ADZ-Reihe Wertvolle Jugendbücher: Wie man (k)ein toller Typ wird

„Edvard“ – Zoe Beck Insel Verlag, ausgeliehen in der Bibliothek des Goethe-Instituts Bukarest, Calea Dorobanți 32/Pavilion, www.goethe.de/ bukarest

Edvard – was für ein Name! Und noch dazu mit „v“. Das kommt von Grieg oder Munch, erklären seine kunstliebenden Eltern. Seine Klassenkameraden Ratte und Piesel rächen sich über irgendeinen Mist mit der Variante Ed„fart“ – englisch ausgesprochen – und machen Furzgeräusche dazu. Edvard sagt dafür „Ralf“ und „Peter“ zu ihnen – so nennt die beiden kleinen Rocker keiner außer ihren langweiligen Eltern. Doch Namen sind nicht wirklich Edvards Problem. Der fast 15-Jährige findet es viel schlimmer, dass er noch immer keine Haare auf der Brust hat wie sein Klassenkamerad Henk, der ihn nicht nur deswegen heftig mobbt, dass seine Stimme noch immer viel zu hoch ist und dass die hübsche Constanze sein Account schon wieder geblockt hat. Wie soll er da mitbekommen, was sie so täglich postet? Es hilft auch nicht, dass ihn sein Vater lachend aufklärt: die Rückentwicklung von Brusthaaren beim Menschen sei genau wie das Ausbleiben von Weisheitszähnen ein Zeichen von fortschreitender Evolution.

Um doch zu erfahren, was sein Schwarm Constanze im Internet so macht, erfindet Edvard einen amerikanischen Austauschschüler aus Chicago namens Jason. Und Jason finden auf einmal alle cool, vor allem aber Constanze! Doch das Online-Leben als Jason wird für Edvard immer komplizierter. Täglich mehr Fans, immer mehr Likes! Die Pflege des Social-Media-Kontos von Jason übersteigt längst seine erlaubte Internet-Zeit, während sein eigenes Konto peinlich leer bleibt... Ob er Jason nicht einfach wieder sterben lassen soll...  ein anaphylaktischer Schock, vielleicht? Sein fiktiver Bruder James teilt es den trauerndern Online-Fans mit. Doch damit geht der Trubel um Jason erst so richtig los... 

Dazwischen: Urlaub auf dem Bauernhof mit den Eltern: Was zuerst megaätzend klingt – Komposttoilette, vegetarische Woche, Zimmer direkt über dem Schweinestall – endet in der Feststellung, der Bauer sei doch ein ganz cooler Typ und in die Bäuerin, wenn sie denn nicht fast so alt wäre wie die Mama, könnte er sich glatt verlieben. Neue Turnschuhe vom Nachbarn: Von dem alten Schnösel, dessen Pudel immer den Gehstein verkackt. Wo Edvard dann zielsicher reintritt. Doch die Schuhe sind richtig cool und Edvard geht sich bedanken. Wobei er die Überraschung seines Lebens erfährt: Herr Tannenbaum heißt nämlich nicht nur so wie der Autor seines Lieblingsbuchs „Sterne“ – er ist es sogar höchstpersönlich! Und Mathe und Physik? Verlieren dank Herrn Tannenbaum bald ihren Schrecken...

Allzu oft dreht sich Edvards Welt zwischen „peinlich, ich werde nie wieder das Haus verlassen können“, denn Henk hat ihn beim Kotzen gefilmt und ins Internet hochgeladen, und solchen unerwarteten Wendungen. Doch Edvard kann die Überraschungen kaum genießen. Zu sehr kreisen seine Gedanken um Constanze. Wenn sie ihn doch endlich mal beachten würde! Inzwischen übt er schon mal mit der burschikosen Karli, die eigentlich Karla heißt, das Küssen. Karli will ihm helfen, bei Constanze keinen Fehler zu machen, denn nichts sei schlimmer als ein Junge, der eklig küsst, klärt ihn diese auf.

Zu allem Überfluss erfährt Edvard nun auch noch, dass Tannenbaum wegziehen muss. Wohin? Keine Ahnung. Gerichtsurteil, bevorstehende Zwangsräumung – eine Riesensauerei, finden Edvard und auch seine Eltern. Und bald eine ganze Menge anderer Mitschüler, Eltern und Lehrer. Da muss Gerechtigkeit geschaffen werden, erinnern sich die Erwachsenen ihrer rebellischen Jugend... Und Edvard? Der bangt schon um seine Note in Mathe und Physik und beschließt, Jason nochmal kurz „aufleben“ zu lassen, mit einer ganz speziellen Mission...

Mit „Edvard“ ist Autorin Zoe Beck ein amüsanter Jugendroman gelungen, der die Pubertät eines Jungen mit all ihren Begleiterscheinungen locker-flockig als Nebenstrang behandelt. Und den man schmunzelnd in einem Rutsch verschlingt. Lesenswert – nicht nur für Jungs. Die Mädchen können sich schon mal überlegen, ob es in ihrem Online-Leben nicht auch so manchen „Jason“ gibt... Und wie sie sich den „Edvards“ gegenüber zeigen wollen: eher Kumpel wie Karli oder Zicke wie Constanze?


Die monatliche ADZ-Reihe „Wertvolle Jugendbücher“ möchte Kinder und Jugendliche zum Lesen in deutscher Sprache anregen. Die Bücher sind in den deutschsprachigen Bibliotheken des Goethe-Instituts auszuleihen.