Ein Stück Versailles in Bukarest

Über Luxus und Prunk in der Casa Ceaușescu

Schwimmbad mit Mosaik Fotos: Patrick Brandl

Nein, die Wasserhähne sind nicht aus purem Gold...

Schuhe und Tasche von Elena Ceaușescuș

Wandteppich – Geschenk von Charles de Gaulle

Was tun autoritäre Machthaber in ihrer Freizeit? Was unternehmen sie mit ihrer Familie? Fragen, die meist im Verborgenen bleiben... Wie aber der Führer der Sozialistischen Republik Rumänien, Nicolae Ceaușescu, seine Freizeit verbrachte, kann ganz genau rekonstruiert werden. Seine Villa in Bukarest ist gut erhalten und enthält viele originale Ausstellungsstücke. So bietet das Museum einen lebhaften Einblick in den Alltag des kommunistischen Führers. Ein Leben zwischen Arbeit und demLuxus eines französischen Königs…

Die Villa liegt im Viertel Primaverii, das früher dem rumänischem König Carol II. gehörte. Dort entstanden unter der Leitung des Architekten Octav Doicescu in den 1930er-Jahren zahlreiche Familienhäuser. Nach dem Zweitem Weltkrieg adaptierte die kommunistische Regierung das sowjetische Prinzip der Regierungswohnviertel und so wurde aus Primaverii ein Politikerviertel. Anfang der 1960er-Jahre begannen die Parteifunktionäre zahlreiche, luxuriöse Villen zu bauen. Darunter entstand auch eine Villa für den damaligen kommunistischen Führer Gheorghe Gheorghiu-Dej. Allerdings bezog er die Villa nie, da er 1965 an Lungenkrebs verstarb. Sein Schützling, Nicolae Ceaușescu, übernahm anschließend nicht nur die Regierungsgeschäfte, sondern auch die für Gheorghiu-Dej angedachte Villa. 

In nächster Nähe der Ceaușescu-Villa ist vom ehemaligen, stark bewachten und pompösen Regierungsviertel nicht mehr viel zu sehen. Gegenüber stehen Wohnblöcke und Unternehmen. Kurioserweise überschattet die Botschaft von Kuweit die benachbarte Villa. Von außen wirkt das Gebäude für die heutige Zeit eher unscheinbar. So verdecken auch die Bäume die Sicht von der Straße aus. Nur die Eingangsterrasse, mit griechisch-römischen Säulen beschmückt, lässt auf den Luxus im Inneren schließen. 

Das Büro: Nussholz und Lenin 

Ceaușescus Büro, bestehend aus Arbeitstisch, zugehörigem Stuhl sowie zahlreichen weiteren Sitzmöglichkeiten um einen Kaffeetisch, ist gänzlich in einem dunkelbraunen Nussholzton gehalten. Die Wand ist mit einem Muster aus Blumenornamenten geschmückt. Ausgestellte Fotografien zeigen das Ceaușescu-Paar in den Stühlen des Büros. In der Ecke steht ein Globus und eine Miniatur von Michelangelos David, die auch auf den Fotos zu erkennen ist. 

Gegenüber des Arbeitstisches: eine Glasvitrine mit den Schriften Lenins in Originalsprache. Sprich Russisch! Doch weder Ceaușescu noch seine Ehefrau Elena beherrschten die russische Sprache gut genug, um die Schriften zu entziffern.  Zudem sind auch noch Ceaușescus eigene Schriften ausgestellt. Fraglich ist, ob er als Nicht-Akademiker und mit nur vier Schuljahren, diese Bücher tatsächlich selbst geschrieben hat... So hat auch seine Frau Elena zahlreiche Publikationen im Bereich Chemie veröffentlicht, ohne jemals selbst studiert zu haben. Ihre Dissertation verfasste ein Ghostwriter.

Eine Tür im Büro führt in einen kleinen Nebenraum. Dort forderte Ceaușescu Partei- und Securitate-Funktionäre zum Schachspiel heraus. Nur wenige aus seinem Arbeitsumfeld haben je gesehen, was hinter jener Tür liegt.

Der Wohnbereich der Villa ist noch pompöser als die davor liegenden Bürozimmer. Die Eingangshalle ist mit weißem Marmor ausgekleidet und an der Decke prangen Blumenreliefs. Gegenüber den Türen, mit Blumenmotiven verziert, ist ein  kleiner, vergoldeter Springbrunnen mit einem Murano-Mosaik-Becken verbaut.

Märchenhafte Kinderzimmer 

Elena und Nicolae Ceaușescu hatten drei Kinder: Valentin (geb. 1948), Zoia (1949-2006) und Nicu (1951-1996). Alle drei lebten lange in dieser Villa und besaßen ihre eigenen Apartments mit Arbeitszimmer und Bad. 

Valentins Arbeitszimmer ist ähnlich gestaltet wie das des Vaters: Möbel aus dunkelbraunem Holz, die Polster der Stühle mit weiß-grünen Blumenmotiven bestickt, ein starker Kontrast zu dem rotem Perserteppich. Im Schlafzimmer steht ein großes Doppelbett mit weißem Kronleuchter darüber. 

Vor Zoias Schlafzimmer befindet sich ein kleiner Sitzraum, eine Tür führt auf den Balkon oberhalb des Haupteinganges. Die Balkontür flankieren zwei Springbrunnen, mit Mosaiksteinchen besetzt. Das pompöse Schlafzimmer ist dem Stil König Ludwigs XVI. nachempfunden: die Wände mit goldener Lyon-Seide bezogen, Blumenornamente. Die Möbel mit schwungvollen Rahmenelementen in weiß-goldenen Farben verleihen dem Raum eine helle, spielerische Atmosphäre wie aus einem Märchen.

Ganz anders Nicus Zimmer: Der gewollte politische Nachfolger seines Vaters, hatte ein vergleichsweise recht bescheidenes Apartment - ein Bett, Regale, ein Bürotisch. 

Geschenke aus aller Welt

Das Haus ist eingerichtet mit Geschenken aus aller Welt: Perserteppiche aus dem Iran, erhalten von Schah Mohammad Reza Pahlavi, afrikanische Statuen von Mobutu Sese Seko aus dem Kongo, Vasen mit chinesischen Mustern von Mao Zedong. Die edlen Wandteppiche vermachte Charles de Gaulle Ceaușescu. Das mag auf den ersten Blick vielleicht verwundern, doch De Gaulle verfolgte eine Politik der souveränen Staaten Europas, unabhängig von globalen Hegemonen. Während er einen anti-amerikanischen Kurs einschlug, löste sich Ceaușescu immer mehr von der Sowjetunion. Es ging sogar soweit, dass Rumänien unabhängig auch als Vermittler zwischen den europäischen und asiatischen Kommunisten fungierte. Dadurch war ein geeigneter Grundbaustein für eine Annäherung der lateinischen „Cousins“ gelegt. Es zeigt sich, dass Geschenke aus der Politik meist nicht aus gegenseitiger Liebe zueinander entstehen, sondern die Beziehung zwischen den Ländern widerspiegeln. 

Königliche Gemächer

Das private Zimmer der Eheleute  Ceaușescu ist ebenso luxuriös. Die Tapete mit Blumenmotiven und die weiß-goldenen Möbeln sind dem von der französischen Revolution gestürzten Ludwig XVI. nachempfunden. Besonders aber ist, dass in diesem Zimmer Original-Kleider der Ceaușescus ausgestellt sind. Auf dem Bett liegend getragene Schlafanzüge, in den Ankleidezimmern sind Schuhe, Pelze und Kleider von Elena auf Puppen ausgestellt. 

Ein Highlight ist das überwältigende Bad. Es erschlägt fast mit seinen zahlreichen goldenen Elementen. Dabei hält sich seit der Revolution ein hartnäckiges Gerücht: Der Wasserhahn soll aus purem Gold bestehen. Nun – das tut er nicht – er ist lediglich vergoldet. 

Zwischen den Wohn- und Büroräumen verbirgt sich ein Empfangsraum für hochrangige Gäste, auch im Stil des gestürzten Königs. Allerdings empfingen die  Ceaușescus dort weder Delegationen noch Privatbesuche. Das einzige Mal, als dieser pompöse Raum gebraucht wurde, war der Staatsbesuch von US-Präsident Richard Nixon.

Zwischen Schwimmbad und Kinosaal

Im Wohnzimmer befindet sich ein Farbmonitor, der zur damaligen Zeit auf dem neuesten Stand war. Allerdings lief damals das Fernsehprogramm nur zwei Stunden am Tag. Die Ceaușescus nutzten ihren Fernseher also selten, statt dessen schauten sie gerne amerikanische Actionfilme im Privatkino im Keller.

Zur Entspannung ging es in den Spa-Bereich mit Sauna, Solarium und Schwimmhalle. Das Schwimmbad ist in römischem Stil gehalten, die Wände sind mit Mosaiksteinchen verziert. Das maritime Blau dominiert, darin schwimmen rot-gelbe Fische. Zudem sind die Sternzeichen abgebildet. 

Ein weiterer Ort der Entspannung ist der Wintergarten: Sitzgelegenheiten zwischen zahlreichen Pflanzen und auch hier ein Mosaik. Das Kunstwerk von Olga Porumbanu und Florin Pârvulescu zeigt vier Frauen in bunten Kleidern, umhüllt von Blättern und Obst. 

Die Villa kann nur in Rahmen einer geführten Tour besucht werden. Sie bietet jedoch einen einmaligen Einblick in die Lebenswelt und den Luxus, den sich die Ceaușescus erlaubten. Die Tickets kosten 55 Lei und müssen online gebucht werden.