Agnetheln - In diesem Jahr wurde am 2. Februar nicht nur der bekannte Marientag bei den evangelischen und katholischen Gläubigen gefeiert. In Agnetheln/Agnita fand zudem auch der Urzellauf statt. Veranstaltet wurde er schon zum achten Mal in Folge von dem rumänischen Verband der Urzelnzunft „Asocia]ia Breasla Lolelor“ genannt, welche die beliebte Tradition der Agnethler Sachsen weiterführt. Dieser Brauch wurde 1689 erstmals urkundlich erwähnt und fand jährlich am letzten Sonntag im Januar oder am ersten Sonntag im Februar in Agnetheln statt. Einen Urzellauf gab es auch in den sächsischen Gemeinden Marpod und Großschenk/Cincu, jedoch war der Ablauf und der Zeitpunkt dieser Bräuche anders. Bis heute gab es bloß zwei längere Unterbrechnungen des Agnethler Laufs.1940 bis 1969 wurde der Urzellauf verboten. Durch die zahlreiche Auswanderung der Agnethler Sachsen nach 1990, dachte man an das endgültige Aus dieser Tradition, bis 2006 der damalige Deutschlehrer Bogdan P²tru, mit seinen Schülern der 4. Klasse über den miterlebten Urzelnlauf sprach und anfing, einen Lauf zu organisieren. Dieser fand sofort Anklang bei den Kindern, aber nicht nur. Von Jahr zu Jahr stieg die Interessentenzahl. Heuer waren es knapp 200 Urzeln, die sich an der Austreibung der bösen Geister und des Winters beteiligten. Hinzu kamen die typischen Figuren, die als Repräsentanten der vier ehemaligen Zünfte, der Schuster-, Schneider-, Kürschner- und Fassbinderzunft mitliefen.
Nach dem Grußwort des Vorsitzenden Radu Curcean vor dem Rathaus, wurden die Hauptgestalten des Urzellaufs vorgestellt. Unter Begleitung der „H- Musikanten“, der beliebten Blasmusiker des Hermannstädter Forums, tanzten die Trachtenpaare der Tanzgruppe des Forums bekannte Volkstänze. Es konnten drei Reifenschwinger bewundert werden, die gekonnt volle Weingläser im Kreise schwenkten. Auch tanzte als Vertretung der Kürschnerzunft der Bärentreiber mit dem Bären. Das laute Schellengeläut und der Peitschenlärm der Urzeln durfte während der gesamten Parade nicht fehlen. Die Beteiligten zogen nach Beendigung des ersten Teils des Programms durch die Hauptstraße und wiederholten die Aufführung am Ortseingang. Danach teilten sich die Urzeln in Gruppen, „Parten“ genannt, und gingen zu Persönlichkeiten und Bekannten. Dazu zählte der evangelische Pfarrer Reinhard Boltres, der die Parte und die Tanzgruppe mit der Blasmusik im Pfarrhaus mit Faschingskrapfen, Gebäck, Wein und Getränken bewirtete. Vorher wurde der Urzelspruch vorgetragen „Wir wünschen Glück in diesem Haus, wir treiben mit Schelle und Peitsche die Sorgen und den Ärger aus. Unsere Lieder und Witze kann jeder hören. Und dass wir Euch besuchen kommen beweist, dass wir Euch ehren.“ Zum Brauchtum gehört auch das gemeinsame Singen des Siebenbügenliedes auf Deutsch. Neuerdings wird das Lied auch in rumänischer Übersetzung angestimmt. Wert wird jedoch auf die unveränderte Weiterführung des Brauchs gelegt sowie das erlebte Gemeinschaftsgefühl, so der Gründer des Vereins P²tru, welcher speziell dafür aus Deutschland angereist war.
Der Faschingssonntag endete abends mit dem Beginn des Urzelnballs im Festsaal, der bis in die Morgenstunden dauerte. Alle Einheimischen und Angereiste von Nah und Fern waren sich einig, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein.