Liszts „Rumänische Rhapsodie“ von einem Hermannstädter öffentlich bekannt gemacht

Franz Liszt auf seiner Tournee durch Siebenbürgen (III)

(Fortsetzung aus unserer vorigen Kulturseite vom 28. Oktober 2011)

Es mussten viele Jahrzehnte nach Liszts Tod vergehen, bis Béla Bartók um 1930 den Hermannstädter rumänischen Musikwissenschaftler und Diplomaten Octavian Beu in einem deutsch geschriebenen Brief von der Existenz einer bisher unbekannten Liszt-Rhapsodie in Weimar mit rumänischen Motiven aufmerksam machte. Beu zögerte nicht lange, reiste nach Weimar, fand diese 20. Rhapsodie in g-Moll und nannte sie eigenwillig „Rumänische Rhapsodie“. Versehen mit unwesentlichen Veränderungen veröffentlichte er sie gleich bei der Wiener Universal-Edition und arrangierte der rumänischen Pianisten Aurelia Cionca europaweit Konzerte, in deren Mittelpunkt dieses Liszt-Werk stand.

Wahrlich, es ist eine Rhapsodie, die sich größtenteils auf rumänische Volksmusikthemen stützt, die Liszt in den langen Nächten dieser letzten Konzerttournee bei Musik und Wein notiert hat. Mitten im Stück kommt aber ein Tanz vor, den der Komponist mit „Hermannstädter“ überschrieben hat.

Mit dieser Rhapsodie hat Franz Liszt Hermannstadt ein bleibendes musikalisches Denkmal gesetzt. Genial in virtuose Klavierakrobatik verpackt, klingt diese sogenannte „Rumänische Rhapsodie“ fast wie eine spätere Enescu-Rhapsodie. Somit hat Liszt auch für die rumänische Musikkultur Geschichte geschrieben.

Octavian Beu lebte in Hermannstadt und besaß eine der bedeutendsten Kunstsammlungen wie auch zahlreiche europaweit zusammengetragene originale Musikdokumente, die einen Bezug zur rumänischen Musikkultur enthielten. Doch das Thema „Franz Liszt in unserem Land“ beschäftigte ihn so sehr, dass er dazu ein Büchlein in rumänischer Sprache verfasst hat, das bei Krafft & Drotleff in Hermannstadt um 1933 erschienen ist. Aus seinem Besitz stammt auch eine vom französischen Bildhauer Jean Pierre Dantan gefertigte Statuette aus dem Jahre 1840, die für ein Liszt-Denkmal vorgesehen war. Dieses Kunstwerk, das sich in Privatbesitz befindet, konnte bei der Liszt-Ausstellung 2011 im Haus der Heimat, Stuttgart, einige Wochen bestaunt werden.

Auf Spurensuche

Liszts Reisepass von 1846 beinhaltet u. a. mehrere Visa, die er in Siebenbürgen erhalten hat. So können wir auf einer Seite des in schwarzem Leder mit Goldprägung gebundenen Heftes lesen: „Visa per k. k. Generalkommando Kanzlei Direction in Großfürstentum Siebenbürgen. Hermannstadt am 10. Dezember 1846.“ In den anderen Visen werden auch die Städte Klausenburg, Bukarest und Jassy erwähnt, wo Liszt Anfang 1847 seine nächsten Triumphe feiern wird.

In der Jagellonischen Bibliothek in Krakau befindet sich ein Brief aus der Hand Franz Liszts, den er mit „Hermannstadt, 9. Dezember 1846“ datiert hat. Das Schreiben ist an Vinzent Kirchmayer in Krakau gerichtet und darin erfahren wir auch, dass er in kleineren Städten Ungarns wie Lugosch, Arad und Szekszárd aufgetreten ist und dass er am nächsten Tag mit der Hungaria-Transilvania-Fraktion nach Bukarest reisen werde. Er habe auch keine Angst von der langen Reise, die sie mit vier Wagen und 25 Pferden in vier Tagen schaffen werden.

Für Liszt wird der Name des siebenbürgischen Wunderkindes Carl Filtsch nicht unbekannt gewesen sein, traten sie doch gemeinsam in Paris bei einer musikalischen Soiree auf. Nachdem er den Knaben am Klavier gehört hatte, stellte er fest, dass er und Thalberg, der andere Klaviervirtuose seiner Zeit, wohl die Koffer packen müssten, wenn dieser Junge bald auf Tournee gehen wird. Und mit Sicherheit kannte er auch dessen Klavierstücke.

Dass Hermannstadt bedeutende Künstler des 19. Jahrhunderts erleben durfte, beweist auch die Anwesenheit von Johann Strauß und dessen Kapelle genau ein Jahr später, Ende 1847. Auch ihre Auftritte in dieser Stadt – wie Liszt 1846, unterwegs von Temeswar nach Bukarest – sind mit der Geschichte des Gasthofes Römischer Kaiser eng verbunden. Allerdings spielte Strauß hier seine Wiener Walzer und keinen Rákoczy-Marsch. Und wenn Liszt bei seinen drei Klausenburger Konzerten 1846 große Erfolge erzielen konnte, so ist Strauß 1847 mit seinen Wiener Walzern in dieser ungarischen Hochburg gänzlich durchgefallen.