Reorganisation der städtischen Verwaltung zum Wirtschaftsamtsadjunkten gewählt. In rascher Folge ist er sodann zum Oberstadthauptmann und am 17. Oktober 1898 zum Bürgermeister seiner Vaterstadt gewählt worden.
In allen seinen Stellungen hat er sich durch sein streng objektives, konziliantes und entgegenkommendes Wesen die Liebe und Achtung nicht nur derjenigen erworben, die mit ihm in amtlicher Eigenschaft in Berührung gekommen, sondern auch aller jener, die bloß gesellschaftlich mit ihm in Verkehr gestanden sind. Seine liebenswürdige Art und sein Bestreben, jedem der sich an ihn gewendet, mit Rat und Tat beizustehen und die Erfüllung der vorgebrachten Wünsche zu ermöglichen, haben ihm ein bleibendes Andenken in den Herzen aller Bürger dieser Stadt gesichert.
Was er versprochen, hat er auch gehalten. Mit eisernem Willen und zäher Energie hat er am Aufstreben unserer Stadt gearbeitet. Unter seiner Leitung sind wichtige Institutionen in unserer Stadt geschaffen worden. So die Kanalisation, die Neupflasterung der Stadt, ein neues städtisches Gaswerk, die Erweiterung unserer Hochquellenwasserleitung u.a.m. Leider war es ihm nicht vergönnt, auch das Elektrizitätswerk, dass ihm sehr am Herzen gelegen war, erstehen zu sehen. Diese Anerkennung fand aber auch bei der Staatsregierung ihren Ausdruck dadurch, dass Bürgermeister Hiemesch im Jahre 1907 durch Verleihung des Franz Josefs-Ordens und ein Jahr später des Titels eines königlichen Rates ausgezeichnet worden ist.“ Der Nachruf ist unterzeichnet mit F.L.
In den 14 Jahren als Oberstadthauptmann hat er es geschafft“, die Polizei – die früher ein Spott der Bürger war – auf eine solche Höhe zu erheben, dass sie seitdem ein vorzügliches Sicherheitsinstitut Kronstadts geworden ist und auch andere Städte zu ähnlichen Einrichtungen geführt hat“, laut Dr. Eduard Gusbeth.
Er hat auch viel Menschenklugheit besessen und war ein besonders begabter und intelligenter Mensch, so wurde er ins Presbyterium gewählt, dann später ins Bezirks- und Landeskonsistorium. Auch im Direktionsrat der Sparkasse war er als Mitglied vertreten.
Im Verschönerungsverein war er der Nachfolger des Präsidenten Oskar Alesius (1844, nach 1907 in Wien).
Im Jahre 1878 heiratete er Julie Helene Dück, die Tochter des Pfarrers Josef Dück aus Zeiden und der Josefine geb. Trausch. Die Ehe wurde mit drei Töchtern gesegnet. Seine erste Tochter Julie Helene (1879-1962), war in erster Ehe verheiratet mit dem Bankbeamten Carl Adam und in zweiter mit dem Rechtsanwalt Ion Alexi.
Die zweite Tochter Helene Margarethe (1881-1963) heiratet 1927 den Witwer Dr. Oskar Netoliczka und war eine bekannte Malerin. Oskar Netoliczka (1865-1940) Lehrer am Honterusgymnasium und in den Jahren 1916-1926 auch Rektor dieser Schule, verdient eine eigene Würdigung.
Die dritte Tochter Anna geb. 1885 heiratet den Fabrikanten Dr. jur. Wilhelm Czell geb. 1884 und gest. am Kanal.
In der Trauerversammlung der städtischen Gemeindevertretung am 5. April, nachdem der Vorsitzende, Magistratsrat Friedrich Stenner gesprochen hatte, sprach Dr. Carl Ernst Schnell, damals noch Obmann des Kreisausschusses noch ein paar Worte.
„Franz Hiemesch war ein Charakter, das heißt ein Mann, der nicht ziel- und haltlos schwankte, sondern von treu festgehaltenen, unabänderlichen Grundsätzen geleitet wurde – er war eine Individualität, das heißt ein Mann, der nicht als Herdenmensch mit dem Schwarm die Straße daher rennt, wohin der Weg auch führe, nein – im Gegenteil er war zum Führer geschaffen und berufen, er war – und dies ist vielleicht für seine Vaterstadt die wertvollste Eigenschaft an ihm gewesen, ein großzügiger Mensch, der nie kleinlich zagte. Sein Gesichtskreis war weit und offen. Mit diesem großzügigen Wesen wollte er – ich habe es aus seinem Mund oft gehört – nicht ruhen und nicht rasten, bis er nicht seine Vaterstadt mit allen modernen Wohlfahrtseinrichtungen ausgestattet und zu einem wohlgeregelten Gemeinwesen ausgestaltet habe. Und nun hat der unerbittliche Tod seine erfolgreiche, groß angelegte Arbeit leider viel zu früh jäh abgeschnitten.“
Im Tagebuch des Arztes Eduard Gusbeth finden wir die Beschreibung des Zeitgenossen der Beerdigung von Franz Hiemesch.
„Am 6. April wurde der Tote gegen 11 Uhr vormittags in die Kirche übertragen, denn es sollte eine ´Kirchenleiche´ werden: — seitdem der verstorbene Stadtpfarrer Samuel Schiel in die Kirche getragen wurde, der erste Fall.
Sein Sarg wurde vor dem Altar aufgebahrt. Nachmittag um 4 Uhr fingen die Feierlichkeiten an, bei denen Stadt- und Komitatsbeamte und Vertreter, alle Vereine unserer Vaterstadt, das gesamte Offizierskorps in der Kirche sich versammelt hatten und die Kirche so voll war, wie ich sie nie gesehen hatte. Es wurden von dem Kirchenschülerchor zwei schöne Lieder mit Orgelbegleitung gesungen, dann hielt Franz Sindel, der Dechant, sonst als Dauerredner bekannt, der mit sehr vielen Worten nicht viel sagen konnte, die Leichenrede, die jedoch in 23 Minuten beendet war; hierauf folgte noch ein Lied und die Feier war beendet. Schön langsam leerte sich die Kirche. Zwei Wagen mit Blumenspenden eröffneten den Leichenzug, dann folgte der neue pompöse Leichenwagen (der 8000 Kronen gekostet hatte), die Leiche war durch die kleine Tür neben dem Altar auf den Wagen getragen worden und gegen ½ 6 Uhr setzte sich der endlose Leichenzug in Bewegung. Auch Obergespan Mikes und Staatssekretär Szerenyi waren erschienen. Es spielte die Militär- und die städtische Musikkapelle. Zu beiden Seiten der Klostergasse und der Flachszeile stand das Publikum dicht gedrängt und alle Fenster waren dicht besetzt. Endlich war man auf dem Friedhof angelangt. Die Stadtkapelle spielte das ergreifende Lied: „Jesus, meine Zuversicht“, dann wurde der Sarg in das Grab, zwischen dem Dr. Servatius und dem Dr. Phleps’ischen gelegen, versenkt. Prediger Lassel sprach die üblichen Gebete, zum Schluss sang noch der Gesangverein und der Liederkranz das tiefergreifende Lied, das mit den Worten endet: „Auf Wiedersehen“ und die feierliche Beisetzung war beendet. –
Glücklicherweise hatten wir das beste Wetter, was viel zur feierlichen Beisetzung beitrug! Ruhe seiner Asche! – „Der König ist tot, es lebe der König.“ Wer wird nun der neue Bürgermeister werden? Diese Frage wurde schon auf dem Friedhof vielfach erörtert! – Man redete viel von Dr. Carl Ernst Schnell und von Ludwig Servatius; von den vier Senatoren Friedrich Stenner, Friedrich Fabritius, A. Szabo, Ludwig Kamner dagegen gar nicht. Wir haben jedenfalls Mangel an tüchtigem Nachwuchs!“.
Soweit die Worte von Eduard Gusbeth.
Sein Nachfolger wurde Dr. Carl Ernst Schnell, der letzte deutsche Bürgermeister Kronstadts.
Sein Grab ist in der Inneren Stadt in der 11. Reihe links Nummer 24, an der Hauptallee zwischen der 11. und 12. Reihe. Im gleichen Grab wurde auch die Malerin Grete Netoliczka-Hiemesch beerdigt. Der schöne schwarze Marmorobelisk wurde leider, gelegentlich einer Weitervergabe des Grabes, umgedreht, so dass die Inschrift nur von hinten sichtbar ist.