Unterschiedlicher kann man sich Theaterdarbietungen nicht vorstellen, wie sie am vergangenen Freitagabend von zwei Frauen in Hermannstadt/Sibiu in deutscher Sprache geboten worden sind: Die Niederländerin Thea Rijswijk trat im Erasmus-Büchercafé mit dem Monolog „Baba comunistă – Nostalgie einer rumänischen Frau“ nach Dan Lungus Roman „Sunt o babă comunistă“ vor das (wenige) Publikum, zwei Stunden später fand im Rahmen des Internationalen Animationsfestivals im Gong-Theater die Vorstellung von Christiane Hess vom „theater am barg“ aus Hannover mit „Götter, Glocken, Gläubige“ statt. Das deutschsprachige Hermannstädter Publikum – dessentwegen die beiden Schauspielerinnen nach Hermannstadt kamen – ist im Juli nicht auf Theater gepolt und blieb den Vorstellungen weitgehend fern.
Die Geschichte der den kommunistischen Jahren nachtrauernden Emilia spielte Thea Rijswijk zum ersten Mal in Rumänien, weitere Auftritte waren nicht geplant. In deutscher Sprache hatte sie den Monolog bislang in Berlin beim Festival „48 Stunden Neu-Kölln“ geboten, in den Niederlanden wird er Holländisch vorgetragen. Sie wollte etwas zum Thema Transition in Rumänien machen und wurde vom Übersetzer Jan Willem Bos (der in den kommunistischen Jahren als Uni-Lektor in Rumänien gewesen war) auf den Roman von Lungu (in deutscher Übersetzung unter dem Titel „Die rote Babuschka“ erschienen) hingewiesen.
In Ich-Form geschrieben, eignete er sich für eine Dramatisierung, sagte Thea Rijswijk. Begleitet wird sie in den Niederlanden auf der Geige von Mihai Turcitu, auf Tournee geht sie mit der Musik auf PC, den Christina Schöpe bediente. Während der Musikeinlagen erfolgt der „Kostümwechsel“, der im Anlegen verschiedener Kopftücher bzw. Aus- und Anziehen der Sandalen bestand. Verdeutlicht wird dadurch der Monolog der jungen Emilia, die als Dorfkind Mistscheiben stampfen musste zum Heizen im Winter, bzw. jener der Rentnerin, die dank Beziehungen von Tante und Onkel in einer Fabrik gearbeitet hatte, zur „Städterin“ geworden war und nun der nach Kanada ausgereisten Tochter all die Vorteile jener Zeit zu erklären versucht. Dass es in jenen Jahren auch politische Verfolgung und Lebensmittelknappheit gegeben hat, nimmt sie erst nach und nach von der Nachbarin wahr. Beeindruckend war, wie glaubwürdig die Schauspielerin, die die Erfahrung jener Jahre nicht hat, die „Baba comunist²“ darstellte und die mal ins Heitere gezogene, mal ernste Atmosphäre zu vermitteln vermochte. „Es kommt mir sehr bekannt vor“, meinte eine Zuschauerin.
Zum dritten Mal beim Animationsfestival des Gong-Theaters dabei war Christiane Hess. In Hermannstadt trat sie im Rahmen einer Gastspielreise durch mehrere Ortschaften Siebenbürgens auf. Im Publikum erkannte sie zwei Mädchen in der ersten Reihe, die auch im vorigen Jahr bei ihrer Vorstellung waren und gut mitgingen, ansonsten saßen im Publikum viele Mitglieder der anderen, zumeist ausländischen Teilnehmertruppen am Festival, des Deutschen nicht mächtig und denen auch die rumänische Untertitelung wenig half. Für die um Kommunikation und Beteiligung der Zuschauer am Bühnengeschehen bemühte Schauspielerin muss der Auftritt sehr frustrierend gewesen sein. Das ließ sie sich nicht anmerken und versuchte es mit Englisch.
Dramaturgisch bearbeitet hatte sie Sagen und Legenden aus Norddeutschland und brachte rund dreißig Rollen auf die Bühne: vom einäugigen Odin, dem Gott des Donners Thor oder Freya, der Göttin der Fruchtbarkeit, bis hin zum Raben, der auf Odins Schulter saß, oder dem Baumeister. Großartig war ihr pantomimischer Einsatz bei der Darstellung der liebestollen Glocken – und löste Lachsalven aus –, köstlich die Mimik, um Zwerge und Riesen wiederzugeben. Im letzten Teil musste sie darauf hinweisen, dass sie gerade eine Pointe gesagt hatte. Verstanden wurde die norddeutsche Welt nicht recht.